Berlin. Behörden lesen Handys von Asylbewerbern aus. Das ist der Skepsis zuviel. Probleme lassen sich anders lösen – mit klugem Austausch etwa.

Wie hilflos der deutsche Staat war, zeigt der Fall des Berlin-Attentäters. Der Tunesier Anis Amri hatte mehr als ein Dutzend Identitäten, mit denen er die Behörden betrogen hat. Wie gefährlich er wirklich war, erfuhr Deutschland zu spät. Bei dem Anschlag starben elf Menschen.

Fälle wie Amri sind Ausnahmen. Und doch berichten Mitarbeiter in Behörden immer wieder davon, dass Menschen hier Schutz suchen – aber sich nicht ausweisen können oder ihre wahre Identität verschleiern.

Ein Staat aber muss wissen, wer der Mensch ist, der Asyl sucht. Sorgfältige Prüfung von Antragstellern durch Mitarbeiter der Behörden ist deshalb enorm wichtig, kritische Nachfragen gehören zum Standard-Repertoire eines gesunden Asylsystems – überzogene Skepsis und grundloses Misstrauen nicht.

Asylbehörde liest Handys aus – rote Linie schnell überschritten

Christian Unger, Politik-Korrespondent.
Christian Unger, Politik-Korrespondent. © Reto Klar | Reto Klar

Deutschlands Asylbehörde liest seit 2017 flächendeckend Handys von Geflüchteten aus, wenn sie ohne Papiere kommen. Dieses massenhafte Datensammeln kostet nicht nur einige Millionen Euro, es ist auch wenig effektiv, weil die Technik in vielen Fällen die Daten nicht genau erfassen kann.

Vor allem aber geht dieser Eingriff zu weit. Auch Geflüchtete brauchen Schutz ihrer Privatsphäre – gerade weil viele von ihnen aus Staaten kommen, in denen Diktaturen Privates auslöschen. Ein Handy enthält Fotos von Familienfeiern, Videos mit dem Partner, es speichert Webseiten, auf denen ich surfe.

Wer das in einem Asylverfahren durchleuchtet, überschreitet eine rote Linie. Auch wenn Juristen jeden Schritt prüfen. Deutschlands Asylsystem ist seit 2015 viel besser gewappnet gegen Missbrauch.

Geholfen hat nicht die Massenspeicherung von Handydaten, sondern der kluge Austausch von Informationen zwischen den Behörden und eine gute Ausstattung mit Grenzbeamten, Asylentscheidern und Dolmetschern.