Berlin. Gegen Annegret Kramp-Karrenbauers Vorstoß zu einer allgemeinen Dienstpflicht werden Vorbehalte laut. So argumentiert die CDU-Chefin.

CDU-Chefin und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihren Vorstoß zu einer allgemeinen Dienstpflicht zum Auftakt eines sogenannten Werkstattgesprächs der CDU zu dem Thema verteidigt. Sie erntete Kritik – aber auch Lob.

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), etwa begrüßte die Idee einer allgemeinen Dienstpflicht. „Das ist ein sympathischer Gedanke“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ und erinnerte daran, dass er die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahr 2011 abgelehnt habe.

Dienstpflicht: AKK-Idee stößt auf Widerstand

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hingegen äußerte sich skeptisch: „Mit Zwang und Pflicht lässt sich nur wenig erreichen“, sagte sie dem RND. „Abgesehen davon stehen einer Dienstpflicht für alle hohe verfassungsrechtliche Hürden entgegen.“ Das Familienministerium setze deshalb auf Freiwilligkeit und Überzeugung.

Giffey schlägt dem Bericht zufolge vor, die Jugendfreiwilligendienste zu einem „Jugendfreiwilligenjahr“ auszubauen. Man müsse „die Rahmenbedingungen verbessern, damit sich noch mehr junge Menschen nach der Schulzeit für einen Freiwilligendienst entscheiden“, erklärte die SPD-Politikerin.

Denkbar seien Taschengeld, günstigere Bus- und Bahntickets und Anrechnungen auf Wartesemester für Studienplätze. „Mit solchen Anreizen kommen wir weiter, nicht mit Zwang“, sagte Giffey.

AKK fordert Dienstpflicht – Darum geht es:

  • Annegret Kramp-Karrenbauer hat eine Dienstpflicht ins Gespräch gebracht
  • Unserer Redaktion sagte sie, dass dahinter „ein zutiefst bürgerlicher Gedanke“ stehe
  • Doch gegen die Idee gibt es Vorbehalte
  • Familienministerin Giffey schlägt ein „Jugendfreiwilligenjahr“ vor

Was Kramp-Karrenbauer selbst zu ihrem Vorstoß sagt

„Auf meiner Zuhörtour innerhalb der CDU gab es viele Wortmeldungen dazu. Ich teile vieler dieser Gedanken und ich finde sehr wichtig, dass wir über eine Dienstpflicht in Deutschland diskutieren. Für mich ist es auch ein zutiefst bürgerlicher Gedanke, seinem Land und der Gesellschaft etwas zurückgeben zu wollen“, sagte Kramp-Karrenbauer unserer Redaktion.

Bei vielen Bürgern gebe es ein Gefühl, dass sich im Moment etwas grundlegend verändere in der Gesellschaft. Das betreffe die Beziehung der Menschen untereinander und auch das Verhältnis Bürger zu Staat.

Von dem Werkstattgespräch erhoffe sie sich eine belastbare Grundlage, um damit noch in dieser Legislaturperiode „zielführende politische Diskussionen“ führen oder das Thema in ein Wahlprogramm aufnehmen zu können, sagte die CDU-Chefin.

„Es droht etwas verloren zu gehen, ohne das eine Gesellschaft auf Dauer nicht bestehen kann: der Zusammenhalt seiner Bürgerinnen und Bürger. Für mich steht die Gemeinschaft innerhalb der Bevölkerung ganz vorne“, sagte die CDU-Vorsitzende unserer Redaktion.

Dienstpflicht ohne Verfassungsänderung wohl nicht möglich

Weitere Vorbehalte gegen die Idee kommen etwa aus der FDP. Der Fraktionsvorsitzende Christian Lindner sprach sich gegen ein solches Pflichtjahr aus. Der Staat „soll Freiheit garantieren und nicht als Vormund oder Erzieher auftreten“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Der FDP-Chef fügte hinzu: „Ein ganzes Lebensjahr junger Menschen würde verstaatlicht, nur damit die CDU sich parteipolitisch profilieren kann. Aus unserer Sicht verstößt eine Dienstpflicht gegen das Grundgesetz. Sie wäre auch volkswirtschaftliche Ressourcenverschwendung angesichts von Fachkräftemangel und demografischem Wandel.“

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Tatsächlich wäre eine Dienstpflicht ohne Grundgesetzänderung wohl nicht möglich. Skeptisch betrachtet wird der Vorstoß daher auch in der eigenen Partei Kramp-Karrenbauers.

Die beiden stellvertretenden CDU-Vorsitzenden, die Ministerpräsidenten Armin Laschet (NRW) und Volker Bouffier (Hessen), gehen davon aus, dass die für eine Verfassungsänderung erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit nicht zustande komme. Sie sind aber nicht grundsätzlich gegen mehr Engagement junger Menschen für die Gesellschaft.

Dienst bei Bundeswehr, in der Pflege oder bei der Feuerwehr

Noch als Generalsekretärin ihrer Partei hatte Kramp-Karrenbauer eine allgemeine Dienstpflicht ins Gespräch gebracht. Der Dienst könnte nicht nur bei der Bundeswehr, sondern auch in der Pflege oder bei der Feuerwehr geleistet werden. 2011 war in Deutschland die allgemeine Wehrpflicht und damit auch der Zivildienst abgeschafft worden.

Quasi als Ersatz für den Zivildienst wurde der Bundesfreiwilligendienst eingeführt. Zur Zeit engagieren sich in diesem Dienst nach Angaben des zuständigen Bundesjugendministeriums jährlich rund 40.000 Menschen, nicht nur Jugendliche.

Sogenannte Werkstattgespräche hatte die CDU zuletzt auch zur Migration und dem Klimaschutz veranstaltet. Hessens Ministerpräsident und CDU-Bundesvize Volker Bouffier und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hatten sich zuletzt zweifelnd zu dem Vorschlag geäußert.

Aussagen zur Dienstpflicht sorgen für Kritik

Der stellvertretende CSU-Generalsekretär Florian Hahn sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die CSU setzt weiterhin auf ein freiwilliges und attraktives Deutschlandpraktikum. Eine allgemeine Dienstpflicht wäre heute militärisch nicht mehr hilfreich, viel zu teuer und verschärft den Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt.“

Auch aus der Opposition gab es kritische Töne. Die Grünen-Abgeordnete Anna Christmann kritisierte: „Es ist abstrus, dass Frau Kramp-Karrenbauer weiter von einer Dienstpflicht spricht, während in der Realität im Haushalt um jeden einzelnen Platz in den Freiwilligendiensten gekämpft werden muss.“ Und: „Ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr wäre um ein vielfaches teurer und noch dazu kontraproduktiv.“ (mit dpa)