Berlin. Der Bundestag hat die am Donnerstag Masern-Impfpflicht beschlossen. Gegner des Gesetzes wollen nun vor das Verfassungsgericht ziehen.

Die Impfpflicht gegen Masern in Kitas und Schulen kommt. Der Bundestag hat am Donnerstag ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Zum 1. März 2020 soll es in Kraft treten. Doch es trifft auf Widerstand.

Der Verein „Ärzte für individuelle Impfentscheidung e.V.“ will juristisch gegen die Masern-Impfpflicht vorgehen und Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichen.

„Wir als Verein der Ärzte für eine individuelle Impfentscheidung werden aus unseren Reihen eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz einreichen und unterstützen“, sagte Michael Fried, Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin und Vorsitzender des Vereins, der „Rheinischen Post“.

Masern-Impfpflicht laut Ärzteverein unverhältnismäßig

Eine so drastische Einschränkung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit und auf Selbstbestimmung sei durch die Masernfälle in Deutschland nicht zu rechtfertigen, so Friedl. Das Gesetz beruhe auf falschen Annahmen.

„Über das langfristige Mittel gibt es keine Zunahme von Masernfällen in Deutschland. Gleichzeitig steigt die Impfbereitschaft der Bevölkerung. Und in anderen Ländern hat eine Impfpflicht nicht zu weniger Fällen geführt. All das negiert die Bundesregierung mit diesem Gesetz“, so Friedl.

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Jens Spahn: Masern-Impfpflicht ist auch „Kinderschutzgesetz“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der das Gesetz initiiert hat, sieht das anders. Der CDU-Politiker bezeichnete die Neuregelung als „ein Kinderschutzgesetz“.

Zur Freiheit gehöre eben nicht nur die eigene Unversehrtheit, sondern auch die der Allgemeinheit. Die neuen Vorgaben seien „gut ausbalanciert“, damit niemand mehr durch jemand anderes in einer Gemeinschaftseinrichtung unnötig gefährdet werde.

Spahn betonte: „Masern sind keine Kinderkrankheit.“ Sie könnten einen tödlichen Verlauf nehmen. Nach den Plänen der großen Koalition sollen Eltern ab März 2020 vor Aufnahme ihrer Kinder in Kitas oder Schulen nachweisen müssen, dass diese geimpft sind.

Das muss man über die Masern-Impfpflicht wissen

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    Masern-Impfpflicht: Bei Verstößen würden bis zu 2500 Euro fällig

    Die Impfpflicht bei Masern betrifft auch Personal in Kitas und Schulen sowie unter anderem für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen. Bei Verstößen gegen die Masern-Impfpflicht sollen Bußgelder bis zu 2500 Euro drohen.

    Gegen einen staatlichen Eingriff hatte unter anderem der Deutsche Ethikrat Bedenken angemeldet. Ärzte unterstützen dagegen den vorgesehenen höheren Druck für Impfungen. In Deutschland wurden in diesem Jahr nach Angaben des Robert Koch-Instituts bisher rund 500 Masern-Fälle gemeldet.

    Spahn hob hervor, Impfungen seien eine der größten Errungenschaften der Menschheit. „Wir finanzieren weltweit mit deutschen Steuergeldern Impfprogramme, weil wir Krankheiten ausrotten wollen.“ Dies sei bei Pocken gelungen. Bei der Kinderlähmung sei man auf dem Weg, Ziel sei es auch bei Masern.

    „Das kann nur gelingen, wenn möglichst alle sich und ihre Kinder impfen lassen.“ Es gehe darum, viele zu überzeugen und auch zu erinnern – das gehöre ebenfalls dazu.

    Gesundheitsminister Spahn will Krankheiten ausrotten

    Nun würden vor allem Masern in den Blick genommen, auch weil sie durch Tröpfcheninfektion sehr leicht übertragbar seien – deutlich mehr als Grippe oder andere Erkrankungen, erläuterte Spahn. Er setze aber schon darauf, „dass durch den Besuch beim Arzt, durch das Gespräch übers Impfen gleichzeitig die Bereitschaft wächst, sich auch gegen andere Erkrankungen impfen zu lassen“.

    Mittlerweile gebe es etwa auch einen Impfstoff gegen Gebärmutterhalskrebs. „Wenn wir es schaffen, alle jungen Frauen und Mädchen zu impfen, dann könnten wir diesen Krebs ausrotten.“ Kinderärzte werben für eine weitergehende Impfpflicht auch für andere ansteckende Krankheiten wie Keuchhusten.

    Das Gesetz sieht neben der Masern-Impflicht weitere Neuregelungen vor. So sollen Opfer von Vergewaltigungen eine „vertrauliche Spurensicherung“ künftig bundesweit von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt bekommen. Dabei geht es etwa um Untersuchungen auf Sperma, K.o.-Tropfen oder Alkohol. Ein erweitertes Werbeverbot solle Jugendliche stärker vor unnötigen Schönheitsoperationen bewahren. (dpa/yah)