Hongkong. Bei Protesten in Hongkong wurde erneut ein junger Mann angeschossen. Schütze war wohl wieder ein Polizist – der nicht im Dienst war.

Wieder ist die Lage in Hongkong eskaliert – wieder wurde ein Demonstrant angeschossen. Das Opfer wurde von einer Kugel getroffen, die ein Polizeibeamter auf ihn abgefeuert haben soll. Der Schütze war zum Tatzeitpunkt laut Informationen der „Hong Kong Free Press“ zur Tatzeit nicht im Dienst.

Über die Schwere der Verletzungen ist bisher noch nichts bekannt, die Polizei wollte den Vorfall nach Medienanfragen nicht bestätigen.

Als Demonstranten die Straßen im Bezirk Yuen Long besetzt hatten, sei der Polizist mit seinem privaten Auto vorgefahren, wurde berichtet. Laut „Apple Daily“ soll er einen Demonstranten mit dem Auto angestoßen haben und sei von Demonstranten umringt worden.

Hongkong: Polizist schoss offenbar auf Demonstranten – er war nicht im Dienst

In dem folgenden Chaos habe der Polizist seine Waffe gezogen und geschossen. Er sei von Demonstranten verprügelt worden. Wie auch in einem Video zu sehen ist, wurde dann ein Brandsatz auf ihn geworfen. Doch konnte er dem Feuer entkommen.

Er verlor seine Waffe, die auf dem Boden landete, konnte sie aber wieder zurückholen, bevor ein Demonstrant sie aufgreifen konnte, wie in dem Video zu sehen war. Als er im Gesicht blutend versuchte, über das Handy Hilfe zu rufen, landete ein weiterer Brandsatz brennend vor seinen Füßen.

Er sei dann zur U-Bahnstation Yuen Long gelaufen, wo er Hilfe von ankommenden Polizeiwagen gesucht habe, berichtete „Hong Kong Free Press“.Schon am Dienstag war einem 18-jähriger Student in die Brust geschossen worden. Er hatte einen Polizeibeamten mit einer Stange angegriffen, obwohl dieser die Waffe bereits gezogen hatte.

Proteste: Bereits vor wenigen Tagen ein Schussopfer

Zeitgleich mit den Feierlichkeiten zu Chinas 70. Geburtstag war es in Hongkong auch am 1. Oktober zu einer schweren Ausschreitungen gekommen. Im Anschluss an zunächst friedliche Proteste der Demokratiebewegung lieferten sich am Dienstag an mehreren Orten radikale Demonstranten Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Erstmals wurde da laut einem Bericht ein Demonstrant mit scharfer Munition angeschossen. Die Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“ berichtete, dass der junge Mann an der Brust getroffen und in ein Krankenhaus gebracht wurde. Demnach befand er sich in einem kritischen Zustand.

Hongkongs Krankenhaus-Behörde teilte mit, dass bis zum Nachmittag (Ortszeit) 15 Menschen bei den Protesten verletzt wurden, von denen sich einer in einem kritischen Zustand befand.

Proteste in Hongkong: Polizei gab offenbar fünf Schüsse ab

Wie die Zeitung weiter berichtete, gab die Polizei mindestens fünf Schüsse ab. Zwei Warnschüsse wurden demnach abgefeuert, nachdem Polizisten von einer Gruppe Demonstranten angegriffen worden war. Ein Sprecher der Polizei machte zunächst keine Angaben.

Auf einem in sozialen Netzwerken geteilten Video von dem Vorfall ist eine turbulente Kampfszene zwischen einer Gruppe von Demonstranten und Polizisten zu sehen. Ein Mann geht mit einer Stange auf einen der Beamten los, daraufhin feuert er aus nächster Nähe aus seinem Revolver. Der Demonstrant geht zu Boden.

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Bei Ausschreitungen an mindestens fünf Orten in der Stadt blockierten Aktivisten Straßen, warfen Pflastersteine, legten Feuer und warfen Brandsätze. Die Beamten setzen Tränengas, Schlagstöcke und Wasserwerfer ein.

Feiern zum 70. Geburtstag der Volksrepublik unter hohen Sicherheitsvorkehrungen

Zehntausende Demonstranten zogen trotz eines Verbots der Behörden am Dienstag durch die Straßen der chinesischen Sonderverwaltungszone. „Freiheit für Hongkong“ riefen die zumeist schwarz gekleideten Demonstranten und stimmten die Hymne der Protestbewegung an.

Die Polizei setzt Tränengas gegen die Demonstranten ein.
Die Polizei setzt Tränengas gegen die Demonstranten ein. © dpa | ---

Auch an anderen Orten in der früheren britischen Kronkolonie mit ihren rund sieben Millionen Einwohnern kamen Demonstranten zu zunächst friedlichen Protestaktionen zusammen. Zeitgleich hatten unter hohen Sicherheitsvorkehrungen am Morgen die Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag der Volksrepublik China begonnen.

Abgeriegelt von der Öffentlichkeit verfolgten geladene Gäste im Messezentrum der Stadt eine Zeremonie, die in die geschlossenen Räume übertragen wurde. Eine Ehrengarde hisste die Nationalflagge an der goldenen Bauhinien-Statue, einem Wahrzeichen der Stadt. Zwei Helikopter mit einer großen chinesischen und einer kleineren Hongkonger Fahne flogen über den Hafen entlang der Hongkonger Skyline.

Mehrere Einkaufszentren und Hunderte Geschäfte geschlossen

Die Demonstranten fordern eine unabhängige Untersuchung von Polizeigewalt bei den seit fünf Monaten andauernden Protesten, eine Amnestierung der mehr als 1500 bisher Festgenommenen, eine Rücknahme der Einstufung ihrer Proteste als „Aufruhr“ sowie freie Wahlen.

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„Wir kämpfen für Freiheit und Demokratie“, sagte ein Demonstrant namens Ramon. Die Kommunistische Partei gewähre den Menschen keine freien Wahlen, zudem würden Versammlungsfreiheit und Redefreiheit immer weiter eingeschränkt.

In Erwartung der Ausschreitungen hatten die Behörden bereits am Morgen einige Straßen und U-Bahn-Stationen in der Innenstadt gesperrt. Über 20 Stationen wurden bis zum Abend geschlossen. Mindestens 6000 Polizisten hielten sich bereit, wie lokale Medien berichteten.

Mehrere große Einkaufszentren und Hunderte Geschäfte in der Stadt blieben geschlossen; einige Hotels empfahlen ihren Gästen, sich in geschlossenen Räumen aufzuhalten.

Schwere Zusammenstöße in Hongkong auch am Wochenende

Hongkongs bei der Protestbewegung verhasste Regierungschefin Carrie Lam verbrachte den Feiertag nicht in der Stadt. Gemeinsam mit einer großen Delegation war sie zu der großen Militärparade nach Peking gereist.

Hongkongs Behörden hatten einen für Dienstag geplanten großen Protestmarsch im Vorfeld untersagt. Die Demokratiebewegung hatte dennoch für den Tag mehrere Protestaktionen angekündigt. Schon bei Protesten am Wochenende war es in Hongkong wieder zu schweren Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen.

EU ruft zu Deeskalation auf

Die EU rief angesichts der neuen Gewalt zu Deeskalation und Dialog auf. Nur so könne man zu einer Lösung kommen, sagte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Dienstag in Brüssel.

Zugleich betonte sie, dass die Behörden gemäß dem Grundgesetz und internationalen Verpflichtungen das Recht auf friedliche Demonstrationen und die Versammlungsfreiheit garantieren müssten.

Seit der Rückgabe 1997 an China wird Hongkong mit einem eigenen Grundgesetz autonom regiert. Die Hongkonger stehen unter Chinas Souveränität, genießen aber – anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik – mehr Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, um die sie jetzt fürchten. (mbr/dpa)