Washington. „Landesverrat“ und „bürgerkriegsähnlicher Bruch“: In der Ukraine-Affäre greift Präsident Donald Trump nicht nur den Whistleblower an.

Obwohl ihm ein Amtsenthebungsverfahren droht, hat US-Präsident Donald Trump die Ukraine und auch China offen zu Untersuchungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden und dessen Sohn ermuntert.

Trump sagte vor Reportern im Garten des Weißen Hauses am Donnerstag mit Blick auf die Ukraine: „Ich würde denken, wenn sie ehrlich wären, würden sie eine umfassende Untersuchung der Bidens einleiten.“ Wäre er an Stelle des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, „würde ich das sicherlich empfehlen“. Trump fügte hinzu: „Und übrigens: China sollte ebenfalls eine Untersuchung der Bidens beginnen.“

In der Ukraine-Affäre verschärfte US-Präsident Donald Trump zuvor weiter den Ton und ging in die Offensive: Auch brachte er die Festnahme eines Ausschussvorsitzenden im Repräsentantenhaus ins Spiel und diskreditierte den anonymen Hinweisgeber weiter.

Trump warf dem Chef des Geheimdienstausschusses, Adam Schiff, am Montag auf Twitter vor, das umstrittene Telefonat zwischen ihm und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj falsch dargestellt und dazu im Kongress eine „falsche & furchtbare Erklärung“ abgegeben zu haben. Trump fügte hinzu: „Festnahme wegen Landesverrats?“ Trump beschimpft Schiff regelmäßig, und er forderte auch schon dessen Rücktritt.

Die Pläne der Demokraten, ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn einzuleiten, scheinen Donald Trump nicht beeindruckt zu haben. Im Gegenteil: Der US-Präsident hat die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Ukraine-Affäre zum Anlass genommen, den Gegenangriff auszuweiten. So leicht, das ist die Botschaft vom Wochenende, lässt er sich nicht aus dem Weißen Haus vertreiben.

Ukraine-Affäre führt zu erstem Rücktritt

Kurt Volker war US-Sondergesandter für die Ukraine – und ist jetzt zurückgetreten.
Kurt Volker war US-Sondergesandter für die Ukraine – und ist jetzt zurückgetreten. © Reuters | Valentyn Ogirenko

Die Demokraten werfen Trump in der Ukraine-Affäre vor, seine Macht missbraucht zu haben, um ihrem aussichtsreichsten Bewerber im Präsidentschaftswahlkampf zu schaden. Er soll versucht haben, dass sich ein anderes Land zu seinen Gunsten in die US-Wahl 2020 einmischt.

Im Zentrum der Vorwürfe steht ein Telefonat, das Trump mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geführt hat. Trump ermunterte seinen Amtskollegen darin zu Ermittlungen, die seinem politischen Rivalen Joe Biden schaden könnten. Biden war Vizepräsident unter Barack Obama und will jetzt Trump als Präsident ablösen.

Inzwischen treiben die Demokraten die Vorbereitungen für das Amtsenthebungsverfahren voran. So forderten sie Außenminister Mike Pompeo auf, zahlreiche Dokumente bis Ende der kommenden Woche vorzulegen – sonst drohe ihm eine Strafe. Bislang ist Pompeo mäßig kooperativ. Er hat bereits zwei Fristen verstreichen lassen.

Kurt Volker soll am Donnerstag seine Aussage machen

Der Außenminister wurde auch aufgefordert, fünf seiner Diplomaten vor mehreren Ausschüssen des Repräsentantenhauses aussagen zu lassen. Darunter ist der Sondergesandte für die Ukraine, Kurt Volker, der nächsten Donnerstag vor dem Ausschuss erscheinen soll. Inzwischen ist Volker von seinem Amt zurückgetreten. Es ist der erste Rücktritt im Zusammenhang mit der Ukraine-Affäre.

Eine öffentliche Erklärung für den Rücktritt gab es zwar nicht. Volker dürfte aber intern zwischen die Fronten geraten sein. Wie die „New York Times“ berichtet, mochte er sich offenbar nicht an der von Trump beauftragten Suche nach schmutzigen Details gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden beteiligen. Er habe aber auch den Präsidenten und seinen Anwalt Rudy Giuliani nicht verärgern wollen. Volkers eigentlicher Job ist es, der Ukraine bei der Lösung des Konflikts mit von Russland bezahlten Separatisten im Osten des Landes zu helfen.

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Hinweisgeber erwähnte den Ukraine-Beauftragte

Fühlt sich als Opfer einer „Hexenjagd“: US-Präsident Donald Trump am Freitag im Weißen Haus.
Fühlt sich als Opfer einer „Hexenjagd“: US-Präsident Donald Trump am Freitag im Weißen Haus. © dpa | Carolyn Kaster

In der ganzen Affäre geht es darum, ob Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dazu ermuntert hat, ihm Informationen zu geben, die Trumps möglichem Herausforderer Biden im Präsidentschaftswahlkampf schaden könnten. Bidens Sohn Hunter war jahrelang geschäftlich in der Ukraine unterwegs. Angeblich bemühte sich Biden, seinen Sprössling vor der ukrainischen Justiz zu schützen. Trump weist alle Anschuldigungen zurück und bezeichnet die ganze Affäre als „Hexenjagd“.

Die Demokraten dagegen werfen dem Republikaner Machtmissbrauch vor. Sie stützen sich vor allem auf die schriftliche Beschwerde eines anonymen Geheimdienstmitarbeiters, der Trump und dessen Regierungszentrale schwer belastet. Auf öffentlichen Druck hin waren die Schilderungen des Hinweisgebers veröffentlicht worden. Darin wird auch der Ukraine-Beauftragte Volker erwähnt.

Der so genannte „Whistleblower“ behauptet, er habe von Regierungsmitarbeitern Informationen erhalten, wonach der US-Präsident „die Macht seines Amtes nutzt“, um zu erreichen, dass sich ein anderes Land zu seinen Gunsten in die US-Wahl 2020 einmischt.

Das Weiße Haus soll den wahren Inhalt des Telefonats zurückhalten

Das Weiße Haus soll auch beim Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten falsch gespielt haben: Regierungsmitarbeiter hätten die genaue Wortlautfassung des Gesprächs unter der Decke halten wollen. Es sei zwar ein elektronisches Wortlaut-Protokoll angefertigt worden. Dies sei nach dem Gespräch aber aus der dafür vorgesehenen Datenbank entfernt und in einem besonders geschützten System gespeichert worden. Bislang wurde nur ein grobes Gesprächsprotokoll veröffentlicht.

Die Identität des Hinweisgebers ist nicht öffentlich bekannt. Die „New York Times“ berichtete, es solle sich um einen Mitarbeiter des Auslandsgeheimdiensts CIA handeln. (phn/dpa/rtr/les)