Washington. US-Präsident Trump will laut einem Bericht den Schutz für den Regenwald in Alaska aufheben. Dann dürften mehr Bäume abgeholzt werden.

Das Timing ist Zufall. Aber so erklärt sich das öffentliche Aufstöhnen über das jüngste Beispiel für den Vorrang, den Donald Trump generell der Wirtschaft gegenüber der Umwelt einräumt. Während am Amazonas in Brasilien riesige Waldgebiete brennen und als natürliche CO2-Speicher gegen die voranschreitende Erderwärmung ausfallen, stellt der US-Präsident die Weichen, um einen weitgehend unberührten Regenwald im Bundesstaat Alaska für Holzfäller zu öffnen. Wirtschaftliche Aktivitäten, die auf Bodenschätze gerichtet sind, sind ebenfalls denkbar.

Wie die „Washington Post“ von hochrangigen Regierungsmitarbeitern gesteckt bekam, hat Trump seinen Agrarminister Sonny Perdue autorisiert, einen vor rund 20 Jahren von Präsident Bill Clinton kreierten Schutz im Tongass National Forest an der regenreichen Pazifikküste aufzuheben.

Die „roadless rule“ verbot den Bau von Straßen in weiten Teilen des Areals, das mit insgesamt 70.000 Quadratkilometer annähernd die Größe des Freistaats Bayern hat. Der Tongass National Forest ist Teil des nach Angaben von Umweltaktivisten „weltweit größten gemäßigten Regenwaldes“.

Regenwald in Alaska: Trump nicht allein treibende Kraft

Wie schon bei der drastischen Verkleinerung der Naturschutzgebiete „Bears Ears National Monument“ und „Grand Staircase-Escalante National Monument“ im Südwesten der USA um rund 7500 Quadratkilometer zugunsten der Öl- und Kohleindustrie, so ist Trump auch in Alaska nicht die allein treibende Kraft.

Vor allem die einflussreiche republikanische Senatorin Lisa Murkowski drängt seit Jahren darauf, den Tongass ökonomisch zu verwerten. Murkowski steht auf dem Standpunkt: „Die Nationalwälder Alaskas sollten für alle Wirtschaftszweige Arbeitswälder sein.“ Ihr wie auch Gouverneur Mike Dunleavy (ebenfalls Republikaner) gingen die unter Clintons Nachfolger George W. Bush verabschiedeten Aufweichungen des Naturschutzes im Tongass nicht weit genug.

Der Tongass Nationalwald im Südosten Alaskas: US-Präsident Donald Trump will ihn für Abholzung öffnen.
Der Tongass Nationalwald im Südosten Alaskas: US-Präsident Donald Trump will ihn für Abholzung öffnen. © imago | R.E. Johnson

Regenwald in Alaska: Fischfang und Tourismus wichtiger als Holzindustrie

Dabei bestätigen Wirtschaftsexperten, dass die Holzindustrie in Alaska verglichen mit den Geldbringern Fischfang und Tourismus so gut wie keine Relevanz mehr besitzt. Letztere könnten nach Einschätzung von Indianerstämmen in den Gebieten zwischen den Niederlassungen Sitka, Wrangell und Ketchikan leiden; die Ureinwohner stehen der geplanten infrastrukturellen Erschließung ihrer Heimat skeptisch gegenüberstehen.

Der Tongass gilt als Laich-Mekka der Lachse. Eine Industrie, die nach staatlichen Angaben rund eine Milliarde Dollar im Jahr erwirtschaftet. Lachse bringen auf ihren Wanderungen wichtige Nährstoffe mit, die den Wald erhalten, sagen Naturschützer des „Sierra Club“. Intakter Baumbestand wiederum hält die Temperatur in den Flüssen niedrig. Würde der teilweise Jahrhunderte alte Baumbestand im Tongass weiter dezimiert, sei das Habitat der Lachse akut gefährdet.

Abholzung könnte einen nicht wiedergutzumachenden Schaden erzeugen

Bis die Holzvorkommen im Tongass frei zur Ausbeutung stehen, können aber noch viele Monate vergehen. Agrarminister Perdue soll im Herbst einen Plan vorlegen, wie rund sieben Millionen Hektar Fläche von geltenden Abholzungsverboten befreit werden sollen. Öffentliche Anhörungen und Einsprüche sind programmiert.

Möglicherweise auch Klagen, die das Ganze verzögern können. Als das Vorhaben 2018 zum ersten Mal zur Debatte gestellt wurde, gab es binnen 90 Tagen rund 150.000 Kommentare. Nach Medienangaben sprach sich eine Mehrheit dafür aus, die Schutzmaßnahmen aus der Clinton-Ära beizubehalten.

Das Kern-Argument lautet in Varianten immer gleich: Der Tongass sei die ,Creme de la Creme’ der uralten Regenwälder dieser Erde. Sich daran zu versündigen, indem man dort kurzsichtig Bäume fällt, erzeuge über Jahrhunderte einen nicht wieder gut zu machenden Schaden.

Das könnte auch in den Tropen passieren – weil im Amazonas-Regenwald mehr und größere Brände wüten als in den vergangenen Jahrzehnten. Diese Karten zeigen das Ausmaß der Waldbrände im Amazonas-Gebiet. Die Hilfe, die mehrere Länder Brasilien bei der Bekämpfung der Feuer angeboten hat, hält Brasiliens Regierungschef Jair Bolsonaro für einen Affront. Viele glauben, dass das Handelsabkommen Mercosur mit schuld ist an den verheerenden Bränden im Amazonas-Regenwald.