Berlin. Mütter und Väter teilen sich idealerweise die Elternzeit. Klappt so aber nicht. Weil Gleichberechtigung noch viele Baustellen hat.

Es ist ja nicht so, dass die Männer die Elternzeit nicht wollen. Fragt man, wie es das Familienministerium kürzlich getan hat, wie sich junge Väter ihr Familienleben und die Aufteilung der Aufgaben darin vorstellen, dann kommen die wenigsten mit dem 50er-Jahre-Modell um die Ecke, bei dem Papa morgens Richtung Büro aus dem Haus geht und abends wiederkommt, wenn die Kinder im Bett sind und der Tisch gedeckt ist.

Die allermeisten jungen Männer wollen mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, mit ihnen spielen und lernen und insgesamt präsenter sein, als es ihre eigenen Väter waren. Die ideale Aufteilung der Arbeit zwischen Partnern heißt für sie 50:50.

Ideal und Realität, das zeigen nicht erst die Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sind allerdings ein ganzes Stück voneinander entfernt. Der Regelfall heißt immer noch: Das Kind kommt, und Mama bleibt zu Hause. Wenn Papa Elternzeit nimmt, dann die zwei Monate, die es mindestens sein müssen, um Geld vom Staat zu bekommen, aber selten mehr.

Das Gehalt des Mannes muss es noch häufig richten

Es gibt Paare, die das genauso wollen und die sich dieses Modell in jedem Fall ausgesucht hätten. Es gibt sicherlich auch Männer, die finden, dass die 1950er gar keine so schlechte Zeit waren, jedenfalls was innerfamiliäre Arbeitsteilung angeht, das aber lieber nicht so laut sagen. Doch es gibt vor allem auch viele Eltern, die es gern anders machen würden, aber nicht können. Denn die eigenen Ansprüche an Gleichberechtigung und neue Familienmodelle müssen schnell zurückstehen, wenn es darum geht, wie Miete, Essen und Windeln bezahlt werden.

Ein Kommentar von Theresa Martus
Ein Kommentar von Theresa Martus © Reto Klar | Reto Klar

Die Antwort darauf heißt meistens: Vom Gehalt des Mannes, weil das eben höher ist - also nutzt er die Elternzeit nicht oder kaum. Frauen verdienen in Deutschland immer noch rund 20 Prozent weniger als Männer – weil sie andere Branchen wählen, seltener in Führungspositionen sind und häufiger in Teilzeit arbeiten. Aber auch, weil selbst in vergleichbaren Jobs eine Lücke von sechs Prozent bleibt.

Das einzige Feld, auf dem sich Männer und Frauen dabei angenähert haben, ist leider auch kein Gewinn für die Gleichberechtigung: Auch Männer haben jetzt Angst vor dem Karriereknick durchs Kind. Keine unbegründete Sorge, schaut man sich die Karrieren der Frauen an, die für Kinder eine oder gar mehrere Auszeiten genommen haben.

Das Elterngeld schreibt Ungleichheiten einfach fort

Das Elterngeld, das Familien doch eigentlich mehr Spielraum verschaffen sollte, schreibt durch die Kopplung an das letzte Gehalt und die Deckelung bei 1800 Euro deshalb Ungleichheiten fort. Nicht nur, dass die, die ohnehin schon gut verdienen, auch mehr Geld vom Staat bekommen. Wenn viele einzelne Familien entscheiden, dass es finanziell nun einmal sinnvoller ist, wenn Mama zu Hause bleibt, während Papa arbeitet, dann ist das Ergebnis eben trotzdem eine Gesellschaft, die näher an den 1950ern ist, als sie eigentlich sein will.

Es gibt nicht den einen Schalter, den Eltern, der Staat oder Arbeitgeber umlegen könnten, um dafür zu sorgen, dass Eltern sich ihre Arbeit – bezahlte und unbezahlte – so frei und fair aufteilen können, wie sie das gerne möchten. Aber es gibt viele kleinere Schrauben, an denen gedreht werden kann.

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Wenn Frauen viel verdienen, arbeiten sie vielleicht auch schneller wieder

Unternehmen können bei Gehaltsverhandlungen mitdenken, dass Frauen, die besser bezahlt werden, es sich im Zweifel leisten können, schneller wieder zu arbeiten. Der Staat kann es Menschen mit kleineren Einkommen leichter machen, in Elternzeit zu gehen, indem er mehr Menschen bis zu 100 Prozent des Gehalts ersetzt.

Und Eltern – jedenfalls die, die es sich leisten können – können sich überlegen, wie viel ihnen die eigenen Idealvorstellungen von einem fairen Zusammenleben wert sind. Denn wenn die Kinder, die jetzt geboren werden, später einmal gleichberechtigter leben sollen, dann muss es jemand vormachen.