Berlin. Die 14 Ministerien der Regierung lassen sich auch nach dem Beraterskandal im Verteidigungsministerium von externen Fachleuten beraten.

Erst war nur das Verteidigungsministerium und seine ehemalige Chefin Ursula von der Leyen (CDU) im Fokus der Berateraffäre – nun ist es die ganze Bundesregierung. Denn nicht nur im Verteidigungsministerium wurden in den vergangenen Jahren Millionen Euro für externe Beraterfirmen ausgegeben.

Die Bundesregierung hat im ersten Halbjahr 2019 mindestens 178 Millionen Euro für die Unterstützung von Profis wie McKinsey, KPMG und Co. ausgegeben. Das ergab eine Umfrage des Finanzministeriums in den 14 Ministerien. Nachgefragt hatte der Linken-Abgeordnete Matthias Höhn.

Die Anfrage sorgt für Überraschungen: Denn mit Abstand am meisten investierten das Innenministerium mit 78,7 Millionen Euro und das Verkehrsministerium mit 47,7 Millionen Euro in die Hilfe von außen. Das Bildungsministerium fragte externes Wissen nur im Wert von 293.000 Euro und gab damit am wenigsten aus.

Verteidigungsministerium macht keine Angaben zu Berater-Kosten

Doch die Zahlen sind nur bedingt aussagekräftig. Denn Finanz-Staatssekretärin Bettina Hagedorn schreibt in ihrer Antwort auf Höhns Anfrage, dass es für externe „Beratungs- und Unterstützungsleistungen“ keine einheitliche Definition in den einzelnen Ministerien gebe. Deshalb könne „nicht von einer ressortübergreifenden Vergleichbarkeit der Angaben ausgegangen werden“.

Das Kanzleramt war von der Anfrage des Finanzministeriums ausgenommen. Als einziges Bundesministerium machte das Verteidigungsressort keine Angaben auf Nachfrage des Finanzministeriums. Dort sei „die entsprechende Erhebung (...) noch nicht abgeschlossen“, schreibt Hagedorn. Die Zahlen sollen aber nachgereicht werden. Der Einsatz von Beratern im Verteidigungsministerium wird seit einem halben Jahr von einem Untersuchungsausschuss des Bundestags überprüft.

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Untersuchungsausschuss ermittelt im Verteidigungsministerium

Der Untersuchungsausschuss zu den externen Beraterausgaben des Verteidigungsministeriums bleibt. Auch wenn Ursula von der Leyen (CDU), hier bei ihrer letzten Kabinettssitzung, bereits aus dem Amt der Verteidigungsministerin geschieden ist.
Der Untersuchungsausschuss zu den externen Beraterausgaben des Verteidigungsministeriums bleibt. Auch wenn Ursula von der Leyen (CDU), hier bei ihrer letzten Kabinettssitzung, bereits aus dem Amt der Verteidigungsministerin geschieden ist. © dpa | Wolfgang Kumm

Bei der Untersuchung geht es um Vorwürfe von unkorrekter Auftragsvergabe bis hin zu Vetternwirtschaft. Wahrscheinlich wird die gerade ausgeschiedene Verteidigungsministerin und künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auch noch vom Ausschuss befragt.

Bei der Linken kommt diese Auslassung nicht gut an. Matthias Höhn kritisiert diese Nicht-Information ausgerechnet des Verteidigungsministeriums als „skandalös“. „Erst etabliert sie (von der Leyen) eine zum Teil rechtswidrige Berater-Kultur, die seit Monaten ein Untersuchungsausschuss aufklären muss, und trotzdem ist das Verteidigungsministerium nicht auskunftsfähig. Dies wird sie als Kommissionspräsidentin dem Untersuchungsausschuss erklären müssen“, sagte der Linken-Politiker.

Wofür externe Berater, wo es doch 20.000 Angestellte in den Ministerien gibt?

Im Februar hatte eine ähnliche Umfrage des Finanzministeriums ergeben, dass es zwischen 2014 und 2017 eine deutliche Steigerung der Ausgaben für Berater gegeben hat. 2014 lagen sie noch bei 63 Millionen Euro, 2015 waren es schon 105 Millionen, 2016 stieg die Zahl auf 243 Millionen und 2017 lag sie bei 248 Millionen Euro. Für 2018 lagen zum damaligen Zeitpunkt noch keine vollständigen Zahlen vor.

Die Beschäftigung von Unternehmensberatern durch die Bundesregierung ist umstritten. Kritiker meinen, dass der Einkauf von Sachverstand zu teuer und angesichts der mehr als 20.000 Mitarbeiter in den Ministerien auch nicht zwingend notwendig sei. Zudem wird zu großer Einfluss auf die Regierungsarbeit befürchtet.

Steuerzahlerbund kritisiert „exzessive“ Nutzung von externen Beratern

Der Bund der Steuerzahler kritisiert die „exzessive“ Nutzung von externen Beratern in vielen Bundesministerien: „Es muss prinzipiell nicht schlecht sein, wenn Ministerien und Behörden speziellen Sachverstand bei komplexen Problemen heranholen – aber wieder wird einmal deutlich, dass das Anheuern von externen Beratern teils exzessiv praktiziert wird“, sagte Steuerzahler-Präsident Reiner Holznagel unserer Redaktion.

Holznagel bemängelte, dass die Expertise der hochqualifizierten Beamten in den Ministerin zu wenig genutzt werde. „Stattdessen sichert man sich über teure Beraterverträge ab, die am Ende vielleicht das gleiche Ergebnis liefern. Dieses Geld sollte man besser in die Aus- und Fortbildung der eigenen Beamten stecken“, so Holznagel.

Bundesrechnungshof: Notwendigkeit der Beratung muss begründet werden

Auch vom Bundesrechnungshof kommt Kritik – insbesondere an der Vergabepraxis bei vielen Beraterverträgen in den Bundesministerien: „Hier sind wir in der Vergangenheit immer wieder auf Defizite gestoßen“, sagte Rechnungshof-Präsident Kay Scheller unserer Redaktion.

Wenn der Bund externe Beratungsleistungen einkaufe, müsse er eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen: „Er muss unter anderem die Notwendigkeit der Leistung gut begründen, die Leistung im Wettbewerb vergeben und den Erfolg der Beratung nachvollziehbar kontrollieren“, so Scheller.

Bei der Bundeswehr etwa sei in zahlreichen Fällen weder die Notwendigkeit des Beratereinsatzes begründet worden noch habe die Vergabe im Wettbewerb stattgefunden. „Außerdem muss der Bund sicherstellen, dass es beim Einsatz externer Berater nicht zu Interessenskonflikten kommt“, so Scheller.

(dpa/diz)