Berlin. Vor allem für ihren Umgang mit der Flüchtlingskrise hat die Uni Harvard die Kanzlerin mit der Ehrendoktorwürde bedacht. Die Zeremonie.

Im Leben einer Bundeskanzlerin gibt es sicher viele spannende Momente. Nicht nur, politisch, sondern auch drumrum. Der Termin, den Angela Merkel am Donnerstag wahrnahm, dürfte aber auch für die erfahrene Christdemokratin noch einen besonderen Stellenwert haben – die Elite-Universität Harvard hat ihr die Ehrendoktorwürde verliehen.

Mit dem Titel reiht sie sich in eine illustre Reihe ein, auch Konrad Adenauer und Helmut Schmidt sind zum Beispiel bedacht worden, aber auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Merkel reiste zur Zeremonie selbstverständlich nach Cambridge.

Nach der Zeremonie mit Merkel hatte die Bundeskanzlerin noch das Vergnügen, vor immer 20.000 Absolventen, Angehörigen und Professoren zu reden. In ihrer Ansprache hat sie hat die internationale Zusammenarbeit und den freien Welthandel beschworen. Der Adressat war auch ohne Namensnennung klar: Präsident Donald Trump.

Merkel erhält in Harvard Ehrendoktorwürde: Kanzlerin räumt Klimafehler ein

Gehandelt werden müsse global statt national, weltoffen statt isolationistisch – „gemeinsam statt alleine“. Protektionismus und Handelskonflikte gefährdeten den freien Welthandel und damit die Grundlage des Wohlstands.

Angela Merkel (CDU) spricht in der Harvard-Universität – auch über eigene Fehler.
Angela Merkel (CDU) spricht in der Harvard-Universität – auch über eigene Fehler. © dpa | Steven Senne

Mit Blick auf den von Menschen verursachten Klimawandel und die daraus folgenden Krisen sagte die Kanzlerin, man müsse „alles Menschenmögliche tun, um diese Menschheitsherausforderung wirklich in den Griff zu bekommen“. Noch sei dies möglich. „Doch dazu muss jeder seinen Beitrag leisten“, sagte Merkel. „Das sage ich auch selbstkritisch“ - man müsse hier besser werden.

Sie werde sich deshalb „mit ganzer Kraft dafür einsetzen, dass Deutschland 2050 das Ziel der Klimaneutralität erreichen werde. „Veränderungen zum Guten sind möglich, wenn wir sie gemeinsam angehen. In Alleingängen wird das nicht gelingen.“

Harvard würdigt Merkels Pragmatismus – auch in der Flüchtlingskrise

Harvard-Präsident Larry Bacow hatte Merkel die Auszeichnung zuvor in der Hochschule in Cambridge, einem Vorort von Boston (Massachusetts) verliehen. Die Universität würdigte unter anderem, Merkels bisherige Zeit im Amt sei geprägt gewesen von Pragmatismus und kluger Entschlossenheit.

Angela Merkel mit Lawrence Bacow, Präsident der Universität Harvard.
Angela Merkel mit Lawrence Bacow, Präsident der Universität Harvard. © dpa | Steven Senne

Explizit lobte die Universität Merkels Slogan „Wir schaffen das“ in der Flüchtlingskrise, der ihr in Deutschland viel Kritik eingebracht hatte. Merkels Entscheidung, in großer Zahl Migranten und Flüchtlinge ins Land zu lassen, habe ihren Willen gezeigt, für das einzustehen, was sie für richtig halte - auch wenn dies unpopulär sei.

Erst kürzlich hatte EU-Präsident Jean-Claude Juncker Merkels Flüchtlingspolitik gelobt – die Geschichte würde ihr in Zukunft Recht geben. Für Harvard war gleichermaßen auch ihr Vorgehen in der europäischen Schuldenkrise bemerkenswert

Viel Applaus – Rede vor Studenten geplant

Merkel bekam bei der Verleihung viel Applaus. Während der Ehrung brandete mehrfach Beifall von Absolventen und anderen Zuhörern auf. Am späten Donnerstag deutscher Zeit wollte Merkel eine Rede vor Absolventen der Universität halten.

Vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen mit US-Präsident Donald Trump wurde die Ansprache mit Spannung erwartet. Es werde „keine klassische politische Rede sein, sondern eine Rede, die auch mein Leben den Studenten nahebringt und die daraus entstandenen Lehren dann auch beinhaltet“, hatte Merkel kürzlich dem US-Sender CNN gesagt. In dem Interview hatte Merkel auch erklärt, sie wolle bis 2021 Kanzlerin bleiben – allen Spekulationen zum trotz.

Merkel und Trump – kein Treffen geplant bei US-Besuch

Ein Treffen mit Trump ist bei Merkels Kurzbesuch in den USA nicht geplant. Nach Angaben eines deutschen Regierungssprechers hatte die US-Seite frühzeitig mitgeteilt, dass der Präsident an diesem Tag nicht in Washington sein werde. So tief ist der Riss zwischen Deutschland und Amerika.

Trump wollte am Donnerstag vor Absolventen der US Air Force Academy im US-Bundesstaat Colorado sprechen - fast 3000 Kilometer von Harvard entfernt.