Berlin. Die große Koalition will das Bafög erhöhen. Das reicht noch nicht, sagen Grüne und Linke – und fordern schon jetzt eine weitere Reform.

Studenten und Schüler aus sozial schwachen Familien erhalten für ihre Ausbildung künftig mehr staatliche Unterstützung. Das sieht die Bafög-Reform vor, die der Bundestag am Donnerstagabend verabschiedet hat. Damit werden nicht nur die Fördersätze erhöht, sondern auch der Kreis der Bafög-Empfänger vergrößert. Dafür will die Bundesregierung allein in dieser Wahlperiode mehr als 1,2 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben.

„Damit erneuern wir das Versprechen der sozialen Marktwirtschaft, jedem jungen Menschen gute Startchancen zu geben“, versicherte Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Die Opposition hält die Maßnahmen allerdings nicht für ausreichend: AfD und FDP forderten in der abschließenden Debatte einen grundlegenden Umbau der Ausbildungsförderung, Linke und Grüne warben für deutlich höhere Fördersätze.

In der Anhebung enthalten ist ein Anstieg des Grundbedarfs: Er soll laut Reform in diesem Jahr um fünf Prozent, im kommenden Jahr noch einmal um zwei Prozent angehoben werden. Der im Höchstbetrag enthaltene Wohnzuschlag steigt überproportional, von bisher 250 auf 325 Euro. Steigen sollen auch die Zuschläge für die Kranken- und Pflegeversicherung. Außerdem sind höhere Elternfreibeträge geplant.

Koalition will mehr junge Menschen in Ausbildung erreichen

Mit der Reform will die große Koalition nicht nur die ausgezahlten Beträge erhöhen, sondern auch mehr junge Menschen in der Ausbildung erreichen. Es geht um eine Trendwende beim Bafög: Die Zahl der Geförderten war zwischen 2013 und 2017 um knapp 180.000 gesunken. Noch rund 557.000 Studierende und 225.000 Schülerinnen und Schüler wurden zuletzt gefördert.

Das reicht alles nicht, finden Grüne und Linke – und fordern eine weitere Bafög-Reform noch in dieser Wahlperiode. „Statt einer Trendwende droht ein weiterer Bedeutungsverlust des ehemaligen Bildungsgerechtigkeitsgesetzes Nr. 1“, sagte der Grünen-Bildungsexperte Kai Gehring.

Nicht einmal die allgemeinen Preissteigerungen würden aufgefangen. „Überfällig ist schon jetzt, dass Fördersätze und Freibeträge sofort um mindestens zehn Prozent steigen und danach automatisch und regelmäßig.“

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Linke-Expertin: Bafög reicht nicht wegen explodierender Mieten

Die Linke-Hochschulexpertin Nicole Gohlke kritisierte: „Nicht zuletzt die explodierenden Mieten in vielen Hochschulstädten sorgen dafür, dass die Bafög-Fördersätze weit unterhalb der realen Lebenshaltungskosten der Studierenden liegen.“

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Mit einem eigenen Antrag fordern Linke und Grüne, dass es früher als von der Koalition geplant die nächste Bestandsaufnahme zum Bafög geben soll. Eigentlich ist die Regierung gesetzlich verpflichtet, alle zwei Jahre einen Bafög-Bericht vorzulegen. Damit soll die Wirkung des Bafögs überprüft werden.

Die Bundesregierung plant nun, dass der nächste Bericht nicht turnusgemäß 2019, sondern erst 2021 vorgelegt werden soll. Vorher könnten die Auswirkungen der geplanten Reform nicht erfasst werden.

Linke und Grüne meinen, schon Ende 2019 könnten erste Auswirkungen erfasst werden. „Die Bundesregierung scheint bewusst verhindern zu wollen, dass Daten erhoben werden, die zeigen, wie unzureichend ihre Bafög-Novelle ist“, sagte Gohlke. (dpa/moi)