Berlin. Was folgt für Europa aus dem neu aufgekommenen Iran-Konflikt? Bei „Anne Will“ war sich die Runde am Sonntagabend einig: Nichts Gutes.

Bei „Anne Will“ ging es am Sonntagabend um das Atomabkommen mit dem Iran. Der Vertrag hatte den Konflikt um die atomare Aufrüstung des Landes gestoppt. Doch ein Jahr nach dem Ausstieg der USA hat nun auch das Regime in Teheran angekündigt, sich nicht länger vollumfänglich daran halten zu wollen.

„Wie gefährlich ist das für Europa?“, fragte Anne Will ihre Runde. Diskutiert wurde das von Norbert Röttgen (CDU), der deutsch-israelischen Beraterin Melody Sucharewicz, Alexander Graf Lambsdorff (FDP) und der Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur sowie Martin Schirdewan von der Linkspartei.

Warnungen vor dem Krieg im Nahen Osten bei „Anne Will“

Bemerkenswert war, wie deutlich in der Runde vor einem Krieg in der Region gewarnt wurde. „Alle Zeichen stehen auf militärische Eskalation“, sagte etwa Schirdewan, Spitzenkandidat der Linken bei der Europawahl. Und auch Lambsdorff argumentierte so: „Der Ausstieg wird den Vorwand zu einem militärischen Vorgehen geben“, sagte der FDP-Politiker.

Konkret machte Lambsdorff das an der Person von John Bolton fest. Der Nationale Sicherheitsberater der USA gilt als Iran-Hardliner, der auch vor einem Krieg nicht zurückschreckt. „Er ist das Gehirn“, sagte Lambsdorff. Das sei für Europa höchst bedenklich, denn: „Was im Nahen Osten passiert, betrifft uns direkt – das wissen wir seit 2015.“ Ein Krieg könne zu einer neuen Flüchtlingsbewegung führen.

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Das war nicht unplausibel, schließlich gilt Bolton tatsächlich als jemand, der eine klare, durchaus auch militärische Agenda gegen den Iran verfolgt. Norbert Röttgen zeigte sich dennoch nicht überzeugt. „Donald Trump hat daran kein Interesse“, sagte der CDU-Außenpolitiker. Schließlich habe er seinen Anhängern weniger und nicht mehr Interventionen versprochen.

Das schwache Argument...

... kam in der Debatte von Melody Sucharewicz. Kurzerhand warf die Kommunikationsberaterin den Europäern vor, mit dem Abkommen eine falsche „Appeasement“-Politik mit dem Iran betrieben zu haben. Der Deal habe aber nicht funktioniert. Doch Inspektionen der internationalem Atomenergiebehörde IAEA belegen, dass genau das erreicht wurde, was beabsichtigt wurde: Die nuklearen Bemühungen des Iran wurden eingefroren.

In anderer Hinsicht hatte Sucharewicz allerdings durchaus einen Punkt: An der aggressiven Regionalpolitik des Landes hat das Abkommen nichts verändert. Konnte es aber auch gar nicht, weil das nicht Gegenstand des Vertrages ist.

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Gibt es eine Lösung?

Vielleicht könnte in diesem Punkt ein Ausweg liegen. Norbert Röttgen jedenfalls machte Hoffnungen auf einen neuen Dialog, der dann im Idealfall nicht nur die Atomfrage, sondern etwa auch das iranische Vorgehen in Syrien oder im Jemen zum Gegenstand haben könnte. Dabei müssten Deutschland, Frankreich und Großbritannien eine wichtige, vermittelnde Rolle spielen, forderte der CDU-Politiker.

Ob das funktionieren kann? Zweifel sind angebracht, schließlich agiert Iran in der Region nicht im luftleeren Raum. Auch sein größter Widersacher Saudi-Arabien ist aktiv. Dass das Atomabkommen auf die nukleare Frage begrenzt war, kam nicht von ungefähr. Ein „größeres Paket“, wie es Röttgen in der Runde skizzierte, ist am Ende auch eine entsprechend größere Aufgabe.

Das Fazit

Diese Ausgabe von „Anne Will“ machte deutlich, wie vertrackt die Iran-Frage mittlerweile wieder ist. Zugleich zeigte sich, dass das Atomabkommen nie perfekt war. Doch es ist wohl der beste Weg, den es derzeit gibt.

Warum das so ist, erklärte Katajun Amirpur. Das Atomabkommen sei innenpolitisch ein maßgeblicher Erfolg des iranischen Präsidenten Hassan Rohani gewesen, führte die Islamwissenschaftlerin aus. Nun hätten diejenigen Aufwind, die im in Iran immer dagegen waren – und die man im Westen eigentlich loswerden will: Die Hardliner.