Berlin. Eine Debatte ums Geld: Illners Runde stritt darüber, wie der Staat in Zukunft ausgestattet sein soll. Neues gab es erschreckend wenig.

Olaf Scholz lässt sich nicht so einfach die Laune verderben. Die Wirtschaft schwächelt zwar und die Steuereinnahmen fallen geringer aus als zunächst erwartet. Trotzdem machte der Bundesfinanzminister am Donnerstagabend bei Maybrit Illner einen zufriedenen Eindruck.

„Wir nehmen immer noch mehr Geld ein“, sagte der SPD-Politiker. Die Steuereinnahmen steigen nämlich. Aber: Bis zum Jahr 2023 müssen Bund, Länder und Kommunen mit 124,3 Milliarden Euro weniger auskommen als noch im Herbst erwartet. Geld, das eingeplant war, um die Wünsche von Union und SPD zu finanzieren. Die einen setzen auf die Grundrente, die anderen auf die Abschaffung des Soli.

Debatte ums Geld: Die Rollen waren bei „Maybrit Illner“ klar verteilt

Bei Maybrit Illner hieß es dazu: „Zukunft ohne Gerechtigkeit – wofür hat die Regierung noch Geld?“. Und die Runde war so gewählt, dass Unterschiede in der politischen Positionierung schnell sichtbar werden sollten. Auf der einen Seite Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus, die neue FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg und „Welt“-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld, die alle drei einen schlankeren Staat wollen. Den Gegenpart bildeten Finanzminister Scholz, die Linken-Parteivorsitzende Katja Kipping und „Spiegel“-Autor Markus Feldenkirchen, die mehr auf den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft abzielten.

So weit, so erwartbar. Und auch die Argumente waren – wie so oft – die gleichen, wenn es darum ging, wo die Politik denn nun Schwerpunkte setzen sollte.

Katja Kipping von der Linken beklagte die soziale Spaltung. Konzerne wie Amazon zahlten keine oder kaum Steuern. Ihre Forderung: Reiche stärker zur Kasse bitten. FDP-Generalsekretärin Teuteberg, die ihre Partei empathischer erscheinen lassen möchte, spulte die typischen liberalen Forderungen wie die Abschaffung des Soli ab.

Und Olaf Scholz lobte sich und seine Politik. Die Regierung habe die Steuern gesenkt, Freibeträge und das Kindergeld erhöht und schon bald entfalle der Soli für 90 Prozent der Einkommenssteuerzahler. „Das ist eine breite Entlastung“, sagte Scholz.

„Welt“-Journalistin Rosenfeld ärgert sich über Diskurs

Das, was der Finanzminister als das Ergebnis guter Regierungsarbeit präsentierten, nannte die „Welt“-Journalistin Rosenfeld dagegen „ambitionslos“. Angesichts einer sich eintrübenden Konjunktur sei es an der Zeit, Bürger und Unternehemen zu entlasten. „Wir reden immer nur über die Armen oder die Reichen. Dazwischen gibt aber eine breite Mitte, die es verdient hat, auch endlich berücksichtigt zu werden“, so Rosenfeld.

Hintergrund: Steuerschätzung: Olaf Scholz bleibt der schwarzen Null treu

Das möchten irgendwie alle. Olaf Scholz bejahte einen Handlungsbedarf bei den Unternehmenssteuern. Und selbst Katja Kipping sprach davon, die Steuern senken zu wollen, um die Mitte zu entlasten. Der Neuigkeitswert dessen, was Illners Gäste forderten und vorschlugen, hier sich in Grenzen. Kein Wunder, dass CDU-Fraktionschef Brinkhaus irgendwann stöhnte: „Wir reden seit Jahren über die gleichen Themen“.

„Spiegel“-Autor Feldenkirchen machte noch darauf aufmerksam, dass der Widerspruch, den Illners Redaktion aufgemacht hat – hier das Haushaltsloch, da die Ausgabenwünsche der Koalition – so gar nicht bestünde. Es sei genug Geld da. Und die Große Koalition sei immer erfinderisch genug gewesen, Wünsche beider Partner zu erfüllen.

Wie lange hält die GroKo noch?

Und Maybrit Illner? Die Moderatorin war damit beschäftigt herauszufinden, ob die Bürger denn in Zukunft mehr Geld im Portemonnaie hätten. Sprich: Ob die Regierung doch noch eine Entlastung plant. Doch so sehr sie sich auch abmühte, eine Antwort erhielt sie nicht. Auch beim Blick in die Glaskugel blieben ihre Gäste lieber vage.

Nach seinen Kanzlerambitionen gefragt, antwortete Olaf Scholz nur, dass man momentan dabei sei, die Regierung bis zum Jahr 2021 zu Ende zu führen. Eine typische Scholz-Antwort. Das Publikum konnte sich das Lachen an dieser Stelle nicht verkneifen.

Kommentar: Weniger Steuereinnahmen - der brüchige Koalitionskitt

Markus Feldenkirchen vom „Spiegel“ geht davon aus, dass die Koalition – sofern die Europawahl für beide GroKo-Parteien nicht komplett in die Hose geht und sich das Ergebnis mit den aktuellen Umfragen deckt – bis zum Ende der Legislatur weitermacht. Der Wahlkampf allerdings sei ziemlich ambitionslos.

Das hätte man an diesem Abend auch über Maybrit Illners Runde sagen können.