Berlin. Linda Teuteberg wurde am Freitagabend mit großer Mehrheit zur neuen Generalsekretärin gewählt. Das ist die 38-Jährige aus Brandenburg.

Leicht war es nicht. Damals, Ende der Neunziger, als sich Linda Teuteberg mit siebzehn Jahren für die FDP entschied: „Das war ja im Osten von Brandenburg keine Massenbewegung“, sagt Teuteberg im Rückblick. Ständig habe sie sich rechtfertigen müssen, dass sie ausgerechnet bei den Liberalen gelandet war.

Doch der starke Gegenwind habe auch Vorteile: „Das war eine gute Schule.“ Am Freitagabend haben die Delegierten des 70. Bundesparteitags der FDP in Berlin die 38-Jährige zur neuen Generalsekretärin gewählt - mit einem überwältigenden Ergebnis von knapp 93 Prozent. Christina Lindner darf FDP-Chef bleiben und wurde wiedergewählt.

Teuteberg als neuer Star der Liberalen

Was sich damit schon andeutete, war spätestens nach ihrer ersten Rede im neuen Amt am Sonnabend endgültig klar: Die Liberalen haben einen neuen Star – und sie feiern ihn wie sonst nur Parteichef Christian Lindner. Deshalb setzt Lindner auf Teuteberg als Generalsekretärin.

Doch wer ist diese Frau, die als Rednerin keine Granate ist, bei ihren Parteifreunden aber meterhohe Sympathiewellen auslöst?

Teuteberg erinnert auf den ersten Blick an die junge Manuela Schwesig. Die blonde Föhnfrisur, die unerschrockene Art – und sogar manche Forderung: Man dürfe dem politischen Gegner nicht die Deutungshoheit über Sprache und Begriffe überlassen, verlangt Teuteberg.

Christian Lindner, Fraktionsvorsitzender und Parteivorsitzender der FDP, gratuliert Linda Teuteberg beim 70. FDP-Bundesparteitag zu ihrer Wahl als FDP-Generalsekretärin.
Christian Lindner, Fraktionsvorsitzender und Parteivorsitzender der FDP, gratuliert Linda Teuteberg beim 70. FDP-Bundesparteitag zu ihrer Wahl als FDP-Generalsekretärin. © dpa | Britta Pedersen

Bei Schwesig war es der Begriff Heimat, den sich nicht den Rechten überlassen wollte, Teuteberg nennt ausdrücklich Heimat und Feminismus.

Eine Frau aus dem Osten

Ein Wort, das man von FDP-Frauen eher selten hört. Auch bei Schwesig hieß es lange, sie sei nur deswegen an die SPD-Parteispitze gerückt, weil sie eine Frau und aus dem Osten sei.

Und Teuteberg? „Ja, ich bin eine Frau und ich komme aus dem Osten der Republik. Und das ist auch gut so“, sagt die 38-Jährige. Aber sie zeigt auch deutlich, wie nervig sie es findet, dass so was überhaupt erwähnenswert ist. Frau, Osten, Spitzenamt – sollte das nicht selbstverständlich sein?

Wer ihr an diesem Sonnabend beim Parteitag zuhört, wundert sich: Generalsekretäre sind üblicherweise eher Frontkämpfer als Feingeister. Die neue FDP-Generalin unterläuft diese Erwartung jedoch konsequent. Sehr sachlich, sehr moderat ist ihre Rede.

Scheinwerfer auf ostdeutsche Themen

Sie lächelt viel und verzichtet nahezu völlig auf aggressive, bissige, aufwiegelnde Töne. Gegen das übliche Lindner-Feuerwerk wirkt das blass. Teuteberg greift nicht an, sie prügelt nicht, sie wirbt für die FDP-Positionen wie eine freundliche Nachrichtensprecherin.

Selbst da, wo sie als migrationspolitische Sprecherin ihrer Fraktion seit langem fest im Sattel sitzt, hebt sie nicht mal die Stimme, sondern trägt vorbereitete Sätze vor: „Wir stehen zum Grundrecht auf Asyl“, sagt sie. Wer kein Aufenthaltsrecht habe, müsse aber zügig gehen. Der Staat müsse die Ausreisepflicht durchsetzen. „Auch das ist für uns Liberale rechtsstaatliche Konsequenz.“ Linda Teuteberg sieht ähnliche Probleme in Ost und West,so Teuteberg bei ihrer ersten Rede im neuen Amt.

Altbekannte Parteilinie. Die Delegierten jubeln trotzdem frenetisch. Ungewohnt für ihre Parteifreunde ist, wie stark Teuteberg den liberalen Scheinwerfer erstmals entschieden auf ostdeutsche Themen und Befindlichkeiten lenkt: Ausführlich erklärt sie den mehrheitlich westdeutschen Delegierten ihr Nein zu einem Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Rolle der Treuhand-Gesellschaft im Zuge der Wiedervereinigung.

Teuteberg: Empfangen ist wichtig

Teuteberg befürchtet „Geschichtsklitterung“: Die Linke versuche, mit diesem Ausschuss die Probleme der Wiedervereinigung auf die marktwirtschaftlichen Entscheidungen der Nachwendezeit zu schieben – statt die Hauptschuld bei 40 Jahren SED-Herrschaft zu suchen.

„Solch ein Umschreiben der Geschichte dürfen wir nicht zulassen.“ Teuteberg hatte als Brandenburger Spitzenkandidatin im Bundestagswahlkampf 2017 immerhin gut sieben Prozent für die FDP geholt. Der vielleicht wichtigste Satz aber ist ein anderer: „Nicht nur senden, auch empfangen ist wichtig“, sagt Teuteberg am Ende ihrer Antrittsrede im gleichen freundlichen Ton wie alles andere.

Das neue Ohr der Liberalen

Doch hier steckt Sprengstoff drin. Die Liberalen haben ein Problem mit dem Zuhören, mit dem Gespür für die Bedürfnisse und Sorgen der Menschen.

Das sehen sie inzwischen selbst so. Ein Parteifreund, der sich bis zuletzt dafür eingesetzt hatte, Johannes Vogel, den Kampagne-erprobten Generalsekretär aus Nordrhein-Westfalen zum General der Bundespartei zu machen, sagt inzwischen anerkennend: Teuteberg tue der Partei gut. Neben Parteichef Lindner, dem Lautsprecher der Partei, könnte Teuteberg das Ohr der Partei werden.