Gao/Niamey. Die jüngste Reise der Bundeskanzlerin zeigt: Afrikas Zukunft bedeutet Angela Merkel viel. Von politischem Rückzug ist nicht die Rede.

Als der Truppentransporter der Bundeswehr im Anflug auf die Stadt Gao in Mali ist, wird es still in Bord. Alle Passagiere müssen schuss­sichere Westen anlegen – auch die Kanzlerin. Die Maschine könnte noch in der Luft beschossen werden. Damit sie sicher im Bundeswehr-Standort „Camp Castor“ landen kann, hat zuvor eine deutsche Drohne das Steppengebiet am Rande der Sahara nach Gefechtsstellungen abgesucht. Was „fragile Sicherheitslage und terroristische Bedrohung“ in der Sahelregion bedeutet, das wird allen sofort klar, die Angela Merkel (CDU) auf dieser Afrika-Reise begleiten.

Es war nicht der erste Besuch der Bundeskanzlerin auf dem afrikanischen Kontinent. „Eine Freundin Afrikas“ wird sie später in Niger vom dortigen Präsidenten Mahamadou Issoufou genannt. Und es ist Merkel tatsächlich ein Anliegen, dass sich dort etwas bewegt. Die Probleme dort, gerade in der Sahel­region, auf die politische Agenda zu setzen und zu bekämpfen, ist der 64-Jährigen wichtig. Merkel ist zutiefst davon überzeugt, dass die Fragen Afrikas auch deutsche Kanzler nach ihr beschäftigen werden. Egal, wann diese an die Macht kommen.

Merkel wird mit Maschinengewehren bewacht

Das Thema Sicherheit spielt auch eine Rolle, als Merkel in Niamey, der Hauptstadt von Niger, empfangen wird. Nigrische Polizisten zeigen der Kanzlerin, wie sie Grenzkontrollen durchführen. Deutsche und europäische Experten trainieren sie im Rahmen der Mission „EUCAP Sahel Niger“ darin, organisierte Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen.

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Die Maschinengewehre mit der sie vor der Kanzlerin auf- und abmarschieren, sind rot. Es sind Attrappen. Die Gewehre der örtlichen Soldaten, die den Besuch aus Deutschland bewachen, sind dagegen echt. Auch die Beamten des Bundeskriminalamts, die für die persönliche Sicherheit der Kanzlerin sorgen, sind schwer bewaffnet. Die Frage, wer wem trauen kann, ist bei dieser Reise wichtig.

Merkel war der Besuch der 2012 ins Leben gerufenen EU-Mission ein Anliegen. Sie soll die nigrische Polizei, Nationalgarde und Gendarmerie aufbauen. „Sehr sinnvoll und praxisorientiert und auch ein gutes Beispiel der europäischen Zusammenarbeit – auch im Bereich der Polizei“, lautet das Fazit der Kanzlerin.

Niger, Niamey: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besichtigt ein  Frauenhaus.
Niger, Niamey: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besichtigt ein Frauenhaus. © dpa | Michael Kappeler

Bereits zum zweiten Mal besucht Merkel den Niger. „Die deutsche Bundeskanzlerin zeigt sich solidarisch mit der Bevölkerung hier“, stellt Präsident Issoufou fest. Der Staatenlenker des ärmsten Landes der Welt wird von der Kanzlerin als Mann der Tat geschätzt. Sie respektiert seinen Ansatz, auch angesichts der erdrückenden Probleme nach vorn zu blicken. So hat sie auch eine Reihe von Initiativen im Gepäck, mit denen sie Issoufou bei der Stabilisierung seines Landes im Kampf gegen islamistische Terroristen unterstützen will. Issoufou betont: „Der Kampf, den wir hier führen in der Sahelzone, führen wir für die Sicherheit der ganzen Welt.“

Niger ist ein Transitland für Flüchtlinge

Merkels Interesse an dem Land hat auch einen innenpolitischen Grund. Niger ist ein Transitland für Flüchtlinge. Vor allem von der Stadt Agadez aus geht es für Tausende von ihnen nach Europa. Der Präsident ist stolz auf seinen Kampf gegen die illegale Migration. Noch vor kurzem seien 100.000 bis 150.000 Mi­granten im Jahr durch Niger gezogen, sagt er. Mittlerweile habe man Schleuser festgenommen. Nun reisten noch 5000 bis 10.000 Migranten durch das Land.

Wer Merkel in diesen Tagen erlebt, in denen in Berlin vor allem über ihren politischen Rückzug diskutiert wird, gewinnt den Eindruck: Da will jemand noch bleiben. Von politischer Müdigkeit oder gar Resignation ist nichts zu spüren. Im Vergleich zum Jahresanfang wirkt sie weniger zaghaft. Baldiger Rückzug? In der Delegation will man davon nichts hören. Aber nach der Europawahl am 26. Mai kann alles ganz anders sein.

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Kurz vor ihrem Rückflug aus dem Niger nach Berlin besucht Merkel eine Organisation, die Frauen und Kinder vor häuslicher Gewalt schützen soll. Merkel stiftet den Frauen das Preisgeld, das sie selbst für einen Preis für Geschlechtergleichheit bekommen hat. Mit dem Geld wird ein Frauenhaus gebaut. Eine Mitarbeiterin der Organisation freut sich: „Dass sie als Frau auf Augenhöhe mit den Männern hier spricht und man sie respektiert – das macht Mut“. (Kerstin Münstermann)