Caracas. Ausschreitungen in Venezuela: Nach Juan Guaidós Aufruf zum Sturz von Präsident Nicolás Maduro kam es in Caracas wieder zu Proteste.

Bei den jüngsten Protesten gegen die venezolanische Regierung von Präsident Nicolás Maduro hat es nach Angaben der Opposition mindestens vier Tote gegeben. Ein 14-Jähriger sei seinen Verletzungen erlegen, teilte die Beobachtungsstelle für soziale Konflikte (OVCS) am Donnerstag mit.

Er sei am Mittwoch in der Hauptstadt Caracas von einer Kugel getroffen worden. Ein 16-Jähriger sei gestorben, nachdem er am Dienstag bei einer Demonstration in Victoria im Bundesstaat Aragua angeschossen worden sei. Bereits zuvor waren ein 24-Jähriger im Bundesstaat Aragua und eine 27-Jährige in der Hauptstadt Caracas ums Leben gekommen.

Demonstranten und regierungstreue Sicherheitskräfte lieferten sich zuvor erneut in Venezuelas Hauptstadt Caracas schwere Auseinandersetzungen. Vermummte Regierungsgegner griffen gepanzerte Militärfahrzeuge an. Ein Panzerwagen raste in die Menge, wie im kolumbianischen Fernsehsender RCN zu sehen war.

Nahe dem Luftwaffenstützpunkt La Carlota schleuderten Demonstranten Steine auf Nationalgardisten auf Motorrädern. Die Sicherheitskräfte feuerten Tränengaskartuschen in die Menge. Bei den Auseinandersetzungen sollen mindestens 69 Menschen verletzt und mindestens 83 Menschen festgenommen worden sein.

Guaidó ruft Militär zum Sturz Maduros auf

Zuvor hatte der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó einige Soldaten auf seine Seite gezogen und den Rest der Streitkräfte dazu aufgerufen, sich ihm anzuschließen. Der Aufstand richtet sich gegen gegen die Regierung des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro. Das Ende der Unterdrückung durch Maduro habe begonnen, sagte Guaidó in einem Video, das am Dienstag auf seinem Twitter-Konto veröffentlicht wurde.

Guaidó hatte die Venezolaner in den vergangenen Wochen immer wieder auf den Widerstand gegen Maduro eingeschworen.

Am Dienstagabend (Ortszeit) zeigte sich dann Präsident Maduro öffentlich und erklärte den Aufstand für gescheitert. „Ich danke der Militärführung für den Mut bei der Verteidigung des Friedens“, sagte er in einer Ansprache. Nach seiner Darstellung seien die Soldaten unter einem Vorwand zu einer Autobahn nahe dem Militärstützpunkt La Carlota gelockt worden. Als sie merkten, dass es sich um einen Coup der Opposition handelte, seien die meisten umgekehrt, sagte Maduro.

Gegen den harten Kern von etwa 20 abtrünnigen Soldaten, so Maduro weiter, ermittele nun die Generalstaatsanwaltschaft. „Diese Verräter werden ihr Schicksal noch kennen lernen.“ Sich selbst bescheinigte Maduro „Nerven aus Stahl“.

US-Außenminister: Maduro wollte sich absetzen

Die US-Regierung will über Informationen verfügen, wonach Maduro zur Ausreise bereit gewesen sein soll. Russland habe ihn aber überzeugt, zu bleiben, sagte US-Außenminister Mike Pompeo am Dienstag dem Sender CNN. „Er hatte ein Flugzeug auf dem Rollfeld. Soweit wir wissen, war er bereit, heute Morgen zu gehen. Die Russen haben ihm aber zu verstehen gegeben, dass er bleiben sollte“, erklärte Pompeo.

Die USA halten die Opposition seit langer Zeit für die legitime Kraft in Venezuela und versuchen, Kräfte im mächtigen Militär zur Abkehr von Präsident Maduro bewegen. Deutschland und zahlreiche andere Staaten der EU und Lateinamerikas haben Guaidó als rechtmäßigen Übergangsstaatschef anerkannt. Russland, China, die Türkei sowie die linken Regierungen in Kuba, Nicaragua und Bolivien halten Maduro weiterhin die Treue.

Auf die wiederholte Nachfrage, ob die US-Regierung Maduros Sicherheit gewährleisten würde, falls er nach Kuba fliehe, antwortete Pompeo nicht direkt. Er sagte lediglich, dass der venezolanische Präsident die Erwartungen der USA kenne.

Trump droht Kuba wegen Unterstützung für Maduro

US-Präsident Donald Trump drohte unterdessen der kommunistischen Regierung in Kuba wegen der Unterstützung Maduros mit scharfen Wirtschaftssanktionen. Sollten kubanische Truppen und Milizen nicht sofort militärische und andere Operationen einstellen, würden die USA ein komplettes Embargo und Sanktionen gegen Kuba verhängen, schrieb Trump am Dienstag auf Twitter.

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Die venezolanische Opposition und Washington beschuldigen Kuba, Agenten des militärischen Geheimdienstes in Venezuela positioniert zu haben, um einfache Soldaten auf Linie zu halten. Kuba bestreitet das.

Gründer der Oppositionspartei befreit

Leopoldo Lopez, Gründer der Oppositionspartei Voluntad Popular, der seit 2014 in Haft saß.
Leopoldo Lopez, Gründer der Oppositionspartei Voluntad Popular, der seit 2014 in Haft saß. © dpa | Rafael Hernandez

Soldaten hatten am Dienstag den seit Jahren inhaftierten venezolanischen Oppositionsführer Leopoldo López aus dem Hausarrest befreit. „Militärs haben mich auf Anweisung von Präsident Guaidó befreit“, schrieb López auf Twitter.

López suchte Schutz in der Residenz des chilenischen Botschafters in Caracas. López, seine Frau und seine Tochter seien Gäste in der Residenz der diplomatischen Mission, teilte Chiles Außenminister Roberto Ampuero am Dienstag auf Twitter mit.

Der Gründer der Oppositionspartei Voluntad Popular saß seit 2014 in Haft. Damals waren bei Protesten gegen die Regierung mehr als 40 Menschen ums Leben gekommen. Ein Gericht verurteilte López wegen Anstachelung zur Gewalt zu fast 14 Jahren Haft.

Heiko Maas sicherte Guaidó Unterstützung zu

Bei den Auseinandersetzungen sollen mindestens 69 Menschen verletzt worden sein.
Bei den Auseinandersetzungen sollen mindestens 69 Menschen verletzt worden sein. © dpa | Ariana Cubillos

Staatschef Nicolás Maduro hatte sich schon vor seinem Auftritt im Fernsehen siegessicher gegeben. „Nerven aus Stahl! Ich habe mit den Kommandanten (aller Militärzonen) des Landes gesprochen. Sie haben ihre Loyalität zu Volk, Verfassung und Vaterland ausgedrückt. Ich rufe zu einer Mobilisierung des Volkes auf, um den Sieg des Friedens sicherzustellen“, schrieb Maduro am Dienstag auf Twitter. „Wir werden siegen.“

Bundesaußenminister Heiko Maas hofft nun auf eine friedliche Lösung. „Unsere Unterstützung für Juan Guaidó hat sich in keiner Weise geändert“, sagte der SPD-Politiker. „Wir beobachten die aktuelle Entwicklung sehr genau.“

Auch auf Rückendeckung aus den USA kann Guaidó weiter setzen

Auch US-Vizepräsident Mike Pence und Außenminister Mike Pompeo haben Juan Guaidó ihre Unterstützung zugesichert. „Amerika wird Ihnen beistehen, bis Freiheit und Demokratie wiederhergestellt sind“, schrieb Pence am Dienstag auf Twitter. Pompeo schrieb auf Twitter: „Die US-Regierung unterstützt das venezolanische Volk vollkommen in seinem Verlangen nach Freiheit und Demokratie.“ Demokratie könne nicht besiegt werden.

Auch auf die Stütze zahlreicher Länder aus der Region kann Guaidó weiterhin setzen. „Wir erneuern unsere Aufforderung an das Militär, seine Loyalität zum Übergangspräsidenten Juan Guaidó in seiner verfassungsmäßigen Funktion als Oberbefehlshaber auszudrücken“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der sogenannten Lima-Gruppe aus Argentinien, Brasilien, Kanada, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Guatemala, Honduras, Panama, Paraguay und Peru. „Es sollte aufhören, ein Instrument des illegitimen Regimes zur Unterdrückung des venezolanischen Volkes zu sein.“

(dpa/rtr/les/moi)