Berlin. Christen werden in zahlreichen Ländern als Minderheit verfolgt. Nach den Oster-Anschlägen in Sri Lanka fordern die Kirchen mehr Schutz.

Nach den verheerenden Anschlägen auf drei Kirchen in Sri Lanka werden die Rufe nach dem weltweiten Schutz christlicher Minderheiten lauter. „In vielen Teilen der Welt werden Christen bedrängt und sind blutigen Anschlägen ausgeliefert“, sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick, unserer Redaktion.

Weder Sri Lanka selbst noch alle anderen Staaten dürften angesichts des Blutvergießens gegen Christen, aber auch angesichts von Attentaten gegen andere religiöse Gruppen, zur Tagesordnung übergehen, forderte der Bamberger Erzbischof. Schick appellierte auch an Deutschland und Europa, sich nicht zu scheuen, „ihre diplomatischen Möglichkeiten einzusetzen, um Regierungen in anderen Weltteilen nachdrücklich daran zu erinnern“.

Besondere Gefahr für Christen im Nahen Osten und Nordafrika

Horst Gorski, Vizepräsident im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), sagte: „Für die EKD ist die Religionsfreiheit ein elementares und unveräußerliches Menschenrecht.“

In etlichen Ländern werden Christen benachteiligt, schikaniert, verfolgt oder gar an Leib und Leben bedroht. Besonders bedrängend ist ihre Situation im Nahen Osten und in Nordafrika. Daneben stehen autoritär regierte Länder wie China oder Nordkorea, die religiöse Aktivitäten der staatlichen Herrschaft unterstellen wollen.

Die folgende Übersicht stützt sich auf den „Ökumenischen Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit“, den die Deutsche Bischofskonferenz und die EKD im Dezember 2017 vorgelegt haben.

Syrien und Irak

In der Großregion Naher Osten und Nordafrika ist das Recht auf Religionsfreiheit weltweit am stärksten bedroht. Insbesondere in Syrien und im Irak war die Lage für die Christen in den vergangenen Jahren lebensbedrohlich. Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) ging mit Gewalt gegen religiöse Minderheiten vor.

Vor allem Christen der verschiedenen Konfessionen und Jesiden wurden verfolgt. Verweigerten sie die Konversion zum Islam oder die Zahlung von „Schutzsteuern“, blieb ihnen nur die Flucht. Frauen und Mädchen wurden entführt, sexuell missbraucht und als Sklavinnen an IS-Kämpfer verteilt.

Christliche Kirchen, Klöster und Friedhöfe wurden zerstört. Zwar ist das Territorium des IS aufgrund des Feldzugs der internationalen Koalition mittlerweile gegen null geschrumpft. Doch Fachleute schätzen, dass es Jahre dauern wird, bis die geflohenen Christen zurückkehren.

In Idlib, der letzten Hochburg der islamistischen Rebellen in Syrien, leben seit März 2015 keine Christen mehr. Viele flohen. Einige überlebten die Offensive der Dschihadisten auf Idlib nicht – wie der Weinhändler Alkhal, der zusammen mit seinem Sohn auf bestialische Weise ermordet wurde.

Ägypten

Seit dem Sturz von Staatschef Hosni Mubarak 2011 ist die Situation der Christen in Ägypten zunehmend prekär. In dem Land am Nil lebt die größte christliche Gemeinde im Nahen Osten – rund neun Millionen Menschen, zehn Prozent der Gesamtbevölkerung.

In Ägypten werden immer wieder koptische Christen zum Ziel von Anschlägen. Eine Frau weint bei einer Trauerfeier nach dem Anschlag auf einen Pilger-Bus im vergangenen Dezember.
In Ägypten werden immer wieder koptische Christen zum Ziel von Anschlägen. Eine Frau weint bei einer Trauerfeier nach dem Anschlag auf einen Pilger-Bus im vergangenen Dezember. © dpa | Gehad Hamdy

Die große Mehrheit gehört der koptisch-orthodoxen Kirche an. Die neue Verfassung vom Januar 2014 erklärt den sunnitischen Islam zur Staatsreligion und die islamische Scharia als Grundlage der Gesetzgebung. Gleichzeitig ist die Ungleichbehandlung der Staatsbürger aus religiösen Gründen verboten. Die Religionsausübung ist jedoch an bestehende oder zu erlassende Gesetze gebunden.

Dieser Gesetzesvorbehalt zieht eine Vielzahl administrativer Hindernisse nach sich – etwa, wenn ein Religionswechsel registriert wird, der Familienstand geändert wird oder Erbansprüche geltend gemacht werden sollen. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi rief zwar mehrfach zu religiöser Toleranz auf.

Wiederholte Anschläge auf christliche Kirchen und Gemeinden werfen jedoch die Frage auf, was die Regierung tatsächlich tut, um die koptische Bevölkerung zu schützen.

Saudi-Arabien

Im Königreich gibt es keine Trennung von Staat und Religion, der sunnitisch-wahhabitische Islam ist Staatsreligion. Mit Blick auf Religions- und Bekenntnisfreiheit gehört Saudi-Arabien zu den Ländern, in denen die Lage am schwierigsten ist.

Religionslosigkeit und Blasphemie stehen unter Strafe und werden sanktioniert. In Saudi-Arabien leben 1,5 Millionen Christen, die ihren Glauben nur im Privaten ausüben können. Jede Form des Werbens für das Christentum wird strafrechtlich geahndet.

Indonesien

Das Land mit einer Bevölkerung von rund 240 Millionen Menschen ist der größte mehrheitlich islamisch geprägte Staat der Erde. Traditionell besteht eine große Toleranz gegenüber Andersgläubigen – der Islam ist nicht Staatsreligion.

Doch lässt sich in letzter Zeit eine schleichende Fundamentalisierung der indonesischen Gesellschaft durch radikal-sunnitische Organisationen beobachten. Das gesellschaftliche Klima ist in Teilen so aufgeheizt, dass selbst extremistische Gruppen wie die „Islamic Jihad Front“ (FJI) oder die „Islamic Defenders Front“ (IDF) eine offene Bühne für ihre Agitation und Gehör in den Medien finden.

Dies begünstigt ein soziales Umfeld, das Christen diskriminiert und schikaniert. Kirchen wurden demoliert, aufgehetzte Gruppen pöbelten gegen Christen.

Pakistan

Noch schwieriger ist für Christen die Lage in Pakistan, wo der sunnitische Islam Staatsreligion ist. Denunzierungen und Anklagen wegen Gotteslästerung und Diffamierung des Islams haben in jüngster Zeit zugenommen.

Zudem gab es seit 2014 eine Vielzahl bewaffneter Anschläge gegen Angehörige der schiitischen und christlichen Minderheiten. Regierung und Justiz scheinen nur unzureichend gewillt oder fähig, die Menschen vor gewalttätigen Angriffen zu schützen.

Indien, Sri Lanka, Myanmar

Verschiedene Staaten in Asien versuchen ihre nationale Identität zu bewahren, indem sie ihr religiös-kulturelles Erbe überhöhen. In Sri Lanka und in Myanmar geschieht dies durch die Mehrheitsreligion des Buddhismus.

Die Beisetzung von Opfern der Anschläge am Dienstag in Negombo, Sri Lanka.
Die Beisetzung von Opfern der Anschläge am Dienstag in Negombo, Sri Lanka. © Getty Images | Carl Court

In Indien sind hindu-fundamentalistische Gruppen auf dem Vormarsch, obwohl sich das Land als demokratischer, säkularer und pluralistischer Rechtsstaat begreift. Seit 2014 fanden direkte Attacken auf christliche Einrichtungen statt. Die Drahtzieher wurden selten verfolgt und noch seltener verurteilt.

China

Die chinesische Verfassung garantiert Religionsfreiheit für fünf Glaubensgemeinschaften – darunter der Katholizismus und der Protestantismus. Diese werden registriert und sind verpflichtet, sogenannte patriotische Vereinigungen zu bilden.

Insgesamt leben in China etwa 58 Millionen Christen. Aber auch registrierte Religionsgemeinschaften leiden unter Beschränkungen. So ließ die Regierung 2013 und 2014 im Zuge einer Umgestaltung der Küstenprovinz Zhejiang 150 Kreuze von Kirchen demontieren. Publikationen unterliegen der Zensur. Die Auslieferung von Bibeln ist limitiert und an staatliche Auflagen geknüpft.

Nordkorea

Nach Schätzungen leben in dem Land zwischen 200.000 und 400.000 Christen. Die Ideologie des Regimes ist eine Mischung aus Neokonfuzianismus, Nationalismus und Stalinismus mit stark nationalistischer Ausprägung. Sie umfasst alle Bereiche des politischen und sozialen Lebens in Nordkorea.

Platz für alternative Glaubensformen wie Religionen gibt es nicht. Die drei katholischen Diözesen sind verwaist, seitdem ihre Bischöfe im Zuge der Christenverfolgung ab 1953 verschwunden sind. (Michael Backfisch und Karsten Kammholz)

In vielen Teilen der Welt werden Christen bedrängt und sind blutigen Anschlägen ausgeliefert
Ludwig Schick, Erzbischof von Bamberg