Berlin. Eine Untersuchung der Gesellschaft für deutsche Sprache zeigt: Bei der Namenswahl nach der Hochzeit bröckelt die traditionelle Domäne.

Marleen Baumeister mag ihren Namen. Doch noch wichtiger war ihr etwas anderes: Sie wollte nach der Hochzeit so heißen wie ihr Mann. Ob das nun Baumeister wäre oder nicht – das war ihr nicht so wichtig. Also überließ sie die Sache ihm. „Mein Name oder dein Name – entscheide du.“ Ihr Mann ließ sich Zeit, erst bei der Anmeldung im Standesamt legte er sich fest. Auf Baumeister. „Passt ja auch für einen Architekten“, findet Frau Baumeister.

Marleen Baumeisters Mann gehört zur wachsenden Gruppe junger Ehemänner, die sich für den Namen ihrer Frau entscheiden. Zwar wählen die meisten Ehepaare noch immer den Namen des Mannes als Familiennamen, doch die Zeiten, in denen sich die allermeisten so entschieden, sind vorbei.

2016 nahmen 6,2 Prozent der heiratenden Männer den Namen ihrer Frau an – ihr Anteil war damit mehr als doppelt so hoch wie noch 1996.

Mehr Männer entscheiden sich für Doppelnamen

Auch die Zahl der Männer, die sich für einen Doppelnamen entscheiden, wächst. 1976 lag der Männeranteil nur bei vier Prozent, 2016 hatte sich dieser Anteil verdreifacht.

Untersucht hat das die Gesellschaft für deutsche Sprache, die dafür Daten von 174 Standesämtern auswertete. Warum Paare sich für den Namen des Mannes oder der Frau entscheiden, wird dabei nicht erfasst.

Tradition sei häufig ein wichtiges Argument für diejenigen, die sich für den Namen des Mannes entscheiden, vermutet man bei der Gesellschaft.

Doch das könne ebenso ein Argument sein für den Mann, den Namen der Frau anzunehmen, wenn dieser sonst nicht mehr weitergegeben würde.

Zu Kramp kam Karrenbauer – und zu Schäfer Gümbel


Weil ein gemeinsamer Doppelname, den beide Eheleute tragen, bis heute nicht möglich ist, machen es die meisten allerdings nach wie vor wie Annegret Kramp: Als sie 1984 Helmut Karrenbauer heiratete, war sie es, die den Doppelnamen wählte – heute ist er ihr Markenzeichen („AKK“).

Als Thorsten Schäfer 1998 seine Frau Annette Gümbel heiratete, lief es dagegen umgekehrt: Er hängte ihren Namen an seinen. Parteiintern hat sich für den hessischen SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel allerdings ebenfalls längst ein Kürzel durchgesetzt („TSG“).

Früh stand auch für Bastian Angenendt-Eiserbeck und seine Frau fest: Ein Name sollte die beiden und die gemeinsame Tochter verbinden. „Wir haben uns dann für ihren Namen entschieden, auch, weil der sonst nach dieser Generation nicht mehr weitergetragen worden wäre.“ Bastian Angenendt ergänzte seinen Namen um den seiner Frau – und trägt jetzt einen Doppelnamen.

Viele Paare verzichten auf einen gemeinsamen Namen

Gerade bei jungen Paaren sei es nicht mehr selbstverständlich, dass die Frau den Namen des Mannes annimmt. „Wir haben mit Freunden viel darüber gesprochen“, sagt Angenendt-Eiserbeck. Allein in seinem Umfeld gebe es drei weitere Paare, die sich ebenfalls gegen die traditionelle Variante entschieden hätten.

„Aus der Elterngeneration kommen manchmal noch Fragen“, sagt er. Aber auch das sei ein Zeichen, dass „wir etwas richtig gemacht haben“, sagt der 34-Jährige. „Es ist gut, dass der Name des Vaters als Familienname nicht mehr einfach als gegeben angenommen wird.“

Viele Paare einigen sich auch darauf, dass keiner den eigenen Namen aufgeben muss, und verzichten auf einen gemeinsamen Namen. Diesen Weg gingen 2016 13,5 Prozent der Heiratenden.

Lange gab die Frau ihr Recht auf den Namen bei der Hochzeit ab

Die vielen Optionen, die Heiratende heute haben, sind keine Selbstverständlichkeit. Lange Zeit war für den Gesetzgeber klar, dass Frauen ihr Recht auf ihren Namen mit der Hochzeit abgeben. Erst 1957 wurde heiratenden Frauen zugestanden, ihren Mädchennamen zu behalten – allerdings nur als Teil eines Doppelnamens, und auch nur an zweiter Stelle.

Dass auch der Name der Frau der gemeinsame Name werden könnte, war damals noch nicht vorgesehen. Diese Möglichkeit kam erst 1976 dazu – und wurde kaum genutzt, wie die Daten der Gesellschaft für deutsche Sprache zeigen: Nur 0,7 Prozent der Paare entschieden sich 1976 für diesen Weg.

In jedem Fall musste eine Entscheidung getroffen werden: Dass beide einfach ihren Namen behalten, war damals nicht möglich. Konnten sich die Heiratswilligen nicht einigen, „so ist Ehename der Geburtsname des Mannes“, legte das Gesetz fest. Erst 1991 – nachdem mehrere Paare geklagt hatten – entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz des Grundgesetzes verstößt.

Justiz- und Innenministerium beraten über neue Regelungen


Die neue Regelung, die drei Jahre später, am 1. April 1994, in Kraft trat, gilt nun seit 25 Jahren: Künftige Eheleute können einen gemeinsamen Namen festlegen (und dabei entweder ihren oder seinen Namen nehmen).

Sie können sich aber auch dafür entscheiden, dass jeder seinen eigenen Namen behält. Und schließlich können sie einen der beiden Namen zum neuen Familiennamen machen – und bei demjenigen Partner, dessen Name nicht Familienname wird, den alten Namen zum Doppelnamen anhängen.

Doch möglicherweise ändert sich das bald wieder: Ein Vierteljahrhundert nach der letzten großen Namensrechtsreform steht nun die nächste an. Experten des Justiz- und des Innenministeriums beraten derzeit, an welchen Stellen die Gesetze veraltet und wo Neuregelungen nötig sind.

Dabei geht es auch um die Frage, ob Eheleute in Zukunft einen gemeinsamen Doppelnamen tragen können. Frau Kramp und Herr Karrenbauer könnten dann beide Kramp-Karrenbauer heißen. Erste Vorschläge für eine Reform soll es Ende des Jahres geben.

Hintergrund: Warum sich Paare nach 40 Jahren Ehe trennen.