Berlin. Die Junge Union tat sich zuletzt vor allem durch Kritik an der Kanzlerin hervor. Jetzt wäre Zeit für eigene Positionen. Ein Kommentar.

Die Junge Union ist eine riesige Organisation. Mit rund 110.000 Mitgliedern deutlich stärker als beispielsweise die Grünen. Doch wirkliche Strahlkraft hat die Jugendorganisation von CDU und CSU nicht entfaltet. Besonders in den vergangenen Jahren des CDU-Vorsitzes von Angela Merkel hatten die Jungen vor allem ein Thema: sich konservativer als die Kanzlerin zu präsentieren. Gegen die Flüchtlingspolitik sein.

Die Merkel-Kritiker wie der heutige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn – für die Junge Union stets ein „Vorsitzender des Herzens“ – oder CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wurden in Dresden 2017 auf dem traditionellen Deutschlandtag begeistert gefeiert, Merkel nur kühl begrüßt.

In Kiel im Herbst 2018 stimmten die Delegierten dafür, die Amtszeit des deutschen Regierungschefs auf drei Wahlperioden zu begrenzen – es war eine verkappte Rücktrittsforderung an die Kanzlerin. Auch intern wurde stets heftig gestritten, vor allem mit dem bayerischen Landesverband gab es heftiges Gerangel.

„AKK“ ist eher eine Parteichefin im Sinne der JU

Nun aber gibt es eine Chance: Die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer führt die CDU in eine konservativere Richtung, bindet die Partei mehr ein, ist damit eher eine Parteichefin im Sinne der JU. Auch dem neuen CSU-Chef Markus Söder ist die Basis wichtig. Der neue JU-Vorsitzende Tilman Kuban muss diese Gelegenheit schnell für einen Aufbruch nutzen. Wichtige Themen dieser Zeit sind ohnehin Diskussionen, für die sich Jüngere interessieren: Umwelt- und Klimaschutz etwa, außerdem die Digitalisierung.

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„Ich liebe die Junge Union. Es ist die authentischste Jugendorganisation, die mitten im Leben steht“, gab der scheidende Vorsitzende Paul Ziemiak am Schluss seiner Rede in Berlin zu Protokoll. Jugend ist aber vor allem authentisch, wenn sie unverkrampft, mutig, mit neuen – auch unkonventionellen – Ideen nach vorne geht.

Häme der JU für Greta Thunberg ist unangebracht

Man muss die Aktionen der 16-jährigen Greta Thunberg und ihre „Fridays for Future“-Bewegung nicht begeistert aufnehmen, darf durchaus daran erinnern, dass es am Freitagvormittag eine Schulpflicht gibt. Aber Häme oder Spott, wie sie manchmal auch bei der JU durchscheint, sind völlig unangebracht.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und ihr Generalsekretär Paul Ziemiak am Samstag beim außerordentlichen Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Berlin.
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und ihr Generalsekretär Paul Ziemiak am Samstag beim außerordentlichen Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Berlin. © dpa | Michael Kappeler

Die 16-jährige Schwedin hat es geschafft, die Jugend weltweit auf die Straßen zu bringen. Den Schutz des Klimas zu einem bestimmenden Thema zu machen. Davon kann sich die JU durchaus einiges abschneiden. Sich nur an der eigenen Partei abzuarbeiten reicht nicht aus.

Die JU ist konservativer als die Mutterparteien CDU und CSU. So wie die Jusos linker sind als die SPD. Manch ein JUler blickt neidisch auf den Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert. Der hat es immerhin vermocht, seine Jugendorganisation gewissermaßen zum Zünglein an der Waage zu machen, etwa in der Frage der Koalitionsverhandlungen mit der Union.

Die Junge Union muss mit eigenen Vorschlägen Einfluss gewinnen

Die Junge Union muss mit eigenen Vorschlägen auch in den Unionsparteien, in den Fraktionen mehr Einfluss gewinnen. Generalsekretär Ziemiak hat auf den letzten Metern noch eine Position seiner Partei zum Thema Uploadfilter erarbeitet. Er wusste, welche Sprengkraft dieses Thema bei der jüngeren Generation hat. Damit hat er der CDU massive Kritik des JU-Plenums erspart.

Und er hatte noch einen guten Rat für seinen Nachfolger: „Lasst uns nicht über die sprechen, die die Werte des Grundgesetzes nicht mittragen“, sagte er mit Blick auf die AfD. „Lässt uns über uns sprechen und herausstellen, was der eigentliche Kern ist.“

Richtig. Und der sollte bei der Jungen Union nicht nur konservativ, sondern eine wirkliche Stimme der Jüngeren und ihrer Anliegen sein.