Passau. Gefeiert wird der „Bayer für Europa“ und der kampfeslustige Vorsitzende – beim politischen Aschermittwoch der CSU wird ausgeteilt.

Um kurz nach halb neun am Morgen werden sie serviert, die ersten Maßkrüge mit bayerischem Bier. Die Dolmetscherin wehrt ab. Sie muss die Reden in der Passauer Dreiländerhalle simultan ins Englische übersetzen. Es ist eine Premiere beim politischen Aschermittwoch. So wie noch einiges mehr.

Zwar ist die Halle weiß-blau geschmückt, Holzdeko und Blaskapelle sollen heimelig wirken. Neben den CSU-Fähnchen auf den Tischen gibt es diesmal aber auch Europa-Flaggen. Denn die CSU feiert in diesem Jahr vor allem ihren „Bayern für Europa“, den Niederbayern Manfred Weber.

Weber ist der Spitzenkandidat der konservativen europäischen Parteienfamilie (EVP) für die Europawahl und Anwärter auf das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Seine Partei lässt ihn und auch Europa in Passau hochleben. Weber ist beliebt, der Europa-Politiker bekommt großen Applaus und Standing Ovations, seine ruhige – für CSU-Verhältnisse fast sanfte Art – kommt an.

Aschermittwoch in Passau: Manfred Weber ist der Star

2019 ist er der Star in Passau, sein Konterfei prangt auf CSU-Schals und auf Lebkuchenherzen, eine Broschüre mit seinem Bild liegt auf jedem Biertisch. Und ihm wird Platz eingeräumt. Für Markus Söder ist es zwar der erste politische Aschermittwoch als CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident, dennoch teilt er das Scheinwerferlicht mit Weber.

Söder hält die erste Rede. Für die CSU geht es bei der Europawahl um viel. Sollte tatsächlich einer der ihren Europa führen, wäre es ein Riesentriumph und würde der Partei international Gewicht verleihen. Doch gelingt es Weber nicht, könnte die Häme groß werden.

Weber ignoriert den Konflikt mit Ungarns Ministerpräsidenten

Weber geht in seiner Rede auf die jüngste Auseinandersetzung in der EVP um Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán nicht ein. Am Dienstag hatte er die weitere Mitgliedschaft von Orbáns Partei Fidesz an Bedingungen geknüpft und gesagt, Orbán müsse die jüngste Kampagne gegen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker stoppen und sich entschuldigen.

In Passau macht Weber dann vor allem klar, wofür er steht. Die CSU „kümmert sich auch um die demokratische Rechte, aber wir stehen gegen Nationalisten auf“. Europa dürfe nicht von „linken und auch nicht von rechten Dumpfbacken geführt werden. Weber hält ein flammendes Plädoyer für „unser Europa, auf das wir stolz sind“.

Dass „wir heute in Frieden leben können, ist ein großes Geschenk der Europäischen Union“, sagt er und erinnert daran, dass die Gemeinschaft derzeit von Nationalisten und rechten Populisten herausgefordert werde. Weber plädiert für eine größere Steuerlast der internationalen Digitalkonzerne, spricht sich für Gesetze aus, die Europas Wirtschaft schützen. Und er warnt vor der AfD. Die Partei werde immer dreister und radikaler. „Wir werden uns mit aller Klarheit gegen sie stellen und gegen sie kämpfen“, ruft Weber unter großem Beifall.

DSU-Chef Söder nimmt sich die AfD zur Brust

Auch CSU-Chef Söder knöpft sich die AfD vor, ruft gemäßigte Mitglieder zum Austritt auf. „Kehrt zurück und lasst die Nazis alleine in der AfD.“ Die AfD sei keine Partei der vereinsamten Konservativen, besonders der Flügel um den Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke sei klar auf dem Weg ins Rechtsextreme.

Wenn Deutschland, wie von der AfD in ihrem Europawahlkampf ins Gespräch gebracht, die EU verlassen würde, sei dies das Ende der Freiheit, das Ende des Wohlstands „und das Ende der europäischen Idee, wie wir sie kennen“. So viel Europa war selten bei der CSU bisher.

Koalitionspartner SPD, die Grünen – Söder teilt gut aus

Und Söder kommt in Fahrt, nimmt den Berliner Koalitionspartner SPD ins Visier: Forderungen der Sozialdemokraten nach Steuererhöhungen, die Abschaffung von Hartz IV, eine Grundrente ohne Prüfung – „für den Tank ist das Zucker und für die Konjunktur Gift“. Auch die Grünen bekommen ihr Fett weg: „Solange die Grünen in Berlin die Rücknahme in sichere Herkunftsstaaten blockieren, kann ich mir die Zusammenarbeit mit diesen Leuten nicht vorstellen“.

Die Halle jubelt, auch als sich Söder gegen Schüler-Demos gegen den Klimawandel zur Schulzeit wendet und sagt: „Demos bitte am Freitagnachmittag oder Samstagfrüh“. Oder als er die Diskussion um Indianer-Kostüme aufs Korn nimmt: „Wenn die Welt wüsste, über welchen Quatsch wir streiten“, sagt er. Das sagt Söder zur Debatte um Indianerkostüme in der Kita.

Zuwanderungs-Aussagen sorgen für ein tobendes Publikum

Die Halle tobt, als Söder zum Thema Zuwanderung sagt, es gebe eine neue Linie der CDU, die die alte der CSU sei. Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer und er könnten eins versprechen: „Mit uns wird sich 2015 und der Streit danach nicht wiederholen, wir arbeiten wieder stark zusammen.“ Überhaupt die CDU: Als Zeichen der neuen Einheit der Union ist auch ein CDU-Vertreter nach Passau gereist. CSU-Chef Söder will mehr Rechte für die Bundesländer.

Generalsekretär Paul Ziemiak schaut sich das Spektakel an, zieht mit in die Halle ein. Das Zusammenrücken der Union, man will es überall herausstellen. Es ist ein nicht ganz so lauter Aschermittwoch bei der CSU. Der frühere CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer übrigens reiste nicht nach Passau. Er wurde mit dem Spektakel nie richtig warm.