Washington. US-Präsident Trump hat einen nationalen Notstand erklärt. So will er an Geld für den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko kommen.

US-Präsident Donald Trump hat im Streit über den Bau einer Grenzmauer zu Mexiko den Nationalen Notstand erklärt. „Wir haben eine Invasion von Drogen, eine Invasion von Banden, eine Invasion von Leuten, und das ist inakzeptabel“, sagte das Staatsoberhaupt unmittelbar vor der Unterzeichnung des Notstandes am Freitag in Washington.

Im Streit um den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko stehen die Zeichen in Amerika damit weiter auf Verfassungskrise und noch tiefere politische Spaltung zwischen Republikanern und Demokraten.

Mit der Notstandsverordnung sollen Milliardensummen für den Mauer-Bau freigemacht werden, die das Parlament dem Präsidenten nicht zugestehen will.

Nach Notstandserklärung droht Prozesslawine

Es droht damit eine Prozesslawine, die das politische Geschehen in Washington bis zur Wahl 2020 lähmen könnte. Mit dem aus dem Jahr 1976 stammenden „Gesetz über Nationale Notstände” gehen rund 140 Sonder-Vollmachten einher.

Präsidenten wie George W. Bush nutzten das Instrument nach den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001. Barack Obama erließ die „national emergency“ wegen der Schweinepest. „Niemand hat sich darum geschert“, sagte Trump. Aber er hat andere Prioritäten.

Acht Milliarden Dollar für den Grenz-Wall

Finanztöpfe sollen umgewidmet werden. Zum Beispiel Gelder des Verteidigungsministeriums für die Renovierung von Militär-Anlagen. Und das am Kongress vorbei, der die Haushaltshoheit („power of the purse“) hat. Laut Weißem Haus sollen so acht Milliarden Dollar Anschubfinanzierung für die Errichtung von rund 320 Kilometer Grenz-Wall zusammenkommen.

Der Kongress hatte Trump nur 1,4 Milliarden Dollar für rund 50 Kilometer zusätzlichen Grenzzaun (keine Mauer) bewilligt. Mehr Geld über einen zweiten Regierungsstillstand („shutdown“) zu erzwingen, hätte die Regierung nicht verkraftet.

Schon die Umfragen nach der Premiere, die 800.000 Staatsdiener zuletzt 35 Tage lang zur Untätigkeit verdammte und volkswirtschaftlich einen Milliarden-Schaden erzeugt hat, waren für Trump verheerend. Um vor seiner Wählerbasis zu bestehen und das Gesicht bei einem zentralen Wahlkampfversprechen zu wahren, versucht der Präsident die Mauer auf Umwegen durchzuboxen.

70 Prozent der US-Amerikaner sind gegen die Mauer

Obwohl rund 70 Prozent der Bevölkerung das Projekt laut Meinungsforschern ablehnen. Die Demokraten sprechen von „präsidialem Machtmissbrauch“ und „autokratischen Attitüden“. Die von Trump behauptete „nationale Sicherheitskrise“ an der Grenze sei „frei erfunden“, sagte die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi.

Sie verweist wie unabhängige Experten darauf, dass die Zahl illegaler Einwanderer seit Jahren kontinuierlich sinkt. Allenfalls könne man von einer „humanitären Herausforderung“ sprechen, weil Armutsflüchtlinge aus Latein-Amerika mit ihren Familien verstärkt um Asyl ersuchten.

Bau einer Mauer könnte durch Klagen jahrelang verzögert werden

Juristisch droht Amerika ein zähes Ringen ohne kurzfristige Ergebnisse. Voraussichtlich wird der Oberste Gerichtshof das letzte Wort haben. Einzelne Bundesstaaten (Kalifornien), Kommunen und Grundbesitzer, die entlang der Grenze vom Staat enteignet werden müssten, werden in unteren Instanzen gegen das Projekt zu Felde ziehen. Dadurch kann sich der Bau über Jahre verzögern.

Wenige Stunden nach Trumps Erklärung wurde vor einem Bundesgericht in Washington von drei texanischen Grundbesitzern und einem Naturpark eine erste Klage gegen die Rechtmäßigkeit der Notstands-Verordnung eingereicht, wie die „Washington Post“ berichtete.

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Republikanische Senatoren müssen Farbe bekennen

Die Republikaner fürchten politisch vorgeführt zu werden. Nach einer erwartbar negativ für Trump ausgehenden Resolution im Repräsentantenhaus muss sich auch der Senat dazu verhalten. Dort haben die Konservativen zwar die Mehrheit. Allerdings sind viele Republikaner dezidiert gegen die Ausrufung des nationalen Notstands und die Mauer. Sie müssten dann Farbe bekennen – für oder gegen Trump.

„Viele Senatoren fühlen sich in Geiselhaft genommen für ein überflüssiges Prestige-Projekt, mit dem der Präsident vor seiner Kern-Wählerschaft Unnachgiebigkeit demonstrieren will“, sagte ein Sprecher eines Südstaaten-Senators unserer Redaktion.

Notstandserklärung könnte unerwünschte Langzeitfolgen haben

Langfristig kann Trumps Einsatz mit der Brechstangen unerwünschte Folgen haben. Gewinnen die Demokraten 2020 das Weiße Haus, könnte sich der neue Präsident (die neue Präsidentin) für den Präzedenzfall revanchieren. Eine Notverordnung gegen die laxen Waffengesetze wäre dann denkbar. Oder gegen Industrien, die den Klimawandel beschleunigen. „Das kann niemand wollen“, sagt der Texaner John Cornyn.

Dazu kommt die latente Ungewissheit, ob das Oberste Gericht Trumps ausgedehnten Machtanspruch tatsächlich tolerieren würde. Trotz zwei neuen konservativen Richtern, sagen Experten aus Kreisen des „Supreme Court“, ist die höchste Instanz der Vereinigten Staaten „noch immer Garant für die Einhaltung der Gewaltenteilung“.