Vatikanstadt. Zum ersten Mal in der Geschichte betritt ein Papst das Kernland des Islams. Kommt es zu einer gemeinsamen Erklärung mit den Muslimen?

Papst Franziskus macht Geschichte. Als erster Papst besucht er die Arabische Halbinsel – noch nie reiste ein Nachfolger des heiligen Petrus in das Kernland des Islams.

Der Papst besucht bis Dienstag die Vereinigten Arabischen Emirate und wird in Abu Dhabi an einem mit Spannung erwarteten Treffen der Brüderlichkeit mit den Oberhäuptern des Islams teilnehmen. Keine Selbstverständlichkeit.

Wie steinig der Weg bis zu diesem Ereignis für den Vatikan war, zeigt der 6. Mai 2001. Johannes Paul II. betrat an diesem Tag als erster Papst der Geschichte eine Moschee, und zwar nicht irgendeine, sondern eine der ältesten und heiligsten des Islams, die Umayyaden-Moschee in Damaskus.

Der Papst und der Islam – der Hintergrund in Kürze

  • Das Verhältnis zum Islam ist angespannt
  • Bisher hat keiner die arabische Halbinsel betreten
  • Franziskus hofft, der Papst zu sein, der das Verhältnis repariert
  • Eine bessere Beziehung zwischen Christentum und Islam sind deshalb ein Schwerpunkt seines Pontifikats

Das Verhältnis zum Islam ist angespannt

Zuvor hatte das saudische Königshaus, das sich als Hüter der wichtigsten Heiligen Stätte des Islams sieht, energisch dagegen protestiert. Aus Sicht der Dynastie der Saud war die Moschee, so wie die ganze Arabische Halbinsel, „heiliger Boden“, auf dem ein Papst nichts zu suchen hatte.

Nach harten Verhandlungen setzte sich der Vatikan damals durch, aber die Stimmung war vergiftet. Es kam zu der bisher einzigen gewalttätigen Ausschreitung gegen die Delegation eines Papstes während einer Auslandsreise.

Der Mitarbeiter des Vatikans Vik van Brantegem wurde von syrischen Polizisten zu Boden gerissen und erlitt Verletzungen, als er versuchte, dem deutschen Kardinal Walter Kasper dabei zu helfen, die Moschee zu betreten.

Johannes Paul II. besuchte 129 Länder – aber nicht die Arabische Halbinsel

Selbst Johannes Paul II. verfolgte daraufhin keine weiteren Pläne, Länder der Arabischen Halbinsel zu besuchen. Spätestens seit dessen Heiligsprechung, also seit dem 27. April 2014, spricht in der Kurie übrigens niemand mehr gern darüber, wie heftig die Kirchenspitze seinerzeit Karol Wojtyla für seine insgesamt 104 Auslandsreisen kritisierte.

Damals warfen ihm mehrere Kardinäle vor, den Unterschied zwischen Petrus und Paulus nicht verstanden zu haben. Als Nachfolger des heiligen Petrus habe er in Rom zu bleiben, es sei Paulus gewesen, der durch die Welt gereist sei.

Insgesamt verbrachte Johannes Paul II. 554 Tage auf Reisen, legte dabei dreimal die Strecke Erde–Mond zurück und besuchte 129 Länder – aber nie die Arabische Halbinsel.

Franziskus will der Papst sein, der das Verhältnis repariert

Doch offensichtlich wurde dieses Mal kein Veto eingelegt. Der Dynastie der Saud auf der Arabischen Halbinsel scheint daran gelegen zu sein, nach dem Debakel wegen der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im Istanbuler Konsulat ihr internationales Image aufzupolieren.

Was könnte da medienwirksamer sein als eine versöhnliche Geste gegenüber dem Papst?

Für Franziskus bedeutet diese Reise einen gewaltigen Triumph. Er will in die Geschichte eingehen als der Papst, der das Verhältnis zum Islam repariert hat. Als sein Vorgänger Papst Benedikt XVI. am 12. September 2006 in einem Zitat darüber gesprochen hatte, dass Mohamed nur „Schlechtes und Inhumanes“ gebracht habe, brachen die Spitzen des Islams die Beziehungen zum Vatikan ab.

Für die vatikanische Diplomatie war das ein heftiger Rückschlag. Denn Papst Johannes Paul II. hatte es geschafft, im Februar des Jahres 2000 in Kairo ein Gipfeltreffen mit dem Oberhaupt von etwa 800 Millionen sunnitischen Muslimen zu erzwingen, dem Scheich der Al Azhar Hochschule in Kairo, Mohammed Sayed al-Tantawi.

Ein Schwerpunkt seines Pontifikats

Doch der Nachfolger al-Tantawis, Ahmad al-Tayyeb, lehnte nach den Benedikt-Äußerungen eine Aussöhnung mit dem Vatikan ab. Erst nach der Wahl von Papst Franziskus schienen sich die Beziehungen langsam zu normalisieren.

Dass der Papst nun auf Bestreben von Ahmad al-Tayyeb in die Vereinigten Arabischen Emirate eingeladen wurde und neben ihm am Verhandlungstisch sitzen wird, ist ein Erfolg des Papstes, der eine bessere Beziehung zwischen Christentum und Islam als Schwerpunkt seines Pontifikats gesetzt hat.

Zu Ehren des Papstes wird der 5. Februar in Abu Dhabi wie ein Feiertag begangen. Alle Christen, die ein Ticket für den Gottesdienst mit dem Papst haben, können unentschuldigt der Arbeit fernbleiben.

In der Golfregion leben etwa drei Millionen Katholiken. Anders als in Saudi-Arabien, wo die heiligen Orte Mekka und Medina liegen, können sie in den anderen Golfstaaten ihren Glauben frei ausüben. Nur der Übertritt vom Islam zum Christentum ist verboten.

Erklärung erhofft, dass im Namen Gottes keine Gewalt ausgeübt wird

In Abu Dhabi wird der Papst versuchen, die muslimische Seite zu einer gemeinsamen Erklärung zu überreden, aus der hervorgehen soll, dass im Namen Gottes niemals Gewalt ausgeübt werden darf, hieß es. Das würde vor allem die militante Partei und Miliz der Hisbollah im Libanon treffen, die in der arabischen Welt für Gewalttaten gegen Israel im Namen des Islams wirbt.

Andreas Englisch ist einer der wichtigsten Vatikan-Experten. Er geht häufig mit dem Papst auf Reisen und hat mehrere Bestseller über den Papst geschrieben