Berlin. Die Regierungskrise um den inzwischen abgesetzten Verfassungsschutzchef kannte nur Verlierer. So konnte es dazu kommen. Ein Rückblick.

Andrea Nahles kann sich bis heute, Monate später, in Rage reden. Sie hat nicht wirklich Distanz gewonnen und will zur leidigen Sache, vermutlich zum Selbstschutz, keinen Satz in der Zeitung lesen. Was an der SPD-Chefin nagt, ist die Erinnerung an die Affäre Maaßen. Es war die verstörendste Episode des politischen Jahres in Berlin. Der Rückblick auf eine kollektive Blamage.

Warschau, 2. November, deutsch-polnische Konsultationen: Für die Minister beider Regierungen wird gerade das Mittagessen serviert, als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Tischnachbar Innenminister Horst Seehofer (CSU) die Köpfe zusammenstecken. Merkel weiß bereits, was der Minister ihr erzählen will. „Da musst Du jetzt schnell handeln“, flüstert die Regierungschefin.

Maaßen fühlte sich aus dem Amt gedrängt

Es ist der Freitag, an dem die Würfel fallen. Am Montag danach wird der Innenminister den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, mit 55 Jahren vorzeitig in den Ruhestand versetzen.

Zwei Wochen zuvor, zufällig ebenfalls in Warschau, hatte der sich im Kreis von 30 europäischen Amtskollegen im „Berner Club“ darüber beklagt, dass er aus dem Amt gedrängt werde: von linken Politikern, die sich „bei ihrer Falschberichterstattung“ über die Krawalle von Chemnitz ertappt fühlten – und „linksradikalen Kräften in der SPD“, die einen Anlass für einen Bruch der Koalition suchten.

„Das kann doch nicht wahr sein“, denkt Seehofer, als er davon hört. Für ihn war die Sache erledigt, „wir hatten sie eigentlich gut bewältigt“, sagt er rückblickend unserer Redaktion. Nach wochenlangem Hin und Her sollte Maaßen sein Berater werden; so war es besprochen.

Seehofer rätselt bis heute über Maaßens „Abschiedsrede“

Nun stört es Seehofer, dass der Behördenchef nachkartet, einige Aussagen hält er für inakzeptabel. Er hat bis heute „keine Erklärung“ für das Verhalten des Behördenleiters und seither auch „nie mehr mit ihm gesprochen“.

Am Telefon klingt Seehofer ruhig und abgeklärt. Und enttäuscht. Wochenlang hatte er den Verfassungsschützer als „kompetenten und integren Mitarbeiter“ verteidigt, als ihm Nahles am Rande einer Bundestagssitzung und zuvor Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) längst zu verstehen gegeben hatten, „der muss gehen“.

Auftritt im Innenausschuss am 12. September: Verfassungsschutzchef Maaßen und Innenminister Seehofer müssen sich den Fragen der Bundestagsabgeordneten stellen.
Auftritt im Innenausschuss am 12. September: Verfassungsschutzchef Maaßen und Innenminister Seehofer müssen sich den Fragen der Bundestagsabgeordneten stellen. © picture alliance/AP Photo | dpa Picture-Alliance / Michael Sohn

Seehofer will ihn unbedingt halten, wenn nicht als Behördenchef, dann als Staatssekretär; wenn nicht als Staatssekretär so als Berater. Letzteres findet Maaßen „unbefriedigend“, wie er Ende Dezember dem „Spiegel“ sagt. Er glaube nicht, „dass ich unter den Umständen ein guter Berater geworden wäre“.

Die Rede wird zu einem Politikum

Es ist eines jener Interviews, in denen es auch auf das Ungesagte ankommt: Kein Wort zur verhängnisvollen „Abschiedsrede“ vor dem „Berner Club“ der europäischen Geheimdienstchefs am 18. Oktober in Warschau.

Es gibt davon zwei Manuskripte, eines auf Englisch, von dem nur Maaßen wissen kann, ob er es wortgetreu gehalten hat, und eines auf Deutsch. Das wird mit seinem Einverständnis ins Intranet seiner Behörde gestellt.

Im Kölner Bundesamt ist es bald Gesprächsstoff – und nur eine Frage der Zeit, bis der Dienstherr in Berlin davon Wind bekommt. Zumal sich ein Verfassungsschutz-Mitarbeiter auch an das parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages gewandt hat. So wird Maaßens Abschiedsrede zu einem Politikum. Es ist der Moment, als Merkel und Seehofer in Warschau alarmiert werden.

Es bleibt Maaßens Geheimnis, ob er die Wirkung der Rede unterschätzt oder vielmehr beabsichtigt hat, um nicht den Beraterjob antreten zu müssen und die Versetzung in den Ruhestand zu erzwingen. Maaßen ist eigentlich der Typ, der handelt, bevor er behandelt wird.

Video mit Verfolgungsjagd in Chemnitz

Er ist es, der Anfang September nach einem Hintergrundgespräch mit dem „Bild“-Chefredakteur anbietet, einige Zitate freizugeben. Es geht um Chemnitz, um Hetzjagden auf Fremde, nachdem in der Nacht zum 27. August ein Syrer einen Deutschen erstochen hatte. Bis nach Japan - dem Land von Maaßens Ehefrau - ist von „Pogromen“ die Rede.

Weltweit geistert durch das Netz ein 19-sekündiges Video, auf dem zu sehen ist, wie vermutlich auf der Bahnhofstraße in Chemnitz ein Mann von anderen über ein paar Meter verfolgt wird. Den Sicherheitsbehörden, der Justiz, der sächsischen Regierung genügt diese Sequenz allein als Beleg für Hetzjagden nicht.

Krisentreffen im Kanzleramt am 13. September: Horst Seehofer und SPD-Chefin Andrea Nahles nach einem ergebnislosen Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel.
Krisentreffen im Kanzleramt am 13. September: Horst Seehofer und SPD-Chefin Andrea Nahles nach einem ergebnislosen Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel. © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Bernd von Jutrczenka

Der Verfassungsschutzpräsident ist keineswegs isoliert, als er „Bild“ erklärt, „es liegen keine Belege dafür vor, dass das im Internet kursierende Video zu diesem angeblichen Vorfall authentisch ist“.

Die Skepsis gegenüber den Medienberichten werde von ihm geteilt. Das Interview erscheint am 7. September, einem Freitag, und schlägt sofort Wellen. Die Opfer der Krawalle müssen sich düpiert fühlen, Kanzlerin Merkel und ihr Sprecher Steffen Seibert, der von „Hetzjagden“ gesprochen hatte, viele Politiker aus allen Parteien und erst recht die Medien, die in rechten Kreisen als „Lügenpresse“ angeprangert werden.

Reaktionen auf das Interview sind negativ

Am Wochenende ist Maaßen zum Grillen bei Freunden und überrascht. Er hat Wind gesät, jetzt erntet er Sturm. Die Reaktionen sind in den Folgetagen fast durchweg negativ. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz etwa ärgert sich, Maaßen habe „offenbar ungeprüft eine Verschwörungstheorie der Rechtsextremen zu Chemnitz verbreitet“.

Nie zuvor war ein Interview von Maaßen so seziert worden. Am 12. September antwortet er dem SPD-Abgeordneten Burkhard Lischka im Innenausschuss, „im Zweifel würde ich das Interview nicht mehr geben, weil ich mir das auch nicht mehr antun möchte, so dargestellt zu werden“. Auch bedauere er, „zur weiteren Emotionalisierung beigetragen zu haben“.

Chemnitz: Chronik eines Ausnahmezustands

In der Nacht vom 25. auf den 26. August wird in Chemnitz am Rande eines Stadtfestes ein 35-jähriger Mann niedergestochen. Am 27. August ziehen bereits tausende rechtsgerichtete Gruppen durch Chemnitz’ Straßen. Die Polizei hat Mühe, die Gruppe vom Gegenprotest fernzuhalten. Immer wieder versuchten sie Polizeiketten zu durchbrechen, werfen Flaschen und Böller. Die Polizei ermittelt gegen zehn Personen, die den Hitlergruß gezeigt haben.
In der Nacht vom 25. auf den 26. August wird in Chemnitz am Rande eines Stadtfestes ein 35-jähriger Mann niedergestochen. Am 27. August ziehen bereits tausende rechtsgerichtete Gruppen durch Chemnitz’ Straßen. Die Polizei hat Mühe, die Gruppe vom Gegenprotest fernzuhalten. Immer wieder versuchten sie Polizeiketten zu durchbrechen, werfen Flaschen und Böller. Die Polizei ermittelt gegen zehn Personen, die den Hitlergruß gezeigt haben. © dpa | Jan Woitas
Journalisten werden attackiert.
Journalisten werden attackiert. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
Nach den Ausschreitungen liegen 37 Strafanzeigen vor, mehrheitlich zu Körperverletzungsdelikten, Sachbeschädigungen und Straftaten nach dem Versammlungsgesetz.
Nach den Ausschreitungen liegen 37 Strafanzeigen vor, mehrheitlich zu Körperverletzungsdelikten, Sachbeschädigungen und Straftaten nach dem Versammlungsgesetz. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
Laut Polizei werden 18 Menschen verletzt, darunter drei Beamte.
Laut Polizei werden 18 Menschen verletzt, darunter drei Beamte. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
Der 35 Jahre alte Daniel H. hatte deutsche und kubanische Wurzeln. Am Tatort werden zahlreiche Blumen und Kerzen niedergelegt.
Der 35 Jahre alte Daniel H. hatte deutsche und kubanische Wurzeln. Am Tatort werden zahlreiche Blumen und Kerzen niedergelegt. © dpa | Jan Woitas
Ein 23 Jahre alter Syrer und ein 22 Jahre alter Iraker werden verdächtigt, Daniel H. getötet und zwei weitere Männer durch Messerstiche zum Teil schwer verletzt zu haben. Als dringend tatverdächtig wird zudem ein 22-jähriger Iraker mit Haftbefehl gesucht.
Ein 23 Jahre alter Syrer und ein 22 Jahre alter Iraker werden verdächtigt, Daniel H. getötet und zwei weitere Männer durch Messerstiche zum Teil schwer verletzt zu haben. Als dringend tatverdächtig wird zudem ein 22-jähriger Iraker mit Haftbefehl gesucht. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
Familienministerin Franziska Giffey (SPD) reist als erstes Mitglied der Bundesregierung nach Chemnitz und besucht den Tatort.
Familienministerin Franziska Giffey (SPD) reist als erstes Mitglied der Bundesregierung nach Chemnitz und besucht den Tatort. © dpa | Sebastian Kahnert
Am 1. September kommt es in Chemnitz erneut zu mehreren Demonstrationen.
Am 1. September kommt es in Chemnitz erneut zu mehreren Demonstrationen. © dpa | ---
Der Polizei zufolge stehen 8000 Teilnehmern rechtsgerichteter Proteste 3000 Gegendemonstranten gegenüber.
Der Polizei zufolge stehen 8000 Teilnehmern rechtsgerichteter Proteste 3000 Gegendemonstranten gegenüber. © dpa | Ralf Hirschberger
Auch Björn Höcke, Vorsitzender der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag, nimmt an der Demonstration teil.
Auch Björn Höcke, Vorsitzender der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag, nimmt an der Demonstration teil. © dpa | Ralf Hirschberger
Die Gegenseite will Gesicht zeigen: Am 3. September kommen rund 65.000 Zuschauer und Demonstranten in die sächsische Stadt, um unter dem Motto „#wirsindmehr“ gegen Rechts zu demonstrieren.
Die Gegenseite will Gesicht zeigen: Am 3. September kommen rund 65.000 Zuschauer und Demonstranten in die sächsische Stadt, um unter dem Motto „#wirsindmehr“ gegen Rechts zu demonstrieren. © dpa | Sebastian Kahnert
Bei dem Konzert treten unter anderem Marteria und Casper, Feine Sahne Fischfilet, Kraftklub und Die Toten Hosen auf.
Bei dem Konzert treten unter anderem Marteria und Casper, Feine Sahne Fischfilet, Kraftklub und Die Toten Hosen auf. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
Campino, Sänger von Die Toten Hosen, setzt ein Zeichen gegen Rassismus.
Campino, Sänger von Die Toten Hosen, setzt ein Zeichen gegen Rassismus. © dpa | Sebastian Kahnert
„Die Würde des Menschen ist antastbar“ steht auf einem Banner in Anspielung auf Artikel 1 des Grundgesetzes. Darin heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
„Die Würde des Menschen ist antastbar“ steht auf einem Banner in Anspielung auf Artikel 1 des Grundgesetzes. Darin heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ © dpa | Sebastian Kahnert
Der deutsche Rapper Marteria sagte, er fühle sich durch die Vorkommnisse in Chemnitz an die fremdenfeindlichen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen erinnert.
Der deutsche Rapper Marteria sagte, er fühle sich durch die Vorkommnisse in Chemnitz an die fremdenfeindlichen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen erinnert. © dpa | Sebastian Kahnert
Das Motto des Konzerts: Wir sind mehr – mehr als die rechtsgerichteten Teilnehmer, die in Chemnitz nach dem Tod des jungen Mannes auflaufen. Dieses Foto vom 1. September zeigt noch die Teilnehmer der Kundgebung der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz, die sich vor dem Karl-Marx-Denkmal versammeln.
Das Motto des Konzerts: Wir sind mehr – mehr als die rechtsgerichteten Teilnehmer, die in Chemnitz nach dem Tod des jungen Mannes auflaufen. Dieses Foto vom 1. September zeigt noch die Teilnehmer der Kundgebung der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz, die sich vor dem Karl-Marx-Denkmal versammeln. © dpa | Boris Roessler
„Weder grau noch braun“: Die Vorfälle in Chemnitz befeuern in Politik und Gesellschaft die Debatte über Ausländerfeindlichkeit und Integration. Auch über die Vorfälle wird scharf diskutiert.
„Weder grau noch braun“: Die Vorfälle in Chemnitz befeuern in Politik und Gesellschaft die Debatte über Ausländerfeindlichkeit und Integration. Auch über die Vorfälle wird scharf diskutiert. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
Gab es Hetzjagden – ja oder nein? Die Debatte dazu nimmt schnell Fahrt auf.
Gab es Hetzjagden – ja oder nein? Die Debatte dazu nimmt schnell Fahrt auf. © REUTERS | Matthias Rietschel
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer erklärt, es habe keinen Mob, keine Pogrome oder Hetzjagden in Chemnitz gegeben. Davon hatte zuvor die Bundesregierung gesprochen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer erklärt, es habe keinen Mob, keine Pogrome oder Hetzjagden in Chemnitz gegeben. Davon hatte zuvor die Bundesregierung gesprochen. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen problematisiert den Begriff „Hetzjagden“ in einem Zeitungsinterview. Ein Video, dass eben jene Jagden auf Ausländer zeige, stellt er in Frage.
Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen problematisiert den Begriff „Hetzjagden“ in einem Zeitungsinterview. Ein Video, dass eben jene Jagden auf Ausländer zeige, stellt er in Frage. © dpa | Kay Nietfeld
Anfang September wird bekannt, dass am 27. August das jüdische Restaurant „Shalom“ in Chemnitz angegriffen wurde.
Anfang September wird bekannt, dass am 27. August das jüdische Restaurant „Shalom“ in Chemnitz angegriffen wurde. © dpa | Hendrik Schmidt
Gut drei Wochen nach der tödlichen Messerattacke kommt einer der beiden inhaftierten Tatverdächtigen auf freien Fuß. Das verkündet sein Anwalt Ulrich Dost-Roxin.
Gut drei Wochen nach der tödlichen Messerattacke kommt einer der beiden inhaftierten Tatverdächtigen auf freien Fuß. Das verkündet sein Anwalt Ulrich Dost-Roxin. © dpa | Hendrik Schmidt
Die SPD fordert nach den Äußerungen Maaßens personelle Konsequenzen. Der Verfassungsschutzchef müsse seinen Posten räumen.
Die SPD fordert nach den Äußerungen Maaßens personelle Konsequenzen. Der Verfassungsschutzchef müsse seinen Posten räumen. © Getty Images | Michele Tantussi
Krisentreffen im Kanzleramt: Am 18. September entscheidet die Koalitionsspitze über die Zukunft von Hans-Georg Maaßen.
Krisentreffen im Kanzleramt: Am 18. September entscheidet die Koalitionsspitze über die Zukunft von Hans-Georg Maaßen. © dpa | Kay Nietfeld
Maaßen muss seine Sachen packen. Der Verfassungsschutzpräsident wird nach seinen umstrittenen Äußerungen zu den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz abgelöst. Doch statt Kündigung erwartet Maaßen der Wechsel ins Bundesinnenministerium als Staatssekretär. Eine Lösung, die bei der Opposition, aber auch in Teilen der SPD scharfe Kritik auslöst.
Maaßen muss seine Sachen packen. Der Verfassungsschutzpräsident wird nach seinen umstrittenen Äußerungen zu den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz abgelöst. Doch statt Kündigung erwartet Maaßen der Wechsel ins Bundesinnenministerium als Staatssekretär. Eine Lösung, die bei der Opposition, aber auch in Teilen der SPD scharfe Kritik auslöst. © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Bernd von Jutrczenka
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Maaßen wollte nicht sagen, dass das Video manipuliert oder gefälscht sei, sondern dass es dubiosen Ursprungs und unglaubwürdig sei. „Man kann schon festhalten“, hält Seehofer ihm vor den Abgeordneten vor, „dass Ihnen diesmal die Botschaften nicht ganz ideal gelungen sind“. Ein leiser Tadel.

Rückblickend sagt Seehofer, „man kann sich über das Interview ärgern, aber es handelte sich nicht um ein Dienstvergehen“. Er beteuert, „ich würde heute gegenüber Herrn Maaßen exakt genauso handeln, weil es zur Fürsorgepflicht eines Dienstvorgesetzten gehört“. Er stelle sich immer vor seine Mitarbeiter, außer es handele sich um eine Straftat oder um ein Dienstvergehen. „Hier lag kein Dienstvergehen vor.“

Kontakt zu Rechtspopulisten misstrauisch beobachtet

Das Vertrauen der SPD gewinnt Maaßen nicht. Für die Sozialdemokraten wird es zum emotionalen K.-o.-Punkt, einen Mann abzuräumen, dem sich der Innenminister und CSU-Chef verbunden fühlt, eigentlich eine brutale Aktion. Gewöhnlich mischt man sich in die Personalhoheit eines Ministers nicht ein.

Der Fall entwickelt im Laufe des Septembers „eine gewaltige Wucht“, die Seehofer „bis heute nicht versteht“. Wohl und Wehe der Nation scheinen von der Personalie abzuhängen. Die Fallhöhe ist nur im Rückblick verständlich: Seehofer hatte im Frühsommer die Koalition wegen der Flüchtlingspolitik an den Rand des Koalitionsbruchs gebracht, dabei die SPD und die CDU-Kanzlerin gegen sich aufgebracht.

Die Karriere von Hans-Georg Maaßen

Hans-Georg Maaßen wird nicht Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz bleiben. Nachdem er im August 2018 ohne Beweise Zweifel daran geäußert hatte, dass ein Video aus Chemnitz eine Hetzjagd gegen Ausländer zeigt, stand er in der Kritik.
Hans-Georg Maaßen wird nicht Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz bleiben. Nachdem er im August 2018 ohne Beweise Zweifel daran geäußert hatte, dass ein Video aus Chemnitz eine Hetzjagd gegen Ausländer zeigt, stand er in der Kritik. © REUTERS | Axel Schmidt
Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte sich in der Folge vor Maaßen gestellt und wollte ihn eigentlich im Amt belassen. Als klar wurde, dass das weder die Kanzlerin noch Koalitionspartner SPD wollten, berief Seehofer Maaßen zunächst als Staatssekretär ins Innenministerium. Nach massiver Kritik an der Beförderung wurde das jedoch neu verhandelt. Zunächst hieß es, Maaßen werde Sonderberater – ohne Gehaltserhöhung.
Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte sich in der Folge vor Maaßen gestellt und wollte ihn eigentlich im Amt belassen. Als klar wurde, dass das weder die Kanzlerin noch Koalitionspartner SPD wollten, berief Seehofer Maaßen zunächst als Staatssekretär ins Innenministerium. Nach massiver Kritik an der Beförderung wurde das jedoch neu verhandelt. Zunächst hieß es, Maaßen werde Sonderberater – ohne Gehaltserhöhung. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Zuletzt vermeldeten mehrere Medien allerdings, dass ihm doch eine Entlassung droht. Der Grund: eine Rede, die er gehalten haben soll. In Umlauf ist die Rede gekommen, weil sie im Intranet des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) gestanden hat. In dem nun bekannt gewordenen Papier verteidige Maaßen auch seine Zweifel an „Hetzjagden“ am Rande einer rechtsextremen Demonstration in Chemnitz , berichtet die dpa.
Zuletzt vermeldeten mehrere Medien allerdings, dass ihm doch eine Entlassung droht. Der Grund: eine Rede, die er gehalten haben soll. In Umlauf ist die Rede gekommen, weil sie im Intranet des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) gestanden hat. In dem nun bekannt gewordenen Papier verteidige Maaßen auch seine Zweifel an „Hetzjagden“ am Rande einer rechtsextremen Demonstration in Chemnitz , berichtet die dpa. © dpa | Federico Gambarini
Maaßen, von 2012 bis 2018 oberster Verfassungsschützer der Republik, hatte nach den Ausschreitungen in Chemnitz gezeigt, ihm lägen „keine belastbaren Informationen“ vor, dass in der Stadt Hetzjagden auf Ausländer stattgefunden hätten. Vielmehr sprächen „gute Gründe“ dafür, dass es sich bei einem entsprechenden Video „um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“.
Maaßen, von 2012 bis 2018 oberster Verfassungsschützer der Republik, hatte nach den Ausschreitungen in Chemnitz gezeigt, ihm lägen „keine belastbaren Informationen“ vor, dass in der Stadt Hetzjagden auf Ausländer stattgefunden hätten. Vielmehr sprächen „gute Gründe“ dafür, dass es sich bei einem entsprechenden Video „um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“. © dpa | Ralf Hirschberger
In Chemnitz war am 26. August ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen worden. Tatverdächtig sind drei Asylbewerber aus Syrien und dem Irak. Nach der Tat gab es fremdenfeindliche Ausschreitungen, bei denen es auch zu Gewalttaten von Rechtsextremisten kam.
In Chemnitz war am 26. August ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen worden. Tatverdächtig sind drei Asylbewerber aus Syrien und dem Irak. Nach der Tat gab es fremdenfeindliche Ausschreitungen, bei denen es auch zu Gewalttaten von Rechtsextremisten kam. © dpa | Andreas Seidel
In einem Bericht an das Innenministerium hatte Maaßen seine ersten Äußerungen zu fremdenfeindlichen Vorfällen in Chemnitz mit Sorge vor einer Desinformationskampagne begründet. Maaßen erhob darin schwere Vorwürfe gegen einen Twitter-Nutzer, der sich „Antifa Zeckenbiss“ nennt. Es sei davon auszugehen, dass dieser ein veröffentlichtes Video vorsätzlich mit der falschen Überschrift „Menschenjagd in Chemnitz“ versehen habe, „um eine bestimmte Wirkung zu erzielen“, schrieb der damalige BfV-Präsident.
In einem Bericht an das Innenministerium hatte Maaßen seine ersten Äußerungen zu fremdenfeindlichen Vorfällen in Chemnitz mit Sorge vor einer Desinformationskampagne begründet. Maaßen erhob darin schwere Vorwürfe gegen einen Twitter-Nutzer, der sich „Antifa Zeckenbiss“ nennt. Es sei davon auszugehen, dass dieser ein veröffentlichtes Video vorsätzlich mit der falschen Überschrift „Menschenjagd in Chemnitz“ versehen habe, „um eine bestimmte Wirkung zu erzielen“, schrieb der damalige BfV-Präsident. © dpa | Wolfgang Kumm
Als Maaßen Präsident des deutschen Inlandsgeheimdienstes mit seinen rund 2700 Mitarbeitern wurde, steckte das Amt in der wahrscheinlich tiefsten Krise seiner Geschichte. Hauptgrund war die Vernichtung von Akten mit Bezug zu den Ermittlungen in der rechtsextremen NSU-Mordserie.
Als Maaßen Präsident des deutschen Inlandsgeheimdienstes mit seinen rund 2700 Mitarbeitern wurde, steckte das Amt in der wahrscheinlich tiefsten Krise seiner Geschichte. Hauptgrund war die Vernichtung von Akten mit Bezug zu den Ermittlungen in der rechtsextremen NSU-Mordserie. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Maaßen erhielt den Auftrag, in der Behörde aufzuräumen, möglichst gründlich und diskret. Seit seinem Amtsantritt bemühte sich Maaßen, das Bundesamt technologisch aufzurüsten.
Maaßen erhielt den Auftrag, in der Behörde aufzuräumen, möglichst gründlich und diskret. Seit seinem Amtsantritt bemühte sich Maaßen, das Bundesamt technologisch aufzurüsten. © dpa | Kay Nietfeld
Wie er das machte, imponierte vielen Innenpolitikern. Doch an der Persönlichkeit des Verfassungsschutzpräsidenten schieden sich die Geister.
Wie er das machte, imponierte vielen Innenpolitikern. Doch an der Persönlichkeit des Verfassungsschutzpräsidenten schieden sich die Geister. © dpa | Kay Nietfeld
Zurückhaltung ist nicht die herausragendste Eigenschaft, die Hans-Georg Maaßen zugeschrieben wird. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise gehörte der Verfassungsschutzchef zu denen, die mehr oder weniger öffentlich Kritik an der Migrationspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übten. Das kam im Kanzleramt gar nicht gut an – der Rheinländer soll damals gemahnt worden sei, sich zurückzuhalten. Laut einem Bericht der „Welt“ soll Merkel bereits vor dem Koalitionstreffen entschieden haben, dass Maaßen seinen Posten räumen muss.
Zurückhaltung ist nicht die herausragendste Eigenschaft, die Hans-Georg Maaßen zugeschrieben wird. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise gehörte der Verfassungsschutzchef zu denen, die mehr oder weniger öffentlich Kritik an der Migrationspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übten. Das kam im Kanzleramt gar nicht gut an – der Rheinländer soll damals gemahnt worden sei, sich zurückzuhalten. Laut einem Bericht der „Welt“ soll Merkel bereits vor dem Koalitionstreffen entschieden haben, dass Maaßen seinen Posten räumen muss. © dpa | Oliver Berg
Nachdem mit CSU-Chef Horst Seehofer im März der lauteste Kritiker der Kanzlerin beim Migrationsthema Innenminister und damit sein direkter Dienstherr geworden war, dürfte sich Maaßen gut aufgehoben gefühlt haben.
Nachdem mit CSU-Chef Horst Seehofer im März der lauteste Kritiker der Kanzlerin beim Migrationsthema Innenminister und damit sein direkter Dienstherr geworden war, dürfte sich Maaßen gut aufgehoben gefühlt haben. © dpa | Kay Nietfeld
Maaßen stammt aus Mönchengladbach in Nordrhein-Westfalen. Studiert hat er in Köln und Bonn. Ab 1991 arbeitete er in verschiedenen Abteilungen für das Bundesinnenministerium.
Maaßen stammt aus Mönchengladbach in Nordrhein-Westfalen. Studiert hat er in Köln und Bonn. Ab 1991 arbeitete er in verschiedenen Abteilungen für das Bundesinnenministerium. © dpa | Michael Kappeler
In seinen ersten Dienstjahren beschäftigte er sich vor allem mit Ausländer- und Zuwanderungsrecht. 2008 wurde er Leiter des Stabes Terrorismusbekämpfung.
In seinen ersten Dienstjahren beschäftigte er sich vor allem mit Ausländer- und Zuwanderungsrecht. 2008 wurde er Leiter des Stabes Terrorismusbekämpfung. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Maaßen war vor seinem Wechsel an die Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz für die Öffentlichkeit eher ein unbeschriebenes Blatt.
Maaßen war vor seinem Wechsel an die Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz für die Öffentlichkeit eher ein unbeschriebenes Blatt. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Vielen Abgeordneten in Berlin war Maaßen allerdings bekannt. 2007 sagte er vor dem BND-Untersuchungsausschuss aus. Das Gremium hatte unter anderem zu klären, ob die Bundesregierung mitverantwortlich dafür war, dass der in Deutschland geborene Türke Murat Kurnaz jahrelang unschuldig im US-Gefangenenlager Guantánamo einsaß.
Vielen Abgeordneten in Berlin war Maaßen allerdings bekannt. 2007 sagte er vor dem BND-Untersuchungsausschuss aus. Das Gremium hatte unter anderem zu klären, ob die Bundesregierung mitverantwortlich dafür war, dass der in Deutschland geborene Türke Murat Kurnaz jahrelang unschuldig im US-Gefangenenlager Guantánamo einsaß. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Für Irritationen hatte zuletzt auch gesorgt, dass Maaßens Bundesamt für Verfassungsschutz sich mit dem späteren Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri in den Monaten vor dem Anschlag in Berlin weitaus intensiver befasst hatte als bisher bekannt. Auch gibt es Zweifel in der SPD an Maaßens Haltung zur AfD.
Für Irritationen hatte zuletzt auch gesorgt, dass Maaßens Bundesamt für Verfassungsschutz sich mit dem späteren Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri in den Monaten vor dem Anschlag in Berlin weitaus intensiver befasst hatte als bisher bekannt. Auch gibt es Zweifel in der SPD an Maaßens Haltung zur AfD. © dpa | Wolfgang Kumm
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Maaßen machte sich zur gleichen Zeit in linken Kreisen suspekt, weil er einen strengeren Umgang seiner Behörde mit der AfD verhinderte. Seit Monaten wird über seine Kontakte zu den Rechtspopulisten misstrauisch öffentlich Buch geführt. Läuft gegen ihn eine Kampagne? Sein Interview ist der Beißreflex des Waidwunden.

Die Stimmung in einer Schaltkonferenz der SPD-Führung ist eindeutig. Die Sozialdemokraten wollen beide in die Schranken weisen, Maaßen wie Seehofer. Nahles kocht innerlich, auch weil der Innenminister nicht zum ersten Mal Differenzen lieber mit Scholz als mit ihr bespricht, obwohl sie die Partei- und Fraktionschefin ist.

Versetzung wird diskutiert

Merkel wiederum ist es nicht verborgen geblieben ist, dass Maaßen ein Kritiker ihrer Flüchtlingspolitik ist. Alte Geschichten, offene Rechnungen, unterdrückter Groll – viele Aufgeregtheiten kommen zusammen und erklären die Krawalltage.

Im September müssen SPD, CDU und CSU über drei Runden gehen, um die Querelen beizulegen. Ein Spitzengespräch am 13. September im Kanzleramt endet unversöhnlich. Merkel ist irritiert.

„So wichtig wie die Position des Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes auch ist, so klar ist auch, dass die Koalition an der Frage des Präsidenten einer nachgeordneten Behörde nicht zerbrechen wird“, bemerkt sie anderntags am Rand eines Besuchs in Litauens Hauptstadt Vilnius.

Seehofer schickt Maaßen in einstweiligen Ruhestand

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    Als Nahles fünf Tage später zum nächsten Treffen erscheint, hat sie mit Merkel telefonisch verabredet, der Behördenchef müsse zumindest versetzt werden. Sie betritt den Raum im Kanzleramt und bemerkt an den leer getrunkenen Tassen, dass Seehofer und Merkel schon länger zusammensitzen. Haben sie Absprachen getroffen?

    „Ich hatte drei Möglichkeiten eingebracht: andere Behörde, Berater, Staatssekretär“, erinnert sich Seehofer und fährt fort, „die ersten beiden Vorschläge sind damals abgelehnt worden“.

    Koalitionsbruch verhindern

    Ein Neuanfang als Präsident des Bundeskriminalamts (BKA) scheitert an Nahles. Die SPD-Chefin schützt den bisherigen Amtsinhaber Holger Münch. Maaßen als Staatssekretär erträgt sie schon eher. Gedanklich hakt sie zwei Punkte auf der To-do-Liste der SPD ab: Koalitionsbruch verhindert, Maaßens Ablösung erzwungen.

    Die SPD-Chefin wird sich selbst vorwerfen, dass sie nicht um eine Auszeit gebeten hat, um der Blase der Verhandlungssituation zu entfliehen. Denn nun reflektiert sie zu wenig darüber, wie die Aktion auch aussehen kann, ja muss: Der Behördenchef wird nicht geschasst, sondern befördert, und sogar noch mit einem um rund 2.500 Euro höheren Gehalt belohnt. Das finanzielle Argument erscheint allen drei Parteichefs als das geringste Problem.

    "Ein Kompromiss": Nahles verteidigt ihr Verhalten in der Causa Maaßen

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      Merkel lässt das Ergebnis der Einigung schriftlich aufsetzen und nimmt im Vorzimmer Bürochefin Beate Baumann und Regierungssprecher Seibert beiseite. Was sie davon hielten? Schwer vermittelbar. Lob wird man dafür nicht bekommen, ahnt die Runde.

      Der Innenminister kann bis heute nicht den Eindruck teilen, dass Maaßen für ein Fehlverhalten befördert werden sollte: „Dieser Schluss ist aus meiner Auffassung total falsch, weil Herr Maaßen keinen Fehler gemacht hat.“

      Ein Beraterposten für Maaßen

      Das Echo auf den Deal ist verheerend. Nahles ist schockiert. Sie hat von ihrer Partei Verständnis erwartet. Wenige Tage später tritt sie die Flucht nach vorn an. In einem Brief an Merkel und Seehofer sowie am Rande eines Wahlkampfauftritts in Würzburg erklärt sie, dass sich alle geirrt hätten.

      Ein neuer Anlauf. Am 23. September einigt man sich darauf, Maaßen einen Beraterposten anzubieten – zu unveränderten Bezügen. Einen Tag später räumt Merkel Fehler ein. Sie habe nicht bedacht, „was die Menschen zu Recht bewegt. Wir waren zu sehr mit uns selbst beschäftigt.“ Das bedauere sie sehr. So etwas hat man von ihr selten gehört.

      Die Kanzlerin in der Defensive: Angela Merkel (CDU) erklärt am 21. September, dass es im Fall Maaßen zu einer Neubewertung kommen muss.
      Die Kanzlerin in der Defensive: Angela Merkel (CDU) erklärt am 21. September, dass es im Fall Maaßen zu einer Neubewertung kommen muss. © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Lino Mirgeler

      Hat Seehofer Fehler gemacht? „Nein.“ Er behauptet, die Beraterlösung hätte man früher haben können und sei an der SPD gescheitert. Nahles bestreitet das. „Insgesamt hat es allen geschadet, es war völlig unnötig und ein Beispiel dafür, wie die Politik sich selbst in Misskredit bringt“, analysiert der CSU-Chef, „der Auslöser war die SPD“.

      Maaßen fühlt sich zu Unrecht in die rechte Ecke geschoben

      Der Mann, dem die Affäre ihren Namen verdankt, landet auf der Google-Personensuche des Jahres auf Platz vier – vor ihm Daniel Küblböck, Meghan Markle und Jan Ulrich –, politisch ist er nur noch eine Stimme aus dem Off. Maaßen stellt ungläubig fest, es sei das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik gewesen, „dass ein hochrangiger Beamter eine derartige Diskussion über seine Person erfahren hat“.

      Vor allem fühlt er sich zu Unrecht in die rechte Ecke geschoben, herabgewürdigt. Im Innenausschuss sieht er sich genötigt zu offenbaren, dass er seit 30 Jahren in der CDU sei. Nichts da mit der AfD. Dem „Spiegel“ verrät er, dass er aus einer antifaschistisch geprägten Familie komme, Onkel von der Gestapo verfolgt, Großvater von den Nazis misshandelt. Maaßen ist nicht der einzige Verlierer.

      Merkel gibt im Dezember ihren Parteivorsitz auf, Seehofer hört im Januar 2019 als CSU-Chef auf, Nahles ist angeschlagen. Jeder von ihnen muss sich vorgekommen sein wie im falschen Film.