Berlin. In Mali ist 2017 ein Hubschrauber der Bundeswehr abgestürzt. Nun steht fest, warum zwei Piloten der Bundeswehr dort sterben mussten.

Der Absturz eines Kampfhubschraubers des Typs Tiger in Mali am 26. Juli 2017, bei dem zwei Soldaten ums Leben kamen, hätte vermieden werden können. Er geht nach der Analyse der Bundeswehr nicht auf eine technische Panne oder auf menschliches Versagen der Piloten, sondern auf einen Wartungsfehler beim Hersteller Airbus zurück. Das ergibt sich aus dem 95-seitigen Abschlussbericht.

Der als geheime Verschlusssache eingestufte Unfallbericht wurde am Dienstag dem Verteidigungsausschuss des Bundestages vorgelegt. Die Bundeswehr geht von einem Einzelfall aus. Die restliche Tiger-Flotte wurde untersucht und gilt als sicher.

Die Angehörigen wurden vor dem Parlament informiert

Die Untersuchungen des sogenannten Generals Flugsicherheit wurden von Peter Clement geführt. Er war es auch, der die Angehörigen der beiden verunglückten Piloten informierte – und zwar vor dem Parlament und vor der Öffentlichkeit.

Clement legte nur einen Untersuchungsbericht vor. Das Gutachten ist aber die Grundlage für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Kempten gegen drei Mechaniker wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Über die Schuldfrage entscheidet ein Gericht. Denkbar ist zumindest zivilrechtlich eine außergerichtliche Einigung. Dem Vernehmen nach verhält sich der Hersteller „entgegenkommend“. Airbus hatte bereits bei der Untersuchung kooperiert, war aber nicht an der Bewertung der Ergebnisse beteiligt.

Bei einer Reparatur am Heimatstandort der Heeresflieger im hessischen Fritzlar war die Flugsteuerung der Unglücksmaschine falsch justiert worden – von drei Airbus-Technikern, die ihre „vorgegebene Ausbildung noch nicht abgeschlossen“ hatten. Sie verfügten laut Bericht nicht „über die erforderliche Qualifikation zur Durchführung bzw. der Abnahme der Einstellarbeiten an der Hauptrotor-Steuerung.“

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Die Flugsteuerung überträgt die Bewegungen des Steuerknüppels auf die Rotoren. Die falsche Einstellung führte in der Folge dazu, dass der Helikopter mit zwei Piloten bei 250 Kilometern pro Stunde in einer Höhe von 550 Metern abrupt nach vorne kippte und binnen drei Sekunden mit fast 333 Kilometern pro Stunde Richtung Boden raste.

Die Maschine war auf einem Flug zu einem Einsatz für die UNO-Mission Minusma im afrikanischen Land unterwegs. Die Piloten sollten Gefechte mit Aufständischen nahe der Ortschaft Tabankort rund 150 Kilometer nördlich von Gao beobachten. Der Absturz ereignete sich aber schon nach etwa 70 Kilometern Flug gegen 12.20 Uhr Ortszeit, lange bevor die Rotte von zwei Helikoptern das Gebiet erreicht hatte.

Crew konnte Absturz des Tigers nicht verhindern

Die Crew der Absturzmaschine war machtlos. Sie flog per Autopilot, die Piloten hatten deshalb nicht die Hände am Steuerknüppel. Als der Hubschrauber abkippte, konnten die Piloten die Maschine nicht schnell genug stabilisieren. Zum einen erhöhte sich der Druck auf den Hauptrotor so stark, dass er binnen Sekunden zerrissen wurde. Zum anderen wirkten so massive Beschleunigungskräfte auch auf die Piloten ein, dass sie vermutlich handlungsunfähig waren.

Trotz der fehlerhaften Einstellung hatte der Tiger zuvor sowohl in Deutschland als auch in Mali unbeanstandet an die 150 Flugstunden absolviert. Vor jedem einzelnen Flug testen die Piloten zwar die Gängigkeit der Flugsteuerung. Aber wenn sich wie im konkreten Fall die Grundeinstellungen verschoben haben, fällt dies dem Vernehmen nach kaum auf.

Die Bundeswehr hatte Verdacht geschöpft

Gleich nach dem Unglück hatte die Bundeswehr die Benutzung des Autopiloten für alle Tiger-Kampfhubschrauber eingeschränkt, konkret: Vorgaben für Höhe und Tempo gemacht. Auch der Hersteller gab damals eine Warnmeldung heraus. Die Piloten sollten laut Airbus auch beim automatisierten Flug künftig beide Hände am Steuer behalten, um jederzeit reagieren zu können.

Die Techniker der Bundeswehr hatten nicht nur die Papiere des später verunglückten Helikopters überprüft, sondern auch eigene Messungen durchgeführt. Sie hatten Verdacht geschöpft und Fragen gestellt. Letztlich beugten sie sich aber der Expertise des Herstellers, der alle Bedenken ausräumte. Am Ende wurde das letzte „rote Kreuz“ gestrichen, wie es im Fachjargon heißt: Der Hubschrauber wurde für den Verkehr freigegeben. Mit fatalen Folgen.