Berlin. Mit kluger Zurückhaltung hat Kramp-Karrenbauer die Wahl zur CDU-Chefin gewonnen. Mit ihr wird es keinen disruptiven Wechsel geben.

Was haben Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela Merkel gemeinsam? Sie wurden beide gewaltig unterschätzt. Vor 18 Jahren rechneten wenige in der CDU damit, dass sich die ostdeutsche Protestantin lange an der Parteispitze würde halten können. Diesmal hat „AKK“ alle überrascht. Auch mit einer spielentscheidenden Rede, die kämpferisch und persönlich zugleich war.

Sie hat sich gegen Friedrich Merz durchgesetzt. Gegen das politische Alphatier aus den alten CDU-Zeiten, dem in Regionalkonferenzen und Leitmedien die Herzen nur so zuflogen. Er hat es nicht geschafft. Ausgerechnet ihm, dem rhetorischen Talent, fehlte im wichtigsten Moment die Kraft zur ganz großen Rede.

Annegret Kramp-Karrenbauer ging volles Risiko

Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich mit kluger Zurückhaltung und beharrlicher Sacharbeit im Merkel-Style durchgesetzt. Sie ging volles Risiko, als sie für die Parteikarriere das Amt der Ministerpräsidentin niederlegte. Ihr Mut wurde jetzt belohnt.

Dabei wird die 56-Jährige mit der Wahl zur CDU-Chefin noch nicht einmal auf dem Höhepunkt ihrer Karriere sein. Sie hat jetzt beste Chancen, die zweite Kanzlerin in der Geschichte der Bundesrepublik zu werden. Im Parteivorsitz liegt die Macht.

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Wer jetzt noch Kanzlerkandidat der Union werden will, geht mit Handicap als Seiteneinsteiger ins Rennen. Die neue Vorsitzende wird die nächste Zeit nutzen, um ihre Truppen zu sortieren. Und Annegret Kramp-Karrenbauer hat bei Angela Merkel gelernt, wie man eine Machbastion ausbaut und sichert.

Mit AKK wird es keinen disruptiven Politikwechsel geben

Was heißt die Wahl Kramp-Karrenbauers für die Partei? Mit der neuen Vorsitzenden haben die Delegierten deutlich auf „weiter so“ gesetzt. Es wird mit Annegret Kramp-Karrenbauer keinen disruptiven Politikwechsel in der CDU geben.

Angela Merkels Kurs der Mitte wird weiter gelten. Wahrscheinlich mit mehr Betonung des „C“ durch eine Vorsitzende, die sonntags nur selten einen Gottesdienst verpasst. Diese Kontinuität mögen die Merz-Fans bedauern, aber niemand darf vergessen: Dieser Kurs hat der CDU vier Mal in Folge den Weg ins Kanzleramt geebnet. Und er hat die SPD bis zur Unkenntlichkeit geschrumpft. Mit dem hässlichen Nebeneffekt, das rechts der Union eine politische Kraft gewachsen ist.

Angst vor der „Black Box“ Friedrich Merz

Offensichtlich hatte die Mehrheit der Delegierten Angst vor der „Black Box“ Friedrich Merz. Wie hart hätte er die Partei reformiert? Was hätte eine harte Abkehr vom bisherigen Kurs für die kleinen und großen Funktionäre bedeutet? Für Posten und Pöstchen, um die es in Parteien auch immer geht.

Vielleicht fehlte auch Zutrauen, dass Merz sich nach langer Abstinenz wieder einfügen kann, in Politik und Parteiapparat. In den Jahren seines politischen Exils ist viel passiert. Vielleicht zu viel, um Probleme mit dem Politikstil der 90er zu lösen.

Das sind die CDU-Vorsitzenden seit 1946

Konrad Adenauer gehörte zu den Begründern der CDU. Der aus Köln stammende Jurist war von 1950 bis 1966 CDU-Bundesvorsitzender. Seit 1946 war er bereits Vorsitzender der CDU in der britischen Besatzungszone. Von 1949 bis 1963 war Adenauer der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Von Konrad Adenauer bis Angela Merkel: Seit 1946 standen sechs Männer und eine Frau an der Spitze der CDU. Hier stellen wir sie vor.
Konrad Adenauer gehörte zu den Begründern der CDU. Der aus Köln stammende Jurist war von 1950 bis 1966 CDU-Bundesvorsitzender. Seit 1946 war er bereits Vorsitzender der CDU in der britischen Besatzungszone. Von 1949 bis 1963 war Adenauer der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Von Konrad Adenauer bis Angela Merkel: Seit 1946 standen sechs Männer und eine Frau an der Spitze der CDU. Hier stellen wir sie vor. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Ludwig Erhard, Vater des „deutschen Wirtschaftswunders“ und zweiter Bundeskanzler (1963 bis 1966), hatte den CDU-Vorsitz von 1966 bis 1967 inne.
Ludwig Erhard, Vater des „deutschen Wirtschaftswunders“ und zweiter Bundeskanzler (1963 bis 1966), hatte den CDU-Vorsitz von 1966 bis 1967 inne. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Kurt Georg Kiesinger, dritter Bundeskanzler (1966 bis 1969), war von 1967 bis 1971 CDU-Chef. Schon 1933, im Jahr von Hitlers Machtübernahme, war Kiesinger in die NSDAP eingetreten. Das wurde ihm in den 1960er-Jahren vor allem von der „Außerparlamentarischen Opposition“ immer wieder vorgehalten.
Kurt Georg Kiesinger, dritter Bundeskanzler (1966 bis 1969), war von 1967 bis 1971 CDU-Chef. Schon 1933, im Jahr von Hitlers Machtübernahme, war Kiesinger in die NSDAP eingetreten. Das wurde ihm in den 1960er-Jahren vor allem von der „Außerparlamentarischen Opposition“ immer wieder vorgehalten. © imago/United Archives International | Personalities
Rainer Candidus Barzel war von 1971 bis 1973 CDU-Parteivorsitzender.
Rainer Candidus Barzel war von 1971 bis 1973 CDU-Parteivorsitzender. © imago | SVEN SIMON
Helmut Kohl war von 1973 bis 1998 CDU-Parteivorsitzender.
Helmut Kohl war von 1973 bis 1998 CDU-Parteivorsitzender. © imago/WEREK | imago stock&people
Kohl führte von 1982 bis 1998 als sechster Bundeskanzler der BRD eine CDU/CSU/FDP-Koalition und ist damit der Kanzler mit der längsten Amtszeit.
Kohl führte von 1982 bis 1998 als sechster Bundeskanzler der BRD eine CDU/CSU/FDP-Koalition und ist damit der Kanzler mit der längsten Amtszeit. © imago/imagebroker | imago stock&people
Wolfgang Schäuble, aktueller Bundestagspräsident, war von 1998 bis 2000 CDU-Parteivorsitzender.
Wolfgang Schäuble, aktueller Bundestagspräsident, war von 1998 bis 2000 CDU-Parteivorsitzender. © imago/ZUMA Press | Emmanuele Contini
Angela Merkel ist seit dem Jahr 2000 CDU-Vorsitzende. Seit 22. November 2005 ist die studierte Physikerin Bundeskanzlerin.
Angela Merkel ist seit dem Jahr 2000 CDU-Vorsitzende. Seit 22. November 2005 ist die studierte Physikerin Bundeskanzlerin. © Getty Images | Carsten Koall
Annegret Kramp-Karrenbauer war vom 7. Dezember 2018 bis Januar 2021 die Bundesvorsitzende der Partei.
Annegret Kramp-Karrenbauer war vom 7. Dezember 2018 bis Januar 2021 die Bundesvorsitzende der Partei. © dpa | Sebastian Gollnow
Der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet setzte sich Anfang 2021 gegen seine Konkurrenten Norbert Röttgen und Friedrich Merz durch. Er wurde CDU-Vorsitzender und trat als Spitzenkandidat im Bundestagwahlkampf 2021 an. Die Union verlor die Wahl. Laschet zog als einfacher Abgeordneter in den Bundestag ein und machte den Weg frei für eine neue CDU-Spitze.
Der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet setzte sich Anfang 2021 gegen seine Konkurrenten Norbert Röttgen und Friedrich Merz durch. Er wurde CDU-Vorsitzender und trat als Spitzenkandidat im Bundestagwahlkampf 2021 an. Die Union verlor die Wahl. Laschet zog als einfacher Abgeordneter in den Bundestag ein und machte den Weg frei für eine neue CDU-Spitze. © dpa | Bernd Weißbrod
Friedrich Merz folgt auf Armin Laschet. Der Sauerländer (*11. November 1955 in Brilon) ist seit dem 31. Januar 2022 Bundesvorsitzender der CDU. Seit 2021 sitzt Merz auch für die Partei im Bundestag.
Friedrich Merz folgt auf Armin Laschet. Der Sauerländer (*11. November 1955 in Brilon) ist seit dem 31. Januar 2022 Bundesvorsitzender der CDU. Seit 2021 sitzt Merz auch für die Partei im Bundestag. © dpa
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Auf die neue Vorsitzende kommt nach der Party jetzt gewaltig Arbeit zu. Sie muss auch die Merz-Fans von sich überzeugen, damit aus dem urdemokratischen Akt nicht ein Rohrkrepierer wird und sich dauerhaft Lager in der Partei bilden.

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Wolfgang Schäubles Festlegung auf Friedrich Merz hat diese Aufgabe nicht leichter gemacht. Auch auf die jungen Anhänger von Jens Spahn wird Annegret Kramp-Karrenbauer zugehen müssen. Besonders seine Generation stellt Zukunftsfragen, die endlich beantwortet werden müssen. Zur wirtschaftlichen Entwicklung, zur Umwelt, der weltweiten Sicherheit und zur Digitalisierung, die alle Bürger immer stärker betrifft. Denn eines steht fest: Die Welt wird sich in den kommenden Jahren schneller und fundamentaler verändern als die CDU in Hamburg.