Brüssel. Russland entwickelt ein neues Raketensystem und verstößt gegen den Abrüstungsvertrag. Die Nato will das nicht auf sich beruhen lassen.

Die Nato verschärft im Streit um den INF-Abrüstungsvertrag für atomare Mittelstreckenraketen den Ton gegenüber Russland. Wenn Moskau nicht rasch einlenke und seinen Vertragsverstoß beende, werde das Bündnis angemessen und entschlossen reagieren, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor einer am Dienstag beginnenden Außenminister-Tagung der Organisation.

Die USA und die Nato werfen Russland vor, mit der Entwicklung und Stationierung eines neuen Raketensystems gegen den INF-Abrüstungsvertrags zu verstoßen. Die Mittelstreckenraketen vom Typ SSC-8 könnten mit Atomwaffen bestückt Berlin und andere europäische Städte erreichen, warnte Stoltenberg.

Aufrüstung mit Mittelstreckenraketen kaum durchsetzbar

Zwar werde nicht daran gedacht, den russischen Vertragsverstoß mit gleichen Maßnahmen nach der Devise „Rakete um Rakete“ zu beantworten, sagte der Generalsekretär. Doch werde die Nato klarmachen, dass sie die Fähigkeit zur wirksamen Abschreckung besitze.

Nach Informationen unserer Redaktion wird im Bündnis darüber beraten, als Antwort auf das russische Vorgehen zusätzliche Raketen für konventionelle Waffen auf Nato-Gebiet zu stationieren – eine Aufrüstung mit atomaren Mittelstreckenraketen gilt dagegen als kaum durchsetzbar.

Aufbau neuer Raketenabwehrstellungen in Polen

US-Präsident Donald Trump hat bereits angekündigt, er wolle das 1987 vereinbarte Abrüstungsabkommen wegen der russischen Vertragsverletzung kündigen. Die Minister werden dem Vernehmen nach eine Erklärung beschließen, in der Russland ein klarer Vertragsbruch vorgeworfen wird.

In Nato-Kreisen hieß es, zwar habe Trump mit seinen Kündigungsplänen die Mitgliedstaaten überrascht, inhaltlich sei das Vorgehen aber nachvollziehbar.

Das von den US-Bündnispartnern vorgelegte Material, das auch auf Geheimdiensterkenntnissen beruhe, sei eindeutig. Zugleich wird im Nato-Hauptquartier der russische Vorwurf zurückgewiesen, mit dem Aufbau neuer Raketenabwehrstellungen in Polen und Rumänien hätten die USA ihrerseits gegen den INF-Vertrag verstoßen.