Düsseldorf. Friedrich Merz und Jens Spahn haben sich am Dienstag bei der NRW-CDU vorgestellt. Zum Favoriten macht sich dadurch keiner von beiden.

Wie sich Basisarbeit anfühlt, spürt Friedrich Merz am Dienstagabend schneller als ihm lieb sein kann. Der Mann, dessen Millionen-Vermögen, Zigarren-Vorliebe und Privatjets zuletzt die Klatschspalten füllten, steht auf knarzenden Dielen an einem Stehtisch, der zur Feier des Tages mit einer Party-Decke überzogen ist. Der kleine Saal mit Stuck und Flügeltür ist hoffnungslos überfüllt und gehört zum „Heinrich-Köppler-Haus“, einem Ableger der Landeszentrale der NRW-CDU. Heinrich Köppler war einmal Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag.

Merz mahlt konzentriert mit dem Kiefer. Er ist gekommen, um sich den Gremien der NRW-CDU vorzustellen. Natürlich kennen alle den Sauerländer mit Bierdeckel-Steuer und deutscher Leitkultur, der nach 16 Jahren ohne politische Spitzenämter um das Partei-Erbe seiner einstigen Rivalin Angela Merkel konkurriert. Doch Ministerpräsident und Landeschef Armin Laschet hat ihn eingeladen, und auf die NRW-CDU, die beim Bundesparteitag am 7. Dezember ein Drittel der Delegierten stellen wird, kommt es an.

Einer seiner Hauptkonkurrenten, der ebenfalls dem konservativen Lager zugerechnete Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, hat den Vorteil, ohnehin Mitglied des Landesvorstands zu sein. Nun stehen beide wie zwei groß gewachsene Boxer links und rechts vom eher kleinen Ringrichter Laschet. Merz und Spahn sollen ein paar Sätze in die Mikrofone sagen. „Nach alphabetischer Reihenfolge“ legt Laschet fest. Es wird eine Abfolge versteckter Botschaften, denn eigentlich betet inzwischen jeder CDU-Funktionär die Losung vom belebenden, fairen, demokratischen Wettstreit herunter.

Merz will „Richtungsstreit in die Mitte holen“

Merz sagt, er fühle sich ermuntert von einer „überraschenden und überwältigenden Anzahl“ an Unterstützungsadressen, die er seit seiner Kandidatur für die Merkel-Nachfolge erhalten habe. Es ist ein kleiner Hinweis, dass sich der Hype gerade um ihn dreht und nicht um den Kollegen Spahn. Sein Versprechen: „Ich möchte, dass es uns gelingt, den politischen Richtungsstreit in Deutschland zurück in die Mitte zu holen.“ Klarer, als es Kabinettsmitglied Spahn oder die ebenfalls kandidierende Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer je könnte, geht er den Koalitionspartner an: „Ich vermute, dass die SPD vor einem scharfen Linksschwenk steht. Die ersten Anzeichen gibt es“, sagt Merz.

Spahn bemüht sich erkennbar, gegen den weltläufigen Merz nicht wie der ewige Merkel-Raufbold aus dem Münsterland zu wirken. Er verspricht mit Dauerlächeln „eine Debatte, die auch das andere Argument wertschätzt“. Jede Idee sei „ein Baustein für den Neustart der CDU“. Elegant lässt er fallen, dass er sich in der CDU hochgeackert hat, während Merz in der Privatwirtschaft viel Geld verdiente. Er sei das Angebot von jemandem, der in den vergangenen Jahren „viel mit der Partei gearbeitet“ habe. Dann lässt er noch seine Erfahrung mit Bezirks- und Kreisparteitagen fallen.

Merz weist rasch daraufhin, dass er 20 Jahre Abgeordneter gewesen sei, sich unglaublich auf seinen ersten Bundesparteitag nach langer Zeit freue und der CDU selbstverständlich auch nach einer verlorenen Vorsitzenden-Wahl weiter zur Verfügung stehen werde.

NRW-CDU gibt Delegierten keine Empfehlung

Es ist eine unglückliche Fügung, dass die Staatsanwaltschaft ausgerechnet am Dienstag Büroräume des US-Vermögensverwalters Blackrock durchsuchen lässt, weil sie dem Verdacht des systematischen Betrugs mit Kapitalertragsteuer-Erstattungen („Cum ex-Geschäften“) nachgeht. Merz ist seit 2016 deutscher Aufsichtsratschef der Firma. Der Vorwurf beziehe sich auf eine Zeit, als er noch nicht für Blackrock arbeitete. Merz gibt den Aufräumer: „Ich habe den Vorstand heute angewiesen, mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten und alle Dokumente auf den Tisch zu legen. Es wird hier alles aufgeklärt.“

Merz zu Blackrock: "Es wird hier alles aufgeklärt"

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    Merz oder Spahn? Die NRW-CDU will den Delegierten keine Empfehlung geben, welches Landeskind sie an die Parteispitze wählen sollen. Laschet, der inhaltlich der Saarländerin Kramp-Karrenbauer am nächsten steht, hütet sich ebenfalls vor einem öffentlichen Votum: Er schätze alle drei, „das ist keine Zerreißprobe meines Herzens“, versichert er.

    Spahn ist wichtig, dass deutlich wird, dass er politisch „kein eineiiger Zwilling“ von Merz sei. Der brummt da vernehmbar: „Auch kein zweieiiger.“