Berlin. Die Kohlekommission einigt sich auf eine Milliardenhilfe für Kohle-Regionen. Ob der Plan den Ausstieg komplett abfedert, ist fraglich.

Halle, Weißwasser, Großräschen, zuletzt Bergheim im Rheinland: Die Mitglieder der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung kennen die Regionen, über deren Zukunft sie entscheiden. Sie haben sie alle in den vergangenen Monaten besucht.

Die Kohlekommission, wie sie umgangssprachlich heißt, soll einen Weg finden heraus aus dem Kohlestrom – und das bis Ende des Jahres. Jetzt gibt es einen Vorschlag, wie dieser Weg aussehen könnte: Ein Zwischenbericht, den die Kommission am Donnerstag einstimmig beschlossen hat, zeigt eine Reihe von Maßnahmen auf, die den Strukturwandel in den betroffenen Regionen sozial verträglich gestalten und die größten Erschütterungen ausgleichen sollen.

Handynetz und Bahnverbindungen sollen besser werden

Vermieden werden soll auf jeden Fall, dass die Menschen in den Regionen sich abgehängt fühlen – im übertragenen Sinne, aber auch konkret. Deshalb soll laut einem Entwurf des Berichts unter anderem die Anbindung an große Städte gefördert werden: Berlin und Dresden für die Lausitz, Leipzig für das mitteldeutsche Revier. Dazu gehören enger getaktete Fahrpläne und der Ausbau von bestehenden Schienenverbindungen, zum Beispiel zwischen Berlin, Cottbus und Görlitz. Außerdem soll, wenn es nach der Kommission geht, die Autobahn 13 ausgebaut werden.

Auch beim Mobilfunk könnten die Reviere profitieren: Im Entwurf schlägt die Kommission vor, die Lausitz und das rheinische Revier zu Modellregionen für den nächsten Mobilfunkstandard, 5G, zu machen. Auf dem Lausitzring, so ein Gedanke, könnte mit schnellerem Internet die Entwicklung von neuen Verkehrskonzepten wie dem autonomen Fahren einen Schub bekommen. Für das rheinische Revier ist ein Testzentrum für 5G-Anwendungen im Gespräch.

Auch der Staat selbst soll sich in den betroffenen Gebieten mehr engagieren. So wird im Berichtsentwurf vorgeschlagen, Neugründungen und Erweiterungen von Behörden, wenn möglich, in den Kohle-Revieren vorzunehmen. Außerdem könnten bestehende Ämter verlegt werden: Kandidaten dafür wären etwa das Bundesamt für Information und Sicherheit (BSI), das bislang in Bonn sitzt, oder das Bundesverwaltungsamt, derzeit in Köln. Nicht zuletzt soll Geld fließen: 1,5 Milliarden will die Kommission bis 2021 als Sofortprogramm in die Reviere leiten.

Kohlewirtschaft beschäftigt Zehntausende

Die vier Kommissionsvorsitzenden lobten nach der Einigung am Donnerstag die Zusammenarbeit: Die „kons­truktive Diskussion“ habe gezeigt, „dass alle Mitglieder der Kommission die ihnen übertragene Verantwortung gegenüber den Menschen in den Kohleregionen sehr ernst nehmen“.

Ob die Maßnahmen der Kommission den Bruch komplett abfedern können, ist allerdings fraglich – die Zahl der Arbeitnehmer, deren Jobs an dem fossilen Energieträger hängen, ist hoch. Rund 20.000 Menschen arbeiten nach Angaben der Kommission in Deutschland noch direkt in der Kohlewirtschaft. Insgesamt geht das Gremium von 60.000 Arbeitsplätzen aus, die mittelbar an der Braunkohle hängen.

Was im Zwischenbericht noch nicht enthalten ist, ist ein Datum für den beschlossenen Ausstieg aus der Kohle: Festgelegt war, dass zuerst über Strukturhilfen für die betroffenen Regionen gesprochen wird. Bis zum Ende des Jahres soll ein Ausstiegsdatum feststehen – wenn möglich, vor dem nächsten Weltklimagipfel in Polen im Dezember. (mit dpa)