Luxemburg. Unser Medienhaus hat im Streit um die Afghanistan-Papiere Rückendeckung erhalten. Das Dokument sei nicht urheberrechtlich geschützt.

Im Streit um die Veröffentlichung von vertraulichen Bundeswehr-Dokumenten zum Einsatz in Afghanistan bekommt die Funke Mediengruppe, zu der auch diese Redaktion gehört, jetzt Rückendeckung vom Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs.

Für die militärischen Lageberichte gelte kein Urheberrechtsschutz, erklärte Generalanwalt Maciej Szpunar in seinem am Donnerstag veröffentlichten Schlussantrag. Die Beschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung, die sich aus dem Schutz der fraglichen Dokumente durch das Urheberrecht ergeben würde, seien in einer demokratischen Gesellschaft nicht nur nicht erforderlich, sondern wäre für sie auch „äußerst schädlich“.

Öffentlichkeit sollte Krieg in Afghanistan besser nachvollziehen

In dem Streit geht es um eine aufsehenerregende Veröffentlichung des WAZ-Internetportals von November 2013. Dabei waren tausende als Verschlusssache gestempelte Dokumente zum Bundeswehr-Einsatz am Hindukusch online gestellt worden.

Die eigentlich „nur für den Dienstgebrauch“ vorgesehene Unterrichtungen des Bundestags durch das Verteidigungsministerium aus den Jahren 2005 bis 2012 sollten der Öffentlichkeit den Kriegsverlauf in Afghanistan besser nachvollziehbar machen.

Unterlagen waren Redaktion zugespielt worden

Einen Antrag auf Zugang zu den Dokumenten hatte das Verteidigungsministerium wenige Monate zuvor abgelehnt, doch waren der Redaktion die Unterlagen später zugespielt worden. Das Verteidigungsministerium ging gegen die Veröffentlichung der Afghanistan-Papiere vor.

Im August 2015 nahm die Funke Mediengruppe nach Androhung einer Zwangsvollstreckung die Dokumente offline. Das Verteidigungsministerium klagte auf Unterlassung, weil die Funke Mediengruppe das Urheberrecht an den Dokumenten verletzt habe. Der Rechtsstreit ging durch mehrere Instanzen, am Ende legte der Bundesgerichtshof die Frage dem Europäischen Gerichtshof vor.

Generalanwalt findet deutliche Worte

Wie das oberste EU-Gericht entscheidet, ist noch offen – doch in der Mehrzahl der Fälle folgen die Richter dem Schlussantrag des Generalanwalts. Der fand in diesem Fall deutliche Worte: Die Lageberichte als reine Informationsdokumente zu Ereignissen erfüllten nicht die Anforderungen an ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk – und zudem „wäre ihr Schutz „eine ungerechtfertigte Beschränkung der freien Meinungsäußerung“.

Der Staat könne zwar über zivilrechtliches Eigentum einschließlich geistigen Eigentums verfügen, doch könne er sich nicht auf das Grundrecht am Eigentum berufen, um ein anderes Grundrecht wie die freie Meinungsäußerung zu beschränken. Er werde nämlich durch die Grundrechte nicht begünstigt, sondern verpflichtet.

Medienfreiheit ermöglicht Kontrolle der Staatsgewalt durch Bürger

Das einzige Ziel, das die Bundesrepublik mit ihrer Klage verfolge, sei der Schutz der Vertraulichkeit bestimmter als sensibel eingestufter Informationen, die daher in der öffentlichen Fassung der militärischen Lageberichte nicht veröffentlicht worden seien. Dies habe aber überhaupt nichts mit den Zielen des Urheberrechts zu tun.

„Das Urheberrecht wird hier somit für die Verfolgung von Zielen instrumentalisiert, die ihm völlig fremd sind“, so Generalanwalt Szpunar. Und: Eine der wichtigsten Funktionen der freien Meinungsäußerung und ihres Bestandteils, der Freiheit der Medien, bestehe in der Kontrolle der Staatsgewalt durch die Bürger, die für jede demokratische Gesellschaft unerlässlich sei.

Diese Kontrolle könne unter anderem durch die Verbreitung bestimmter Informationen oder Dokumente ausgeübt werden, deren Inhalt oder Existenz (oder Nicht-Existenz) die Staatsgewalt verschleiern wolle.