Berlin. Im Fall Maaßen wirkt die Regierung abgehoben. Echte Probleme kann sie nun beim Dieselgipfel lösen und sich selbst einen Gefallen tun.

An diesem Sonntag könnte der Bundesregierung eine wichtige Entscheidung gelingen, auf die Millionen Deutsche warten. Und die nicht so abgehoben wirkt wie die Debatte über die Zukunft von Bundesverfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, sondern direkt und unmittelbar Vorteile für die Menschen hat: bessere Luft zum Beispiel. Auch könnte die Regierung Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, die ihr in den vergangenen Wochen enorm verloren gegangen ist.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfängt im Kanzleramt nicht nur Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), sondern auch die Vorstandsvorsitzenden der deutschen Autohersteller. Es geht darum, wie mehrere Millionen Diesel-Fahrzeuge in Deutschland sauberer werden können. Es geht darum, wer dafür bezahlen soll. Und es geht darum, dass die Eigentümer der Fahrzeuge auch künftig freie Fahrt in deutschen Städten genießen. Denn das ist nicht garantiert.

Verkehrsminister Scheuer wirkt als Bremser

Nach mehreren Gerichtsurteilen müssen Fahrer von Dieselautos, die den Normen Euro 4 und Euro 5 entsprechen, damit rechnen, aus vielen Großstädten ausgesperrt zu werden. Das Problem ist der Bundesregierung seit Langem bekannt, bisher gilt aber auch hier, wie bei vielen anderen Dingen: Es gibt keine klare Linie. Die Politik wirkt, als wolle sie das Thema aussitzen. Leidtragende sind die Dieselfahrer und jene , die die schlechte Luft einatmen müssen.

Vor allem Verkehrsminister Scheuer wirkt – wie sein Vorgänger Alexander Dobrindt (CSU) ­– eher als Bremser bei dem Thema. Scheuer setzt auf Software-Updates, die die Motoren zwar sauberer machen, deren Effekt aber nicht ausreicht, um die Fahrverbote zu verhindern. Und er ist damit recht allein. Hardware-Nachrüstungen, wie sie Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) fordert, sind deutlich effektiver, allerdings auch teurer.

Auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hat bereits angedeutet, eher für Hardware-Nachrüstungen zu sein. Man kann davon ausgehen, dass das auch die Linie der Kanzlerin ist.

Schulze: Automobilindustrie muss die Hardware-Nachrüstung von Dieselfahrzeugen finanzieren

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    Warum soll Autoindustrie wieder profitieren?

    Scheuers letzter Vorschlag war, die Autoindustrie solle den Dieselbesitzern höhere Rabatte für neue Fahrzeuge gewähren. Grundsätzlich ist das ein guter Vorschlag, weil so die dreckigen Fahrzeuge von den Straßen kommen und durch saubere und technisch bessere ersetzt werden. Aber wer kann sich ein Neufahrzeug leisten, wenn er gerade vor fünf Jahren ein Auto gekauft hat? Und warum soll der Dieselfahrer gleich noch einmal dafür zahlen, dass die Autoindustrie bei den Motoren versagt hat, die die Stickoxid-Grenzwerte überschreiten?

    Das stellt das Verursacherprinzip auf den Kopf. Schließlich haben die Autohersteller Motoren entwickelt, die nur im Testbetrieb den gesetzlichen Vorgaben entsprachen – und kräftig mit der vermeintlich sauberen Technik geworben. Die Hersteller haben in den vergangenen Jahren kräftig Gewinne eingefahren, es wäre nur fair, wenn sie das Geld dazu verwendeten, Fehler der Vergangenheit auszumerzen. Schließlich haben sie üppig verdient, als sie noch das Image der Saubermänner hatten.

    Weil sich niemand gern freiwillig von seinem Geld trennt, muss die Bundesregierung die Industrie zwingen. An diesem Sonntag haben Kanzlerin Merkel und Verkehrsminister Scheuer die Chance dazu. Sie können zeigen, dass die Regierung handlungsfähig ist, die Bürger im Blick hat und in der Dieselfrage – wenn auch nach langem Herumeiern – klar entscheiden kann – zum Wohl der Bevölkerung.