Eklat im Bundestag: Alexander Gauland warf der Regierung vor, rechtextreme Taten aufzubauschen. Später verließ die AfD den Saal.

Eine Rede von AfD-Chef Alexander Gauland im Bundestag hat für einen Eklat im Parlament gesorgt. Gauland hatte zur Eröffnung der Generaldebatte erklärt, die Zuwanderung sei der Grund dafür, dass „der innere Frieden“ in Deutschland in Gefahr gerate.

Gauland warf der Regierung vor, sie würde rechtsextreme Taten aufbauschen und Gewalt durch Migranten herunterspielen. Zudem warf Gauland Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, sie benutze DDR-Vokabular.

Merkel habe im Zusammenhang mit den Demonstrationen in Chemnitz von „Zusammenrotten“ gesprochen. Dies sei „der Duktus eines totalitären Staates“ so Gauland, da „sollten die Alarmglocken bei uns läuten“. Gauland weiter: „Die Wahrheit ist: Es hat in Chemnitz keine Menschenjagden gegeben.“

Den anderen Parteien im Bundestag warf Gauland vor, sich gegen die AfD zu stellen: „Sie versuchen, die Opposition zu kriminalisieren, indem sie eine Art Volksfront gegen die AfD aufbauen.“

„Sie gehören auf den Misthaufen der Geschichte“

Martin Schulz (SPD) während seiner Replik auf Gauland.
Martin Schulz (SPD) während seiner Replik auf Gauland. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE

Gaulands Rede wurde immer wieder von Zwischenrufen aus den anderen Fraktionen begleitet. Der ehemalige SPD-Chef Martin Schulz warf Gauland in einer emotionalen Replik vor, er benutze „ein Stilmittel des Faschismus“, in dem er die gesamte Politik auf ein Problem reduziere, nämlich auf die Migration. „Wir haben eine ähnliche Argumentation in diesem Haus schon mal gehört“, so Schulz, „es ist Zeit, dass sich die Demokratie gegen diese Leute wehrt.“ Gauland gehöre „auf den Misthaufen der deutschen Geschichte“. Die SPD-Abgeordneten spendeten Schulz darauf stehend Beifall.

Merkel: Keine Entschuldigung für Hetze

Kanzlerin Merkel verurteilte in ihrer Rede Versuche der Legitimierung rechtsextremer Ausschreitungen bei Demonstrationen der vergangenen Wochen. „Es gibt keine Entschuldigung und Begründung für Hetze, zum Teil Anwendung von Gewalt, Nazi-Parolen, Anfeindung von Menschen, die anders aussehen, die ein jüdisches Restaurant besitzen, Angriffe auf Polizisten“, sagte die Kanzlerin.

Es dürfe bei der Achtung der Menschenwürde keinen Rabatt geben, „für niemanden“, sagte Merkel. „Deshalb führen Legitimierungen in die Irre.“ Merkel erklärte, eine begriffliche Auseinandersetzung, ob die Ereignisse in Chemnitz „Hetze“ oder eine „Hetzjagd“ gewesen seien, führe nicht weiter. Merkel: „Es gelten bei uns Regeln, und diese Regeln können nicht durch Emotionen ersetzt werden. Das ist das Wesen des Rechtsstaats.“

„Wir werden nicht zulassen, dass klammheimlich ganze Gruppen in unserer Gesellschaft ausgegrenzt werden“, sagte Merkel. „Juden, Muslime gehören genauso wie Christen und Atheisten zu unserer Gesellschaft, in unsere Schulen, in unsere Parteien, in unser gesellschaftliches Leben“, betonte sie. Die Frage, ob darüber Konsens besteht, „die entscheidet über unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt“, mahnte sie.

Merkel kritisiert Nein der SPD zu Syrien-Einsatz

Angela Merkel während ihrer Rede.
Angela Merkel während ihrer Rede. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE

Die Kanzlerin kritisierte in ihrer Rede scharf die kategorische Absage des Koalitionspartners SPD an ein mögliches Eingreifen der Bundeswehr in den Syrien-Krieg. „Einfach zu behaupten, wir könnten wegsehen, wenn irgendwo Chemiewaffen eingesetzt werden und eine internationale Konvention nicht eingehalten wird, das kann auch nicht die Antwort sein“, sagte Merkel.

Alle Antworten der Bundesregierung in dieser Frage würden auf Basis des Grundgesetzes und im Rahmen der parlamentarischen Verpflichtungen gegeben. „Aber von vornherein einfach Nein zu sagen, egal was auf der Welt passiert, das kann nicht die deutsche Haltung sein.“ Während CDU und CSU dies stark beklatschten, herrschte bei der SPD Schweigen, SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles schaute demonstrativ auf ihr Handy.

Nahles: SPD trüge gewaltsames Eingreifen in Syrien nicht mit

Nahles bekräftigte in der Debatte am Mittwoch ihr Nein zu einer militärischen Beteiligung Deutschlands im Fall eines Vergeltungsschlages nach einem Giftgas-Einsatz in Syrien. „Das Völkerrecht kennt aus gutem Grund kein Recht auf militärische Vergeltung und schon gar nicht durch einen Staat oder durch eine irgendwie zusammengestellte Koalition“, sagte Nahles.

Nur die Vereinten Nationen könnten die internationale Gemeinschaft ermächtigen, auch militärisch zu handeln. „Solange dies nicht geschieht, können wir Sozialdemokraten keinem gewaltsamen Eingriff in Syrien zustimmen.“

Finanzminister Scholz plant Ausgaben von 357 Milliarden Euro

Bei der Generaldebatte im Bundestag geht es an diesem Mittwoch vor allem auch um Merkels Flüchtlingspolitik und die Sorgen vor zunehmendem Rechtsextremismus. Im Vergleich zu Debatten über Einzeletats, die von den jeweiligen Fachpolitikern bestritten werden, ergreifen in der Generalaussprache auch Merkel sowie die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen das Wort.

Nach Abschluss der ersten Lesung des Bundeshaushalts am Freitag werden die Ausgabenpläne im Haushaltsausschuss beraten und in der Regel noch etwas verändert. Bis Ende November soll der Bundestag das Zahlenwerk final beschließen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plant für 2019 wegen der Umsetzung zahlreicher Koalitionsvorhaben mit Ausgaben von 356,8 Milliarden Euro, rund 13 Milliarden Euro mehr als im laufenden Jahr. Er will aber erneut einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden („schwarze Null“) schaffen. (W.B./dpa/epd/rtr)