Berlin. Deniz Yücel saß über ein Jahr ohne Prozess der Türkei in Haft. Nun geht der Journalist vor Gericht gegen den türkischen Staat vor.

Der länger als ein Jahr in der Türkei inhaftierte „Welt“-Reporter Deniz Yücel verklagt die türkische Regierung auf 2,98 Millionen Lira Entschädigung (etwa 400.000 Euro). Die Summe setze sich zusammen aus Entschädigungen für Verdienstausfälle und Anwaltskosten sowie Schmerzensgeld wegen Freiheitsberaubung, sagte sein Anwalt Veysel Ok der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag.

Yücel hätte dafür, dass er als Journalist seine Arbeit tat, nicht einmal festgenommen werden dürfen. „Die Regierung und das Gericht müssen einen Preis zahlen für diese Ungerechtigkeit.“

Zunächst war von einer Haftentschädigung in Höhe von einer Million Lira (etwa 132.000 Euro) die Rede gewesen. Das hatte die Organisation Reporter ohne Grenzen am Mittwoch auf Twitter mitgeteilt.

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Yücels Anwalt Ok sagte, habe er bereits Klage eingereicht. In der Klageschrift, die der dpa vorliegt, heißt es unter anderem, Yücel sei unter „unmenschlichen Bedingungen“ festgehalten worden.

Yücel droht Verurteilung zu bis zu 18 Jahren Haft

Am 16. Februar war Yücel aus der U-Haft freigelassen worden und durfte ausreisen. Im Gefängnis Silivri bei Istanbul saß er seit Februar 2017 ohne Anklageschrift in Einzelhaft. Gleichzeitig mit seiner Entlassung aus dem Gefängnis wurde Anklage erhoben; das Verfahren, das am 28. Juni begann, geht weiter. Der Vorwurf lautet unter anderem „Propaganda für eine Terrororganisation“. Ihm drohen bis zu 18 Jahre Haft.

Die erste Anhörung in Yücels Klage gegen die Türkei – die Klage richtet sich an das Schatzamt – erwartet Anwalt Ok für den 25. September. Man wolle auch einen Präzedenzfall setzen für andere Journalisten, „die illegal ohne ordentliche Beweise“ festgehalten worden seien. Er kündigte an, dass Yücel und er sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden würden, sollten sie in der Türkei keine Entschädigung erhalten.

Die Inhaftierung von Yücel und weiteren Deutschen aus „politischen Gründen“ hatte im vergangenen Jahr zu einer schweren Krise zwischen Berlin und Ankara geführt. (dpa/jkali/ac)