Berlin. Erstmals nach seiner Entlassung aus türkischer Haft hat sich Deniz Yücel ausführlich geäußert. Er fand lobende Worte für Angela Merkel.

Wut? Im Gefängnis sei er ein letztes Mal wütend gewesen, sagt Deniz Yücel: „Aber als ich vor das Gefängnistor trat, war das vorbei. Damit ist nichts vergessen und schon gar nicht vergeben. Aber meine Wut habe ich im Gefängnis gelassen.“

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. Der deutsch-türkische Journalist, der Mitte Februar nach gut einem Jahr aus türkischer Haft entlassen worden war, gab erstmals seit seiner Freilassung ein ausführliches Interview. Es erschien am Sonntag in den Zeitungen „Welt“ und „taz“. Yücel betont darin, für ihn gehöre es dazu, „sich nicht fertig machen zu lassen: nicht verbittert rauszukommen“.

Ohne Anklage in der Haft

Zur Frage, ob er wieder in die Türkei zurückkehren werde, wollte sich der Journalist nicht äußern. Als er im Frühjahr 2015 seien Korrespondentenjob in der Türkei antrat, habe er gewusst, worauf er sich einlasse. „Wenn man als Journalist in diesem Land lebt und seine Sache halbwegs ordentlich macht, lebt man gefährlich“, sagte Yücel.

Deniz Yücel hatte mehr als ein Jahr ohne Anklage in der Nähe von Istanbul in Untersuchungshaft gesessen. Ihm werden „Propaganda für eine Terrororganisation“ und „Aufstachelung des Volkes zu Hass und Feindseligkeit“ vorgeworfen. Dafür drohen ihm bis zu 18 Jahre Haft.

„Bundesregierung stand an meiner Seite“

Gleichzeitig verfügte ein Istanbuler Gericht Mitte Februar Yücels Haftentlassung. Das Verfahren gegen den Journalisten läuft weiter, ein erster Prozesstermin ist den Angaben zufolge im Juni angesetzt.

Yücel lobte in dem Interview

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. „Ich glaube, die Bundesregierung war sehr in Sorge und hat sich nach Kräften um meine Freilassung bemüht. Wir hatten manchmal Differenzen. Aber die Bundesregierung stand sowohl politisch an meiner Seite als auch juristisch, also im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte“, so Yücel.

„Heiratsantrag in den Knast geschickt“

Zur Frage,

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, sagte Yücel, dass er die Türkei-Politik der Bundesregierung „nicht im Lichte meiner Geschichte bewerten“ wolle. Er erinnerte aber daran, dass er im Gefängnis stets betont habe, er stehe für „schmutzige Deals“ nicht zur Verfügung. „Aber ich wusste auch, dass es zur Natur einer Geiselnahme gehört, dass der Geiselnehmer seine Geisel freilässt, wenn er meint, eine Gegenleistung bekommen zu haben“, so der Journalist.

In dem Interview gibt Yücel auch ausführlich Auskunft über sein privates Befinden. Es gehe ihm sehr gut, betonte er: „Zum einen, weil ich das große Glück hatte, dass meine Frau Dilek immer an meiner Seite stand, mir den Heiratsantrag in den Knast geschickt und alles für mich getan hat, das gerade nötig war – Angela Merkel treffen, Socken in den Knast bringen, was auch immer.“

Zudem seien seine Anwälte, die „FreeDeniz“-Solidarität, seine Zeitung „Welt“, die „taz“, zahlreiche andere Journalisten, die Mahnwachen in seiner Heimatstadt Flörsheim, Autokorsos, Lesungen, Solidaritätsanzeigen, Preise und Briefe für ihn eine große Stütze gewesen. (dpa/epd)