So hat sich Angela Merkel beim Bürgerdialog zurückgemeldet
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Von Kerstin Münstermann
Jena. Angela Merkel hat am Dienstag in Jena mit Bürgern über Europa diskutiert. Nun stellt sich die Kanzlerin auf schwierige Wochen ein.
Wo sie die vergangenen Wochen genau verbracht hat, das will Angela Merkel auch beim ersten großen Auftritt nach der Sommerpause nicht verraten. Kur, Pflege der Mutter oder ein neues Urlaubsziel? Die Öffentlichkeit erfährt es nicht. Stattdessen will die erholt aussehende Regierungschefin wissen, was Bürger über Europa denken. „Bürgerdialog“ nennt sich das. Ein netter Termin im thüringischen Jena, nachdem es in den Wochen vor der dreiwöchigen Pause für die CDU-Chefin wenig zu lachen gab.
Noch vor sechs Wochen musste Merkel um ihr Amt bangen. Der erbitterte Streit mit der Schwesterpartei CSU und Bundesinnenminister Horst Seehofer über die richtige Flüchtlingspolitik hatte die große Koalition an den Rand ihrer Existenz gebracht.
Nun trifft die 64-Jährige am Dienstag das erste Mal nach dieser Krise auf Menschen, deren Beruf nicht die Politik ist. Merkel wird zunächst gefragt, was sie denn mit Europa verbinde: als Politikerin „lange Verhandlungsnächte“, als Bürgerin die Reisefreiheit und ein „großes Sicherheitsgefühl“.
Merkel verteidigt Flüchtlingsabkommen mit der Türkei
Den rund 60 Menschen brennt vieles auf der Seele, der Ton in der Diskussion ist aber stets ein sachlicher: „Europa hat ein Kommunikationsproblem, ich weiß gar nicht, was in Brüssel oder Straßburg passiert“, sagt einer. Ein angehender Landwirt beklagt die Agrarpolitik der EU, eine junge Frau beschwert sich, dass man gemeinsam zu wenig gegen die Umweltverschmutzung tue.
Die Migration kommt schnell auf den Tisch. Warum man nicht gezielt vor Ort helfe, statt viele ins Land zu lassen? Sie wolle, dass diejenigen, die nach Deutschland wollten, ob als Flüchtlinge oder Fachkräfte, auf legalem Wege kommen könnten und sich nicht Schleppern und Schleusern anvertrauen, sagt die CDU-Chefin. Und macht gleichzeitig klar, dass man nicht alle aufnehmen könne.
Auch verteidigt sie erneut das Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei. „Das ist ein Geben und Nehmen“, sagt sie auf die Bemerkung einer Teilnehmerin, dass man die Türkei dafür bezahle, dass weniger Flüchtlinge nach Europa kämen.
Merkel wird beim Thema Brexit sehr deutlich
Der Veranstaltungsort, die Imaginata, ist nach dem Geschmack der Naturwissenschaftlerin Merkel. Das ehemalige Umspannwerk Jena-Nord ist ein wissenschaftliches Erfahrungszentrum geworden. Zwischen Chaos-Pendeln und Prismabrillen fühlt sich die Physikerin Merkel sichtlich wohl.
Beim Thema Brexit wird Merkel sehr deutlich. Großbritannien dürfe nach einem EU-Austritt nicht zu viele Vorteile haben. „Denn wenn rauskommt: Du kannst austreten, hast alle Vorteile – das wäre auch keine gute Werbung für die EU“, erklärt sie.
Interessant ist, dass die Regierungskrise, der strategische Kampf zwischen CDU und CSU bei den Menschen keine Rolle mehr spielt. Dennoch wird der Herbst für Merkel heikel. Der Streit mit der CSU ist nur mühsam gelöst, die Weltlage unter dem US-Präsidenten Donald Trump weiter heikel, schon am Wochenende kommt mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ein Gast zu Merkel, der für den Westen eine große Herausforderung darstellt.
Merkel: „Europa ist ein Schatz, den man hüten muss“
Die kurzfristig aufgeflammte parteiinterne Diskussion, wie die CDU sich künftig das Regieren in einem Sechs-Parteien-System vorstellt, hat Merkel zwar am Montag mit einem „Basta!“ erledigt. Doch die Äußerung des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU), im Osten der Republik notfalls auch mit der Linken zu reden, war ein Hinweis darauf, welche Diskussionen der Partei noch bevorstehen.
Das ist Bundeskanzlerin Angela Merkel
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Kurz vor Schluss macht Heike Rode, Angestellte er Stadtverwaltung aus Stadtroda, es der Kanzlerin nicht leicht: „Es fehlt der deutschen Politik dabei, die Vision und die Leidenschaft für europäische Politik rüberzubringen“. Vom Verstand her sei sie beim Pragmatismus der Kanzlerin, ihr Herz aber schlage für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Das versteht Merkel nicht so ganz. Sie habe doch jetzt so viel erklärt. Wer bei der CDU-Chefin Leidenschaft für Europa will, der muss tatsächlich auf die Nebensätze in vielen technischen Erklärungen hören. Für die, die den Zweiten Weltkrieg noch erlebt haben, sei Europa der Garant für Frieden: „Europa ist ein Schatz, den man hüten muss.“
Doch es ist nicht nur die fehlende Leidenschaft, Merkels Gespräch über Europa überdeckt die anstehenden Probleme kaum. In Umfragen dümpelt die CDU rund um die 30 Prozent, wenn die Landtagswahl für die Schwesterpartei CSU in Bayern im Herbst ein Desaster wird, ist neuer Streit programmiert. Die Migrationsfrage ist in Europa nach wie vor ungelöst. „Wann kommt der große Wurf?“ Diese Frage bleibt am Dienstag unbeantwortet.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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