Berlin. Die Privatversicherung ist nicht das Hauptproblem für Wartezeiten beim Arzt. Die Niederlassung auf dem Land muss besser geplant werden.

Fast jeder kennt die Geschichten von Arztterminen, die erst im nächsten Monat oder sogar erst im nächsten Quartal zu bekommen sind. Das alles gibt es, es ist ärgerlich, es muss und darf in einem Land wie dem unseren nicht sein. Nur: Was hilft wirklich dagegen?

Es ist wohl eines der schwersten Gesetzesvorhaben – und eines der größten politischen Versprechen –, die sich Gesundheitsminister Jens Spahn da gleich zu Anfang seiner Amtszeit vorgenommen hat. Denn die Ursachen für die Wartezeiten auf Termine beim Arzt sind vielfältig. Entsprechend gibt es nicht die eine Lösung, die alle Pro­bleme auf einmal erledigt. Ein emotional aufgeladenes Thema ist es noch dazu. Wer krank ist und Schmerzen hat, will möglichst schnell Hilfe und eben nicht erst lange warten.

Mehr Honorar für privat versicherten Patienten

Ganz grundsätzlich hat Deutschland nach wie vor eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Es ist ja auch eines der teuersten. Wer lebensbedrohlich erkrankt ist, muss gar nicht warten. Wer akute Probleme hat, sieht auch in vollen Praxen schnell einen Arzt. Und wer planbare Untersuchungen oder Eingriffe braucht, bei dem kommt es, wenn man ehrlich ist, in der Regel auf eine Woche länger warten auch nicht an.

Die klassische Erklärung, wonach man nur die privaten Krankenversicherungen abschaffen müsste, greift zu kurz. Sicher: Ärzte können für die privat versicherten Patienten oft noch immer mehr Honorar abrechnen. In vielen Arztpraxen subventionieren die Privateinnahmen auch die Behandlung der Kassenpatienten.

Wenige Privatpatienten in ländlichen Regionen

Aber erstens sitzt das Geld bei den Privaten auch nicht mehr ganz so locker. Und die Versorgung würde zweitens nicht automatisch besser, wenn es keine privaten Krankenversicherungen mehr gäbe. Mehr Geld für Kassenpatienten würde sicher helfen, aber es würde pro Jahr auch mehrere Milliarden Euro an höheren Beiträgen kosten. Die große Koalition hat sich nicht getraut, diesen Streit ein für alle Mal auszufechten.

Dass die Existenz der Privatversicherung nicht der wichtigste Grund für die Wartezeiten ist, zeigt ein Blick in ländliche Regionen. Da leben wenige Privatpatienten, aber es kann trotzdem schwierig sein, bei Fachärzten einen Termin zu bekommen. Das liegt daran, dass es sie in vielen Regionen tatsächlich schlicht nicht gibt. Eine bessere Planung, wo sich welche Mediziner mit welcher Fachrichtung niederlassen, ist da nötig. Das ist kein ganz triviales Unterfangen, ein bisschen mehr politischer Druck wäre hier hilfreich.

Ausgeweitete Sprechstunden kommen Patienten entgegen

Allerdings kann auch die beste Planung nicht verhindern, dass sich immer weniger Ärzte in der eigenen Praxis niederlassen wollen und immer seltener auf dem Land. Und dass sich einzelne Fachärzte so spezialisieren, dass sie für die Grundversorgung nicht mehr zur Verfügung stehen. Das alles beeinflusst die Verfügbarkeit von Ärzten – und auch die Möglichkeit, sie zu sprechen. Schließlich sind da noch die Patienten, die immer häufiger gar nicht zum Termin erscheinen oder sich gleich bei zwei Ärzten doppelt anmelden. Eine bessere Lenkung würde hier helfen, aber bisher war die freie Arztwahl den Deutschen so viel wert, dass sie sich kaum lenken lassen wollten.

Die aktuellen Vorschläge der Krankenkassen, die Sprechstunden auszuweiten, kommt den veränderten Bedürfnissen der Patienten entgegen. Im ein oder anderen Fall mag das auch helfen, die Wartezeiten zu verkürzen. Den größten Erfolg dürfte es aber noch immer bringen, den Ärzten finanzielle oder andere Anreize zu bieten, sich besser in der Republik zu verteilen.