Brüssel. Trumps Zölle sind kein großes Problem für die EU. Dennoch muss Europa aufpassen, dass das Welthandelssystem nicht ins Wanken gerät.

US-Präsident Donald Trump hat Unberechenbarkeit zu seinem Markenzeichen erkoren, aber in dem von ihm angezettelten Zollstreit mit Europa ist sein Motiv so schlicht wie durchschaubar: Er riskiert den Handelskrieg mit seinem wichtigsten Partner, um vor den Kongresswahlen im November bei seinen Wählern Eindruck zu schinden als vermeintlicher Retter der amerikanischen Stahlindustrie.

Die Entscheidung, die Strafzölle auch auf Europa auszudehnen, war deshalb zu erwarten. Fast überraschender ist der hämische Begleitton, der in Washington angeschlagen wird – da ist viel Wut im Spiel, weil die Europäer nicht nach Trumps Pfeife tanzen.

Doch dieser hässliche Stil hat auch sein Gutes: Im Konflikt mit den USA sind die Reihen in Europa nun geschlossen. Gern wird die EU als zerstrittener, schwacher Haufen karikiert. Jetzt schicken sich ihre Anführer an, das Gegenteil zu beweisen: Europa ist auf diese Bewährungsprobe besser vorbereitet als vermutet. Trotz aller Interessenunterschiede und aller Spaltungsversuche wird es jetzt einig und entschlossen reagieren. Aus diesem Grund hat auch Berlin seine Paralleldiplomatie nicht auf die Spitze getrieben.

Europa muss auch bei weiteren Drohungen besonnen bleiben

Es war richtig, auf Dialog und Gesprächsangebote zu setzen, aber Erpressungsversuche der US-Regierung zurückzuweisen. Dass die EU nicht über Handelserleichterungen verhandelt, solange Trump ihr die Zoll-Pistole an den Kopf hält, wird weltweit mit Respekt verfolgt. Jetzt kommt es darauf an, bei aller Empörung besonnen zu bleiben.

Noch sind wir nicht im Handelskrieg: Die volkswirtschaftliche Belastung Europas durch die Stahlzölle ist gering – das gilt umgekehrt für den Plan, amerikanischen Whiskey oder Motorräder zur Vergeltung mit Strafzöllen zu belegen, was Symbolcharakter hat. Wichtig ist, dass die heimische Stahlindustrie wie geplant vor einer neuen Dumpingwelle geschützt wird.

Die eigentliche Herausforderung wird sein, eine weitere Eskalation zu verhindern. Dazu braucht es Gesprächsbereitschaft. Aber ebenso den Willen, sich von Trumps Drohung, demnächst auch Autoimporte aus Europa mit saftigen Zöllen zu verteuern, nicht einschüchtern zu lassen.

Merkel: EU wird "entschieden" auf US-Strafzölle antworten

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    Ein Handelskrieg kennt auf lange Sicht keine Gewinner

    Trumps Vorwurf unfairer Handelspraktiken ist in der Gesamtbetrachtung nicht haltbar. Selbstbewusst sollte die EU schon mal ihren Instrumentenkasten zur Anschauung öffnen – etwa die Möglichkeit, Firmengewinne amerikanischer Digitalkonzerne stärker zu besteuern. Hier, nicht beim klassischen Export, verdienen die USA ihr Geld, mit teils unfairen Methoden.

    US-Präsident Donald Trump.
    US-Präsident Donald Trump. © dpa | Kay Nietfeld

    Aber ob Trump überhaupt weiter an der Eskalationsschraube drehen könnte, ist unklar. Die Frage ist ja: Wie lange halten in den USA die Stahl verarbeitenden Branchen still, die jetzt höhere Kosten schultern, und wie lange die Verbraucher, die höhere Preise bezahlen müssen? Ein Handelskrieg – das wird auch in den USA bald spürbar – kennt auf längere Sicht keine Gewinner.

    Doch lauert hinter dem Streit eine größere Gefahr: Europas Sorge muss sein, dass die USA schrittweise dem regelgebundenen Welthandelssystem das Licht ausblasen könnten. Das Ende verlässlicher Handelsbeziehungen wäre nicht nur für exportstarke Nationen wie Deutschland eine echte Bedrohung. Es stünde auch ein Grundprinzip Europas zur Disposition: die Überzeugung, dass eine Weltordnung auf Regeln basieren sollte, auf einer Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen – mit der Stärke des Rechts, nicht dem Recht des Stärkeren.

    Europa muss jetzt entschlossen um diese Ordnung kämpfen, will es nicht zum Spielball anderer werden.