Berlin. Arbeitgeber kritisieren teurer werdende Sozialkassen. Union und SPD sind sich allerdings noch uneins über die Höhe der Belastungen.

Die Arbeitgeber lehnen die von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigte Beitragserhöhung in der Pflegeversicherung ab und üben scharfe Kritik an der großen Koalition. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) betrachtet eine solche Beitragserhöhung skeptisch. Spahn verteidigte seine Pläne am Freitag bei der Haushaltsdebatte im Bundestag.

„Die Beitragssätze können nicht immer weiter steigen“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, dieser Redaktion. Statt neuer Leistungsausweitungen sei ein Konzept für eine langfristige Finanzierbarkeit der Pflegeversicherung nötig, forderte Kampeter.

Auch die Pflegeversicherung müsse ihren Beitrag leisten, dass das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, die Sozialabgaben auf maximal 40 Prozent der Löhne und Gehälter zu begrenzen, eingehalten werden könne.

Auch Gewerkschaften sind unzufrieden

Vor dem Hintergrund der ebenfalls geplanten paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen übten die Arbeitgeber ganz grundsätzliche Kritik an der großen Koalition. Nach noch nicht einmal 100 Tagen Amtszeit der neuen Bundesregierung „haben wir die 100-prozentige Gewissheit, dass die deutsche Wirtschaft für diese große Koalition einen richtig hohen Preis zahlen dürfte“, kritisierte Kampeter.

In der Arbeitslosenversicherung werde es weniger Entlastung als möglich geben, in der Krankenversicherung eine einseitige Belastung für die Arbeitgeber. Wenn nun auch die Pflegebeiträge stiegen, „müssen alle Alarmglocken laut schrillen“, so Kampeter.

Auch die Gewerkschaften sind unzufrieden mit den drohenden zusätzlichen Belastungen der Arbeitnehmer. „Bevor jetzt Beiträge angehoben werden, sollte als Erstes eine Kostenschätzung sämtlicher Vorhaben in der Pflege inklusive Pflegepersonal auf den Tisch“, verlangte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Unterstützung der SPD ist Spahn sicher

Es sei klar, dass schnell bessere Leistungen und mehr Personal nötig seien. Dass Leistungen der Pflegeversicherung stärker in Anspruch genommen würden, zeige den großen Bedarf von immer mehr pflegebedürftigen Menschen. Man müsse aber die Kosten prüfen und „am besten gerecht im Rahmen einer Bürgerversicherung“ auf alle Beitragszahler umlegen. „Dazu zählt dann auch ein Ausgleich der privaten Pflegeversicherung“, forderte Buntenbach.

Gesundheitsminister Spahn selbst betonte bei der Haushaltsdebatte im Bundestag mit Blick auf die gestiegenen Ausgaben in der Pflegeversicherung: „Sozialaufbau kostet – auch in der Pflegeversicherung.“ Der Pflegebeitrag werde „spätestens ab dem nächsten Jahr“ erhöht werden müssen. Der Minister hatte bereits 0,2 Prozentpunkte angedeutet. Die Unterstützung der SPD ist ihm dabei sicher – anders als bei Spahns Plänen, die Geldreserven der Krankenkassen abzubauen. Hier haben die Sozialdemokraten Widerstand angekündigt.

Union will Arbeitslosenbeitrag noch stärker senken

Umstritten ist in der Koalition auch die Senkung des Arbeitslosenbeitrags. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wies die Forderungen der CSU und aus der CDU zurück, den Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent des Einkommens zu senken. Man brauche noch genügend Rücklagen für schwierigere Zeiten. Unions-Fraktionsvizechef Hermann Gröhe (CDU) entgegnete dem Minister, angesichts erwarteter Rücklagen der Bundesagentur für Arbeit von 20 Milliarden Euro „lohnt sich mehr Ehrgeiz“ für eine Senkung.