Berlin. Sechs Prozent der Kinder besuchen keine Kita. Ein staatlicher Zwang aber geht am Problem vorbei: Die Qualität muss verbessert werden.

Es ist ein üblicher politischer Reflex: Was als gut gilt, aber nicht von allen gut gefunden wird, muss staatlich verordnet werden. Bei der Anschnallpflicht war das sinnvoll. Auch bei einer Impfpflicht spricht vieles dafür. Bei einer Kita-Pflicht aber wird es schwierig.

Zwar ist es richtig, dass der Besuch einer Kita den Schulstart erleichtert. Der Reflex, nach einer Kita-Pflicht zu rufen, weil immer noch sechs Prozent der Kinder über drei Jahren nicht in die Kita gehen, ist deswegen verständlich. Doch eine Pflicht zum Kita-Besuch löst nicht mit einem Schlag alle Probleme.

Zehn Milliarden Euro würde eine Qualitätsoffensive kosten

Wer sämtliche Kinder in die Kita zwingen will, hat meistens jene Mädchen und Jungen im Blick, die zwar in Deutschland aufwachsen, aber bis zum Schuleintritt kaum ein Wort Deutsch sprechen. Oder auch jene, die ihre frühe Kindheit vor allem vor dem Fernseher verbracht haben und weder einen Stift halten noch über ein Seil springen können.

Doch diese Kinder gehen bereits heute oft in die Kita. Sie haben in überfüllten Gruppen mit Kindern aus mehrheitlich nichtdeutschen Familien und dauererschöpften Erziehern kaum Chancen, die Defizite aufzuholen.

Hier hilft keine staatliche Kita-Pflicht, sondern nur ein staatlicher Kraftakt für mehr Qualität. Rund zehn Milliarden Euro würde das kosten – schätzen Experten. Die Bundesregierung ist jedoch nur bereit, 3,5 Milliarden Euro auszugeben.

Manche Eltern schicken ihre Kinder bewusst nicht in eine Kita

Hinzu kommt: Wer eine Kita-Pflicht fordert, übersieht, was eine neue Studie belegt. In Deutschland gibt es Eltern, die ihre Kinder bewusst nicht in die öffentlichen Kitas schicken. Weil sie ein traditionelles Familienleben pflegen, weil sie frühkindliche Bildung lieber selbst organisieren.

Man muss das nicht teilen, aber man muss es ernst nehmen. Der reflexhafte Ruf nach Pflicht und Zwang ist populär. Populärer wäre es aber, erst mal dafür zu sorgen, dass sich der Besuch für die 94 Prozent, die jetzt schon hingehen, auch lohnt.