Washington. Mit seiner Verlängerung der Strafzölle-Schonfrist versucht US-Präsident Trump, Deutschland und Frankreich gegeneinander auszuspielen.

Beim ersten Mal waren es indiskutable sechs Wochen Schonfrist. Jetzt gewährt Donald Trump der Europäischen Union in den Verhandlungen mit den USA nur noch vier Wochen Bedenkzeit.

Steht bis 1. Juni keine Vereinbarung, die den protektionistischen Trieb des amerikanischen Präsidenten befriedigt, dann wird es endgültig ernst mit Zollaufschlägen für Stahl- und Aluminium-Produzenten aus der EU. Was den Startschuss zu einem Handelskrieg bedeuten kann. So jedenfalls lautet die Papierform der Last-Minute-Entscheidung, die Trump vom Stapel gelassen, während Europa in den Mai tanzte.

Trump setzt alle mit Ultimaten weiter unter Druck

Für die Regierungen des größten Handelspartners der Vereinigten Staaten ist die zugestandene Atempause ein schmerzhafter Tritt vors Schienbein. Sowohl Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und die federführende EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hatten klargestellt, dass man mit der willkürlich von Trump eingestellten Stoppuhr im Rücken nicht fair verhandeln kann.

Der Präsident hat den Wunsch ignoriert, die im Stil wie in der Sache kontraproduktiven Ultimaten zu unterlassen. Obwohl sie die ohnehin vorhandene Unsicherheit an den Märkten auch in den USA weiter vergrößern.

Trump muss vor den Zwischenwahlen seine Basis bei Laune halten

Mehr noch. In den inhaltlich bizarren präsidialen Erlassen des Weißen Hauses ist mit keiner Silbe erwähnt, dass man auf das Angebot der Europäer einzugehen bereit ist, das da lautet: Wir wollen abseits von Stahl und Aluminium ein breiter gezogenes Industrie-Zollabkommen mit euch erzielen, eine Art TTIP light.

Dem innenpolitisch motiviert nach schnell verwertbaren Lösungen suchenden Trump, der seine Kernwähler sechs Monate vor den Zwischenwahlen im Kongress bei Laune halten muss, dauert das zu lange.

Was er will, ist klar: Demonstrieren, dass man mit Unnachgiebigkeit anderen Ländern den amerikanischen Willen aufzwingen und sie im besten Fall gegeneinander ausspielen kann.

Trumps Argument der „nationalen Sicherheit“ ist lächerlich

Letzteres gilt dem EU-Schrittmacher-Paar Frankreich/Deutschland. Paris könnte mit den von Trump geforderten Quoten leben; es exportiert kaum Stahl in die USA. Berlin dagegen kann die verlangten freiwilligen Export-Beschränkungen, mit denen sich etwa Südkorea drohenden Zoll-Aufschlägen in den USA dauerhaft entzogen hat, nicht mittragen.

Sie sind, weil starr, wirtschaftspolitisch nicht nur von vorgestern. Sondern im vorliegenden Fall sogar kontraproduktiv. Europa liefert vor allem Spezialstähle nach Amerika, die dort gar nicht hergestellt werden. Trumps Argument, mit Obergrenzen oder höheren Zöllen die „nationale Sicherheit“ Amerikas zu schützen, wirkt vor diesem Hintergrund besonders lächerlich. Außerdem verstoßen Quoten gegen das Regelwerk der Welthandelsorganisation (WTO), die einst von den Vereinigten Staaten mit aufgebaut wurde.

Vier Wochen Stresstest für die EU

Für die EU werden die kommenden vier Wochen zum Stresstest. Brüssel muss attraktive Angebote für Washington finden, um einen ausufernden Handelskrieg zu vermeiden. Da wartet eine Debatte über hohe Zollschranken für US-Güter gerade im Agrar- und Lebensmittelbereich, bei der sich zeigen wird, ob wirklich kein Blatt zwischen Frankreich und Deutschland passt.

Gleichzeitig muss die Kommission den 28er-Verein bei der angemessenen Antwort auf Trumps Stahl-Attacke zusammenhalten. Das würde schon unter normalen Bedingungen schwierig. Wie bei der nun geltenden Konstellation unter höchstem Zeitdruck eine sachgerechte Lösung angebahnt werden soll, mit der Trump und die EU gleichermaßen leben können, ist derzeit nicht erkennbar.