Washington/Brüssel/Berlin. Noch einmal 30 Tage: US-Präsident Trump verschont EU-Länder von Strafzöllen auf Stahl und Aluminium. Dankbarkeit erntet er damit nicht.

Der Handelsstreit zwischen der EU und den USA droht sich wegen des Zollpokers von US-Präsident Donald Trump weiter zuzuspitzen. Die EU reagierte am Dienstag mit Verärgerung und Sorge auf Trumps Ankündigung, europäische Stahl- und Aluminiumprodukte wieder nur befristet von neuen US-Zöllen auszunehmen. „Die US-Entscheidung verlängert die Unsicherheit auf den Märkten“, teilte die zuständige EU-Kommission mit. Schon jetzt seien Konsequenzen zu spüren.

Ähnlich äußerten sich Vertreter der Wirtschaft sowie EU-Staaten. Es sei „schädlich und falsch von den USA, die Ausnahmen wieder zu befristen“, kommentierte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf. Trump riskiere „die Eskalation eines Handelskonfliktes mit globalem Ausmaß und eine Welle protektionistischer Gegenmaßnahmen“. Die französische Regierung teilte mit, sie werde weiter für „eine vollständige, dauerhafte und bedingungslose Befreiung“ der EU von den Zöllen eintreten. Auch die Bundesregierung forderte erneut „eine dauerhafte Ausnahme“.

Wirtschaftsminister Altmaier will auf die USA zugehen

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat die Europäische Union (EU) dazu aufgerufen, im Handelsstreit mit den USA auf die Amerikaner zuzugehen. Altmaier sagte unserer Redaktion, Europa wolle einen offenen, regelbasierten Welthandel und müsse bereit sein, „auch über berechtigte amerikanische Anliegen zu sprechen.“ Die Europäer müssten darüber reden, für welche Produkte sie Zölle senken könnten, zum Beispiel in der Industrie.

Das gescheiterte Freihandelsabkommen TTIP gehöre der Vergangenheit an, „jetzt geht es um etwas Neues“, sagte Altmaier. Europa müsse erkennen, dass es immer nur dann stark sei, „wenn es gemeinsam auftritt.“

EU-Kommission arbeitet an Einführung von Vergeltungszöllen

Die Entscheidung, die Ausnahmen für die EU und einige andere Staaten um einen Monat bis zum 1. Juni zu verlängern, fiel in Washington nur wenige Stunden vor Inkrafttreten der Zölle um Mitternacht (Ortszeit/6 Uhr MESZ). Die EU und andere Länder wurden bis zuletzt auf die Folter gespannt. Weiteren Aufschub soll es nicht geben.

Auf Produkte aus Ländern wie China gelten die neuen US-Zölle bereits seit März. Sie umfassen einen Zuschlag von 25 Prozent auf Stahlprodukte und von 10 Prozent auf Aluminiumprodukte.

Nach Angaben aus EU-Kreisen wird die Kommission nun die Vorbereitungen für die Einführung von Vergeltungszöllen weiter vorantreiben und eine Liste mit dafür ausgewählten US-Produkten bei der Welthandelsorganisation (WTO) einreichen. Sollte Trump die nun bis zum 1. Juni befristete Ausnahmeregelung auslaufen lassen, könnten dann schnell Aufschläge auf US-Produkte wie Whiskey, Motorräder und Jeans fällig werden.

EU will nicht „unter Drohungen“ verhandeln

Die Bundesregierung kündigte an, dass es über das weitere Vorgehen nun Gespräche auf EU-Ebene geben solle. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström soll unterdessen ihre Gespräche mit US-Handelsminister Wilbur Ross und dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer fortsetzen.

Einseitige Zugeständnisse zur Beilegung des Handelsstreits wurden in Brüssel allerdings erneut ausgeschlossen. „Als langjähriger Partner und Freund der USA werden wir nicht unter Drohungen verhandeln“, hieß es in der Stellungnahme. Erst wenn der Streit um die Zölle beigelegt sei, kann es demnach Verhandlungen über Trumps Forderungen nach einem besseren Zugang zum europäischen Markt für US-Unternehmen geben.

Trump hatte zuletzt immer wieder kritisiert, dass die USA auf Einfuhren von Personenwagen lediglich Zölle von 2,5 Prozent erheben, die Europäer aber zehn Prozent auf US-Fahrzeuge. Ferner geht es auch um Handelserleichterungen für US-Agrarprodukte.

Deutsche Stahlproduzenten sehen jetzt schon negative Folgen

Die deutsche Wirtschaftsvereinigung Stahl warnte, dass die Handelspolitik von Trump schon jetzt negative Konsequenzen zeige. Es sei bereits zu erkennen, dass von den US-Maßnahmen betroffene Stahlprodukte nach Europa umgelenkt würden, weil es dort keine vergleichbaren Handelsschranken gebe, sagte ihr Präsident Hans Jürgen Kerkhoff. Wenn die EU darauf nicht reagiere, werde Europa die „Last des Protektionismus der USA und deren Wirtschaftspolitik“ tragen.

Wie für die EU hatte Trump auch die Ausnahmeregelung für die Nachbarn Mexiko und Kanada verlängert. Für Südkorea wurde im Zuge des gemeinsamen Freihandelsabkommens eine Dauerlösung verhandelt. Für Argentinien, Brasilien und Australien seien Grundsatzeinigungen erzielt worden, die bis zum 1. Juni finalisiert werden sollen.

„In all diesen Verhandlungen konzentriert sich die Administration auf die Einführung von Quoten, die die Importe begrenzen, Transitlieferungen aus Drittländern verhindern und die Nationale Sicherheit der USA gewährleisten“, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses. (dpa/fmg)