Washington. Trump sieht seine Korea-Politik als Erfolg, doch noch ist nichts erreicht. Beim Treffen mit Kim kann sich Ernüchterung breitmachen.

Es ist erst wenige Tage her, da stand Donald Trump – durch das Prisma von US-Leitmedien betrachtet – wieder einmal mit einem Bein am Abgrund. Die Dauerermittlungen in der Russland- und Pornostar-Affäre um Stormy Daniels waren seinem persönlichen Anwalt Michael Cohen gefährlich nahegekommen.

Dazu sorgte die miserable Vorbereitung des Weißen Hauses dafür, dass die von Trump aus der Hüfte geschossene Nominierung seines Leibarztes Ronnie Jackson zum neuen Veteranenminister in einer wüsten Schlammschlacht und mit dem Rückzug des Kandidaten endete.

Merkel verhinderte beim Iran-Atom-Abkommen Schlimmeres

Trump kämpfte, wie so oft, an mehreren Fronten gleichzeitig, um den Kopf über Wasser zu halten, und suchte nach radikalen Themenwechseln. Dabei halfen ihm die optisch unterschiedlich akzentuierten Besuche von Emmanuel Macron und Angela Merkel.

Merkel zu Besuch bei Donald Trump

Angela Merkel ist zu ihrem Besuch bei Donald Trump am Weißen Haus angekommen. Zur Begrüßung gibt es erstmal Küsschen.
Angela Merkel ist zu ihrem Besuch bei Donald Trump am Weißen Haus angekommen. Zur Begrüßung gibt es erstmal Küsschen. © REUTERS | BRIAN SNYDER
Bei ihrem Gespräch geht es auch um die drohenden US-Zölle auf Stahl und Aluminium gehen.
Bei ihrem Gespräch geht es auch um die drohenden US-Zölle auf Stahl und Aluminium gehen. © REUTERS | BRIAN SNYDER
Merkel reicht Trump die Hand – eine Anspielung auf die Posse beim letzten Treffen, als Trump der Kanzlerin den Handschlag verweigerte?
Merkel reicht Trump die Hand – eine Anspielung auf die Posse beim letzten Treffen, als Trump der Kanzlerin den Handschlag verweigerte? © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Das lässt sich der US-Präsident dieses Mal nicht zwei Mal sagen.
Das lässt sich der US-Präsident dieses Mal nicht zwei Mal sagen. © dpa | Kay Nietfeld
Loslassen will er aber auch nicht mehr.
Loslassen will er aber auch nicht mehr. © dpa | Evan Vucci
Interessanter Blick auf die Hände der beiden: Trump macht die Raute – Merkel nicht.
Interessanter Blick auf die Hände der beiden: Trump macht die Raute – Merkel nicht. © dpa | Kay Nietfeld
Merkel und Trump gehen betont entspannt miteinander um.
Merkel und Trump gehen betont entspannt miteinander um. © REUTERS | BRIAN SNYDER
Die Kanzlerin hatte auch ein Geschenk dabei: eine historische Karte von Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 1705.
Die Kanzlerin hatte auch ein Geschenk dabei: eine historische Karte von Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 1705. © REUTERS | BPA
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz erzählen sie, worüber sie geredet haben.
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz erzählen sie, worüber sie geredet haben. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Und wieder ...
Und wieder ... © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
...  wird fleißig Hände geschüttelt.
... wird fleißig Hände geschüttelt. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
So viel traute Zweisamkeit war selten zwischen den beiden – wobei Donald Trump die treibende Kraft bei all der körperlichen Annäherung war.
So viel traute Zweisamkeit war selten zwischen den beiden – wobei Donald Trump die treibende Kraft bei all der körperlichen Annäherung war. © dpa | Kay Nietfeld
Die Atmosphäre war jedenfalls deutlich besser als beim letzten Treffen im März 2017. Merkel hatte Trump damals kurz nach seinem Amtsantritt besucht. Die Beziehung der beiden wirkte ein bisschen frostig, kommentierten viele.
Die Atmosphäre war jedenfalls deutlich besser als beim letzten Treffen im März 2017. Merkel hatte Trump damals kurz nach seinem Amtsantritt besucht. Die Beziehung der beiden wirkte ein bisschen frostig, kommentierten viele. © REUTERS | Jonathan Ernst
Am Abend vor dem zweiten Treffen am Freitag hatte es eine kleine Stärkung für die Kanzlerin gegeben: Nach einem Burger mit anschließendem Spaziergang ging die Kanzlerin am Donnerstag zurück in ihr Hotel in Washington.
Am Abend vor dem zweiten Treffen am Freitag hatte es eine kleine Stärkung für die Kanzlerin gegeben: Nach einem Burger mit anschließendem Spaziergang ging die Kanzlerin am Donnerstag zurück in ihr Hotel in Washington. © REUTERS | BRIAN SNYDER
Es war ein sehr kurzer Trip für die Kanzlerin. Nach 22 Stunden stieg sie wieder ins Flugzeug zurück nach Berlin.
Es war ein sehr kurzer Trip für die Kanzlerin. Nach 22 Stunden stieg sie wieder ins Flugzeug zurück nach Berlin. © dpa | Kay Nietfeld
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Sowohl Frankreichs Präsident als auch die Bundeskanzlerin lernten bei ihrem Bemühen, beim Iran-Atom-Abkommen und dem Handelsstreit mit der EU Schlimmeres zu verhüten, den Unterschied kennen zwischen inszenierter Freundlichkeit und unnachgiebiger No-Politik. Ob es dabei bleibt, weiß man bei Trump aber nie.

Demokraten eroberten eine Kammer des Parlaments zurück

Von Siegern und Verlierern zu sprechen, von Merkels tiefem Fall und Macrons strahlendem Aufstieg, ist darum ebenso fragwürdig wie die Annahme, Trump habe an präsidialer Statur gewonnen und reite mit seiner„Amerika zuerst“-Politik auf der Erfolgswelle.

Wäre es so, dann läge der Präsident im Schnitt aller seriösen Umfragen nicht immer noch unter „ferner liefen“. Wäre es so, dann würde Trump auch nicht aus Sorge vor einem repu­blikanischen Debakel bei den Zwischenwahlen im Kongress im November die Angstkarte spielen. Anhängern in Michigan trichterte er am Samstag ein, auf jeden Fall wählen zu gehen. Denn wenn die Demokraten eine Kammer des Parlaments zurückeroberten, sei ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn besiegelt. Wer so früh so radikal mobilisieren muss, regiert nicht aus einer Position anerkannter Souveränität. Erst recht hat er seinesgleichen im Ausland nicht übertrump(f)t.

„Fahrplan“ für Fortbestand des Iran-Abkommens

Die Chef-Kommentatoren der „Washington Post“ attestierten dem deutsch-französischen Vorauskommando Merkel/Macron am Wochenende wohlwollend, Trump für den Handelskonflikt wie für den Fortbestand des Iran-Abkommens einen „Fahrplan“ präsentiert zu haben, um „potenziell verheerende Fehler“ zu vermeiden. „Selbst wenn ihre Diplomatie sich als vergeblich herausstellen sollte, war es ein bewundernswerter Versuch.“

Wiederholungstäter Trump schwänzt Korrespondenten-Dinner

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    Wie sehr die Maßstäbe bei der Beurteilung der Trump-Performance ins Rutschen gekommen sind, zeigt das Hyperventilieren nach dem Friedensgipfel in Korea. Obwohl noch rein gar nichts erreicht ist, halten Voreilige Trump bereits des Friedensnobelpreises für würdig. Anstatt die Euphorie zu bremsen und seinen Anteil an den neuen Chancen ins rechte Verhältnis zu den anderen Beteiligten in Nord- wie Südkorea zu setzen, fühlt sich der Präsident nur geschmeichelt.

    Präzision, Standhaftigkeit und internationale Einbindung

    Dabei kann sich schon nach dem Aufeinandertreffen mit Kim Jong-un schnell Ernüchterung breitmachen. Ein Atom-Deal mit Nordkorea erfordert noch mehr Präzision, Standhaftigkeit und internationale Einbindung als das Abkommen mit dem Iran, das Trump gegen den ausdrücklichen Rat von Macron und Merkel sowie seines eigenen Verteidigungsministers James Mattis aufzukündigen bereit ist.

    Die Zuversicht, dass der notorisch ungeduldige und für komplexe Zusammenhänge unempfängliche Trump gerade die schwierige Nordkorea-Materie verantwortungsvoll navigieren kann, ist darum nicht nachvollziehbar.