Seoul. Das Treffen zwischen Kim Jong-un und Moon hat historische Bedeutung. Die Annäherung zwischen Nord- und Südkorea könnte Frieden bringen.

Was für ein Tag: Das Gipfeltreffen zwischen Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un und dem demokratisch gewählten südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in hat ikonische Bilder produziert. Szenen etwa, wie die beiden Staatschefs inmitten des entmilitarisierten Grenzstreifens auf einer Parkbank sitzen und sich wie Vater und Sohn unterhalten.

Oder wie sie sich zum Abschluss der mehr als achtstündigen Gespräche umarmen. Diese Bilder dürften nicht nur die Herzen vieler Koreaner berührt haben.

Doch das Treffen hat auch ganz konkrete Ergebnisse geliefert. Beide Seiten haben ihren Willen zur vollständigen nuklearen Abrüstung der koreanischen Halbinsel bekundet. Mehr noch: Kim und Moon wollen noch in diesem Jahr das bisherige Waffenstillstandsabkommen von 1953 durch eine Friedensvereinbarung ersetzen. Erstmals seit 65 Jahren wäre damit der Kriegszustand zwischen beiden Ländern beendet.

Zusammenführung von Familien

Die Feindseligkeiten sollen sofort ein Ende haben. Die gegenseitige Beschallung an der Grenze mit Propaganda ist seit dem vergangenen Wochenende bereits gestoppt, der Gesprächsfaden auch zwischen den Militärs wieder aufgenommen.

Beide Seiten wollen humanitäre Austauschprojekte so rasch wie möglich wieder aufnehmen, ebenso die Eröffnung eines Verbindungsbüros in Kaesong, einer nordkoreanischen Industriestadt, in der bis vor zwei Jahren südkoreanische Unternehmer noch Fabriken unterhielten, bevor diese Zusammenarbeit den Sanktionen zum Opfer fiel.

Am 15. August soll es zudem erstmals seit Jahren auch wieder eine Zusammenführung von Familien geben, die seit dem Ende des Korea-Kriegs auseinandergerissen sind. Für die wenigen Überlebenden, die es noch gibt, ist das die einzige Gelegenheiten, ihre Angehörigen noch einmal zu sehen.

Gute Chancen auf Friedensprozess

Was die Denuklearisierung betrifft, sind beide Seiten zwar nicht konkret geworden. Das könnte vor allem beim vorgesehen Treffen zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump in einem Monat noch zur Krux werden.

Die Vereinigten Staaten haben bereits klargestellt, dass sie die konkrete Übergabe von Atomwaffen fordern, bevor sie daran denken, die verhängten Sanktionen gegen Nordkorea zu lockern. Das Kim-Regime hingegen dürfte sehr viel mehr Entgegenkommen fordern, bevor auch nur eine Rakete ausgehändigt wird.

Und doch stehen die Chancen auf einen wahren Friedens- und Abrüstungsprozess dieses Mal weitaus besser als nach den letzten beiden innerkoreanischen Gipfeltreffen 2002 und 2007. Das hat gewiss mit den verschärften Sanktionen zu tun, die die Lage im Land weiter verschlimmert haben und mit der Unberechenbarkeit des neuen US-Präsidenten.

Parameter haben sich verschoben

Aber auch die Rolle von Südkoreas sozialliberalem Präsidenten Moon ist nicht zu unterschätzen. Noch nicht einmal ein Jahr im Amt, hat er mit seiner gezielten Entspannungspolitik weit mehr erreicht als alle seine Vorgänger der vergangenen Jahrzehnte zusammen.

Doch auch mit Kim Jong-un als Machthaber haben sich die Parameter verschoben. Auch wenn das der Rest der Welt nicht gerne hören mag – aber erst mit dem Bedrohungspotenzial von Atomwaffen konnte sich der junge Kim auf das Gesprächsangebot aus Südkorea einlassen.

Trump ist gut beraten beim Treffen Ende Mai, nach einer möglichst ideologiefreien Lösung zu suchen, die es dem nordkoreanischen Regime auf möglichst gesichtswahrende Weise ermöglicht, wieder Teil der Weltgemeinschaft zu werden. Südkoreas Präsident Moon hat am Freitag vorgemacht, wie so etwas möglich ist.