Berlin/Istanbul. Adil Demirci sitzt in der Türkei in Haft. Der Journalist wurde mit mehreren Kollegen festgenommen. Beobachter fordern die Freilassung.

Der Deutschtürke Adil Demirci bleibt vorerst weiter in türkischer Haft. Wie Baki Selcuk, ein Freund der Familie, mitteilte, wurde Demirci am Dienstag dem Staatsanwalt und anschließend dem Haftrichter vorgeführt, der schließlich die Haft anordnete.

„Es sind die gleichen Vorwürfe“, sagt Selcuk, „die auch schon Mesale Tolu und Deniz Yücel gemacht wurden: Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.“

Demirci wurde am Freitag in Istanbul festgenommen, wo er sich für einen Kurzurlaub mit seiner an Krebs erkrankten Mutter aufhielt. Laut Medieninformationen wurde er von einer Spezialeinheit abholt. „Der gemeinsame Rückflug war für Sonnabend geplant“, sagt Baki Selcuk, „aber den trat die Mutter allein an.“ Der Vater, der wie die gesamte Familie in Köln lebt, habe nur mit Mühe von Verwandten daran gehindert werden können, in die Türkei zu fliegen. „Ihm drohte dort sicherlich auch die Haft“, so Selcuk.

Adil Demirci arbeitet für Nachrichtenagentur

Demirci arbeitet freiberuflich für die linke Nachrichtenagentur Etha. Für diese war auch die monatelang inhaftierte deutsche Journalistin Mesale Tolu zum Zeitpunkt ihrer Festnahme tätig. Tolu hatte am Freitag per Twitter mitgeteilt, dass drei Etha-Reporter in der Nacht zuvor festgenommen worden seien, neben Demirci auch Pınar Gayip und Semiha Şahin.

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Laut Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen werde Demirci keine rein journalistische Tätigkeit vorgeworfen: „Vielmehr geht es um eine Übersetzungstätigkeit.“ Außerdem gebe es Hinweise, dass Demirci sich auf Facebook negativ über die türkische Regierung geäußert habe, was ihm jetzt zum Verhängnis wurde. „Wir raten schon seit längerem Journalisten, sich auf Facebook komplett stumm zu verhalten, was die politische Situation der Türkei betrifft.“

Der Deutsche Journalistenverband sowie Reporter ohne Grenzen fordern die Freilassung von Adil Demirci sowie seiner beiden Kollegen. „Realistischerweise befürchte ich aber, dass Adil Demirci für Monate in Haft bleiben wird.“ Mihr sieht auch keine Verbesserung des Verhältnisses zur Türkei nach der Freilassung von Tolu und Yücel. „Man kann maximal von einer lockeren Entkrampfung sprechen“, sagt er.

Yücel bei erstem öffentlichen Auftritt frenetisch gefeiert

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    Es seien noch vier weitere deutsche Staatsbürger in türkischer Haft. Deren Namen will Mihr zu deren Schutz nicht nennen. Generell aber geht er davon aus, dass die Aufmerksamkeit der deutschen Öffentlichkeit sehr wohl dazu beigetragen habe, dass Tolu und Yücel freikamen. „Trommeln hilft, denn erst durch die Aufmerksamkeit wurde der Druck auf die türkische Regierung so groß.“

    Scharfe Kritik an der Türkei kommt auch von der EU. Bei den Themen Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Rechtsstaat werde das Land gerade um Jahre zurückgeworfen, kritisierte Erweiterungskommissar Johannes Hahn in seinem Fortschrittsbericht.