Berlin. Absolute Härte hilft im Streit zwischen Israel und Palästinensern nicht weiter. Warum Israel Signale der Versöhnung aussenden sollte.

Die gewaltsamen Proteste im Gazastreifen bringen einen verschütteten Konflikt der Weltpolitik zurück ins Bewusstsein: den jahrzehntelangen Streit zwischen Israel und den Palästinensern. Angetrieben wird der aktuelle Widerstand durch die radikalislamische Hamas. Sie will das Recht aller geflohenen und vertriebenen Palästinenser samt deren Nachkommen erzwingen, nach Israel zurückzukehren. Höhepunkt des Widerstandes soll der 14. Mai sein, der 70. Jahrestag der Gründung des Staats Israel.

Die Chancen, dass die Hamas ihrem Ziel auch nur einen Millimeter näherkommt, stehen gegen null. Sie verbeißt sich in eine Illusion, die zwangsläufig in eine Gewaltspirale mündet. Solange die ideologischen Hardliner das Existenzrecht Israels nicht anerkennen und immer wieder Raketen auf den Nachbarn schießen, wird Jerusalem den Gazastreifen isolieren.

Hinzu kommt, dass die aktuelle Dynamik der internationalen Politik nicht günstig für die Palästinenser ist. US-Präsident Donald Trump hat sich vollkommen auf die Seite der israelischen Regierung gestellt. Mit der Entscheidung, den Zankapfel Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, hat der Chef des Weißen Hauses eine einschneidende Kurskorrektur vorgenommen.

USA haben Maklerrolle im Nahost-Friedensprozess aufgegeben

Trump blickt auch bereits auf die Zwischenwahlen zum US-Kongress im November. Er will mit seiner Pro-Israel-Linie die Millionen Evangelikalen zufriedenstellen, die einen wichtigen Teil seiner republikanischen Basis ausmachen. Amerika hat damit seine Maklerrolle im Nahost-Friedensprozess aufgegeben, die unter Präsidenten wie Barack Obama oder Bill Clinton noch außer Frage stand.

Aber auch die arabischen Staaten, die bis vor wenigen Jahren noch laute Lippenbekenntnisse zugunsten der Palästinenser abgelegt hatten, verhalten sich in diesen Tagen auffallend still. Sunnitische Länder wie Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate stehen in einem wichtigen Punkt an der Seite Israels: Sie fürchten einen Machtzuwachs des schiitischen Iran.

Es gilt der im Nahen Osten weit verbreitete Satz: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund.“ Selbst Ägypten, das sich traditionell als Schlüsselspieler bei der Lösung des arabisch-israelischen Konflikts begriffen hatte, ist das Hemd näher als der Rock. Präsident Abdel Fattah al-Sisi hat die Grenzen zum Gazastreifen abgeriegelt. Er will die Verbindungen zwischen der Hamas und den mit ihr befreundeten Muslimbrüdern im eigenen Land kappen.

Israel solle ein Signal des guten Willens aussenden

Weiteres Hindernis für die Palästinenser sind interne Streitigkeiten: Die Hamas und die in den Autonomiegebieten herrschende Fatah können sich nicht einigen. Eine gemeinsame Regierung scheitert an Rivalitäten, Eifersüchteleien und einer wuchernden Korruption.

Dies alles ist jedoch kein Grund, die Palästinenser sich selbst zu überlassen. Vor allem im Gazastreifen grassiert die Armut, die Zustände sind vielerorts prekär. Eine ganze Generation von Jugendlichen hat keine beruflichen Perspektiven und versinkt in Frust, Lethargie oder Wut.

Hier ist nicht nur die internationale Gemeinschaft gefragt. Auch Israel sollte ein Signal der Versöhnung und des guten Willens aussenden: Es wäre ein richtiger Schritt, die Grenzen für Lebensmittellieferungen zu öffnen.

Premierminister Benjamin Netanjahu sucht allzu oft sein Heil in einer Politik der Härte nach außen. Wenn er sich gegen Gesten der Annäherung sperrt, machen sich eines Tages andere zu Anwälten der palästinensischen Sache: die Türkei, der Iran – und mit ihm der Verbündete Russland. Im Interesse Israels wäre das nicht.