Berlin . Kriege sind leicht zu beginnen und schwer zu beenden. Im 17. Jahr in Afghanistan gibt es Ernüchterung. Es wäre nun Zeit für ein Ende.

Der Militäreinsatz in Afghanistan ist ein Fehlschlag. Fatal ist, dass sich die Bundesbürger, aber auch die meisten Volksvertreter im nunmehr 17. Jahr daran gewöhnt haben und die Sinnfrage kaum noch stellen: Was macht die Bundeswehr eigentlich am Hindukusch? Es fehlt ein Enddatum oder auch nur eine Exit-Strategie. Kriege sind leicht zu beginnen und schwer zu beenden.

Die Bundesregierung macht sich im aktuellen Afghanistan-Bericht nicht einmal mehr die Mühe, das Mandat zu überhöhen oder eine überzeugende Begründung zu liefern. Die Bundeswehr soll ein weiteres Jahr im Land bleiben, weil andernfalls eine „Kettenreaktion mit unkalkulierbaren Konsequenzen“ drohe. Mit der Durchhalte-Logik kann man das Abenteuer freilich noch viele Jahre lang rechtfertigen. Es ist trotzdem perspektivlos, ohne reelle Aussicht auf bessere Zeiten. Prinzip Hoffnung? Ziemlich dürftig nach 17 Jahren.

Besonders der Drogenbau floriert am Hindukusch

Es ist aufwendig, dauerhaft über 1000 Soldaten im Land zu halten. Und es kommt Deutschland teuer zu stehen, Jahr für Jahr schätzungsweise eine halbe Milliarde Euro nach Afghanistan zu überweisen, wo das Geld versickert. Die Bilanz ist trostlos. Das gilt für die Wirtschaft, die Rechtsstaatlichkeit, die Zivilgesellschaft, erst recht für die Sicherheitslage. Es hat seinen Grund, warum der Zuzug der Flüchtlinge aus Afghanistan zugenommen hat.

Dutzende Tote bei Anschlagsserie in Afghanistan

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    Wenn etwas am Hindukusch grassiert, dann die Angst, wenn etwas floriert, dann der Drogenbau. Wenn etwas Bestand hat, dann die unerträgliche Dominanz der Taliban. Heute wäre man schon froh, wenn gelänge, wofür ein SPD-Chef vor ein paar Jahren eingetreten und ausgelacht worden ist: mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

    Es fehlen abgestimmte Ziele und eine gemeinsame Strategie

    Es ist bekannt, dass US-Präsident Donald Trump ursprünglich seine GIs abziehen wollte. Es hätte zu seiner „Amerika zuerst“-Strategie gepasst. Es ist auch kein Geheimnis, dass die Verbündeten versucht haben, ihm das auszureden, nicht zuletzt Kanzlerin Angela Merkel. Im Zweifel haben ihn eher die US-Militärs umgestimmt als alle Verbündeten zusammen. Der innenpolitisch springende Punkt ist, dass die Bundesregierung einen einseitigen Abzug der Bundeswehr mit der Begründung ablehnt, dass die deutsche Glaubwürdigkeit in der Nato und EU darunter leiden würde.

    So funktioniert Politik: Die Merkel-Regierung hat sich bei der Supermacht die Sachzwänge besorgt, die sie daheim brauchte. Die Lage ist verworrener denn je. Es mischen sich zwar mehr Staaten ein, zum Beispiel China oder Russland, aber es fehlen abgestimmte Ziele und eine gemeinsame Strategie. Wenn es stimmt, dass Russland die Taliban unterstützt, dann erleben wir sogar einen Rückfall in alte Zeiten – Afghanistan als Spielball konkurrierender Großmächte.

    Merkel sollte demnächst wieder in das Einsatzgebiet reisen

    Die Bundesrepublik ist ein gern gesehener großer Truppensteller und Geldgeber, sie hat mehr und mehr Verantwortung in internationalen Konflikten übernommen. Aber Afghanistan ist ein Fiasko. Die Regierung müsste ihren eigenen Bürgern erklären, wessen Werte am Hindukusch verteidigt werden, welche Perspektiven sie sieht. 2018 und 2019 stehen am Hindukusch Wahlen an. Die sollte man absichern. Aber mittelfristig muss man einen Abzug ins Auge fassen. Was ein deutscher Kanzler einst für Irak ausgeschlossen hat – für Abenteuer stehen wir nicht zur Verfügung –, ist in Afghanistan eingetreten.

    Was der frühere Außenminister Joschka Fischer den Amerikanern entgegengehalten hat – „Excuse me, I am not convinced“ –, gilt am Hindukusch erst recht. Der Einsatz ist mehr als erklärungsbedürftig. Merkels letzter Besuch am Hindukusch liegt bald fünf Jahre zurück. Warum Flagge zeigen? Ihr fehlt eine gute Erzählung. Afghanistan ist keine Erfolgsgeschichte.