Washington. Hope Hicks, seit Jahren engstens an Donald Trumps Seite, hat genug vom Intrigantenstadl Washington. Hicks verlässt das Weiße Haus.

Dirk Hautkapp

Man täte Hope Hicks Unrecht, wenn man ihre Rolle im Weißen Haus auf den sperrigen Titel „Kommunikationsdirektorin“ reduzieren würde. Das 29-jährige Ex-Model war hinter den Kulissen Sorgen-Telefon, Psychoanalytikerin, Motivationstrainerin, Bollwerk mit Lippenstift gegen die „Fake News“-Medien, engste Vertraute und mit Abstand einflussreichste Dompteurin im Ein-Mann-Zirkus Donald Trump.

Einem Mann, dem gegenüber sie bedingungslos loyal auftrat. Bis zum Eingeständnis, für ihn „Notlügen“ zu erfinden. Bis ins Bügeln seiner Anzugshosen – während er sie trug. Dass Hope Hicks nun das Weite sucht, zermürbt durch den 24-Stunden-7-Tage-die-Woche-Stress, angewidert vom Intrigantenstadl Washington, entsetzt von den Machtkämpfen im Westflügel der Regierungszentrale, eingeschüchtert von den immer näher kommenden Russland-Ermittlungen von Robert Mueller, ist für Trump der bisher mit Abstand herbste Verlust.

Hope Hicks war für Donald Trump der Blitzableiter

Unter den mehr als 20 Top-Beratern, die der Präsident in Rekordzeit verschlissen oder gefeuert hat, war Hicks der Blitzableiter in allen Lagen. Er behandelte die aus einer gediegenen Neuengland-Familie stammende Frau wie seine leiblichen Kinder.

Donald Trump mit Hope Hicks (l.) und Sprecherin Sarah Huckabee Sanders im Oval Office.
Donald Trump mit Hope Hicks (l.) und Sprecherin Sarah Huckabee Sanders im Oval Office. © REUTERS | Kevin Lamarque

Mit Hicks’ Abgang steht Trumps Regierungsstil auf der Kippe. Er führt das Land wie einst sein Familienunternehmen und vertraut nur eigen Fleisch und Blut. Langjährige Wegbegleiter wie Bodyguard Keith Schiller sind bereits ausgeschieden. Ob sich Schwiegersohn Jared Kushner, der nach dem Abriss der Schulterklappen durch die Geheimdienste de facto als Risiko für die Nationale Sicherheit gilt, von seiner Degradierung erholt, ist zweifelhaft. Geht er, geht auch Ehefrau Ivanka, Trumps älteste Tochter, für deren Modeprodukte Hope Hicks einst die PR machte.

Sind John Kellys Tage als Stabschef gezählt?

Mit ihrem Rücktritt ist die letzte Schlüsselfigur verschwunden, auf die Trump blind zählen konnte. Ab sofort ist der Präsident, der nichts so sehr einfordert wie Bestätigung und Toleranz für rasante Meinungswechsel, Leuten in seinem engeren Umfeld ausgeliefert, denen er nicht wirklich über den Weg traut. Allen voran Stabschef John Kelly. Trump sucht nach übereinstimmenden Insider-Berichten seit Wochen nach einem Ersatz für den General, dessen Mikromanagement-Attitüden er als anmaßende Einengung empfindet.

Wie sehr Trump ergebene Gefolgsleute vermisst, die ihn darin bestärken, kein Jota von seinem Kampfhund-Stil abzuweichen, zeigt das erneute Anbandeln mit zwei Strategen besonderen Kalibers: Corey Lewandowski, einst Wahlkampf-Manager, und Anthony Scaramucci, der vor Hope Hicks für wenige Tage die Öffentlichkeitsarbeit Trumps führte, werden nach ihrem Rauswurf wieder für Spitzenpositionen gehandelt.

Kommentatoren vermuten noch heftigere Grabenkämpfe

Durch die Demission von Hope Hicks werden die Grabenkämpfe im Weißen Haus „noch heftiger“, vermuten US-Kommentatoren. Schon jetzt belastet etwa das Ringen um die richtige Handelspolitik (Strafzölle ja oder nein) zwischen den Beratern Gary Cohn und Peter Navarro den Alltag.

Dazu kommt Trumps Hang zum zerstörerischen Nachtreten. Seit Monaten mobbt der Präsident via Twitter seinen Justizminister, von dem er sich in der Russland-Affäre in den kalten Regen gestellt sieht. Jeff Sessions, von Trump intern verächtlich nach einer Cartoon-Figur „Mr. Magoo“ genannt, macht aber keine Anstalten zur Aufgabe. Wirft Trump ihn raus, kann es bei den Republikanern zur Rebellion kommen. Dann wäre jemand wie Hope Hicks Gold wert.