Washington. Der US-Präsident will Schulen durch mehr Waffen sicherer machen. Sein Vorschlag soll nicht dem Volk helfen, sondern der Waffenlobby.

Bewaffnete Lehrer? Es dient der Klarheit, wenn man Donald Trumps Eintreten für Frieden-schaffen-durch-noch-mehr-Waffen an Amerikas Schulen nach dem Massaker von Parkland von einem radikalen, aber leider traurig wahren Standpunkt aus betrachtet: Reformvorschläge für die Waffengesetze in Amerika, die von der „National Rifle Association“ (NRA) inspiriert und befürwortet werden, sind per Definition keine. Sie sind Kosmetik und laufen auf Status-quo-Erhalt hinaus.

Sie wollen das Grundübel – mehr als 300 Millionen Waffen im Umlauf, kinderleichter Zugang zu Waffen mit verheerendem Zerstörungspotenzial und militärtauglichen Magazinen – nicht beheben, sondern zementieren. Die Idee ist unter dem Druck von Millionen Mitgliedern entstanden, die von einer kleinen Funktionärsclique instrumentalisiert werden; ein von der Waffenindustrie erzeugter Erpressungsversuch von Volksvertretern, die gegen das Volk entscheiden, um es nach Tragödien wie Parkland zu trösten.

Geringe Anforderung an einen Waffenschein

Indem Donald Trump abgesehen vom Drehen an altbekannten Stellschrauben, die allesamt unter Kongress-Vorbehalt stehen, die Forderung nach bewaffneten Klassenzimmern besonders laut propagiert, beweist der Präsident neben seiner NRA-Nähe auch seine Schmalspurigkeit in der Sache.

Schüler machen Trump Dampf für schärferes Waffenrecht

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    Praktiker bei der Polizei und in der Lehrerschaft wissen seit Langem, dass es den lizenzierten Freizeitschützen, der mitten im größten Chaos geistesgegenwärtig und mit ruhiger Hand einen Amokläufer und dessen Sturmgewehr ohne Kollateralschaden neutralisiert, allenfalls in schlechten Hollywoodfilmen gibt. Nicht aber in realen Ausnahmesituationen, in denen selbst vom Krieg gestählten Soldaten das Blut gefriert.

    Noch grotesker wird die Idee vom Pauker mit Pistole, wenn man sich vergegenwärtigt, wie kinderleicht es in den meisten Bundesstaaten ist, an einen Waffenschein zu gelangen. In Texas etwa reichen ab dem Alter von 21 Jahren sechs Stunden Theorie, Prüfung plus Schießstand. Qualifiziert das, um in Bruchteilen einer Sekunde über Leben und Tod zu entscheiden?

    Flächendeckend gut ausgebildetes Wachpersonal einstellen

    Und auch das Argument der Abschreckung, auf das in den USA gerade Schulen in weit von der nächsten Polizeiwache abgelegenen Gegenden mit Hinweisschildern setzen (Achtung: Lehrer bewaffnet!), zieht bei genauer Betrachtung nicht. Viele Amokläufer, die seit der Tragödie an der Columbine High School 1999 in Colorado Leid und Elend über Tausende Menschen gebracht haben, nahmen den eigenen Tod billigend in Kauf.

    Nein, wer Schulen als beschützte, intakte Räume erhalten will, an denen ohne Magenschmerzen gelernt, debattiert und gedacht werden soll, darf Lehrer nicht im Nebenberuf zu Freizeitcops machen. Klassenzimmer stehen für Diskussion, Pistolen bedeuten deren Ende.

    Wer wirklich mehr Sicherheit schaffen will, der muss flächendeckend gut ausgebildetes Wachpersonal einstellen, das – ähnlich wie an Flughäfen, Botschaften oder Ministerien – schwer bewaffnet Patrouille läuft. Aber dafür haben die vielfach hoffnungslos überschuldeten Bundesstaaten kein Geld.

    Aufrüstung findet in den USA immer nur bei der Armee statt

    Allein bei den öffentlichen Schulen in Amerika käme man nach seriösen Schätzungen auf einen Bedarf von über einer Million Kräfte. Nur darum, und weil Washington unter Aufrüstung nur die Armee versteht und sich gern einen schlanken Fuß macht, ist die Idee mit den bewaffneten Lehrern überhaupt erst geboren worden. Zynisch.

    Ein Präsident mit Beinfreiheit könnte dies klar sagen und das Land vor die Wahl stellen: Was ist uns in Amerika der Schutz unserer Kinder wert? Donald Trump redet dagegen der NRA nach dem Mund.