Washington. Mit einem Geheimdokument wollen die US-Republikaner nachweisen, dass die Russland-Affäre auf eine Verschwörung gegen Trump zurückgeht.

Die Aufklärung der Russland-Affäre um Donald Trump wird vollends zum Polit-Krimi. Das Weiße Haus kämpft in enger Abstimmung mit führenden republikanischen Kongress-Abgeordneten mit immer härteren Bandagen. Ziel ist es, den Präsidenten in der Schlussphase der Untersuchungen von Sonder-Ermittler Robert Mueller aus der Schusslinie zu bringen. Ein „Informationskrieg“ soll dabei helfen.

So wird nach dem Rücktritt von FBI-Vize-Chef Andrew McCabe, der sich über Monate Trumps Angriffen auf seine Integrität und Unparteilichkeit ausgesetzt sah, jetzt in Washington auf die Veröffentlichung eines angeblich brisanten Dossiers aus republikanischer Feder gewartet.

Einige Republikaner sprechen von brisantem Dossier

Damit soll der Nachweis geführt werden, dass die Russland-Affäre auf eine Verschwörung zurückgeht. Amtierende und ehemalige Top-Vertreter des Justizministeriums und des FBI mit Präferenz für die Demokraten hätten Trumps Wahl erst hintertreiben wollen. Später sei der Versuch unternommen worden, die Präsidentschaft des New Yorker Geschäftsmannes zu sabotieren.

So heißt es im Umfeld des republikanischen Abgeordneten Devin Nunes. Der Kalifornier verantwortet das Papier. Ausgesuchte Parteifreunde, die es gesehen haben, bilanzierten ohne Belege zu nennen: „Schlimmer als Watergate.“ Gemeint ist die Affäre, die zum Rücktritt von Präsident Richard Nixon führte.

Demokraten halten das Dokument für „manipulativ“

Das Justizministerium hat die Offensive der Republikaner dagegen als „extrem rücksichtslos“ bezeichnet. Geheimhaltungswürdige Interessen des Staates seien berührt. Die Demokraten halten das vierseitige Dokument für „manipulativ“ und „aus dem Zusammenhang gerissen“. Ziel sei es, die Mueller-Ermittlungen, die bereits mehrere Anklagen gegen ehemalige Top-Berater (Michael Flynn, Paul Manafort etc.) von Trump gebracht haben, zu delegitimieren und die Öffentlichkeit mit „alternativen Fakten“ und „Desinformation“ zu überziehen.

Mueller geht seit Mai 2017 mit einem Team hochkarätiger Fahnder unter anderem der Frage nach, ob es im Wahlkampf 2016 illegale Kooperation zwischen Team Trump und der russischen Regierung gegeben hat, um der Demokratin Hillary Clinton zu schaden.

Außerdem prüft Mueller, ob Trump und andere Regierungsvertreter Polizei und Justiz bei der Aufklärung der Affäre behindert haben. Was zu einem Amtsenthebungsverfahren führen könnte.

Das ist US-Sonderermittler Robert Mueller

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    US-Kommentatoren sehen Trump-Regierung in Bedrängnis

    Seit bekannt ist, dass Trump bereits im Sommer 2017 Muellers Rauswurf forderte, was allein Chef-Jurist Don McGahn verhinderte, sehen US-Kommentatoren die Regierung in „akuter Bedrängnis“.

    Mit dem Nunes-Dossier soll nun der Befreiungsschlag gelingen. Trump-freundliche TV-Sender wie Fox News berichten seit Tagen, dass linksgerichtete Bürokraten aus der Obama-Zeit nicht weniger als den Sturz Trumps wollen. Der von Millionen eingeschaltete Moderator Sean Hannity sagte, das Dossier werde den „größten politischen Skandal in der amerikanischen Geschichte offenbaren“. Watergate sei dagegen so, als würde man „im Supermarkt einen Riegel Snickers stehlen“. Auch er hat bisher keine Beweise vorgelegt.

    Attacken auf Vize-Justizminister Rosenstein

    Nach dem Rücktritt von FBI-Vize McCabe, den Trump mehrmals als Clinton-Handlanger verunglimpfte, konzentrieren sich seine Attacken auf Vize-Justizminister Rod Rosenstein. Weil sich die eigentliche Nummer 1, Jeff Sessions, in der Causa Russland früh für befangen erklärt hatte, kam der von Trump als „Demokrat aus Baltimore“ verspottete Republikaner ans Ruder, berief Mueller und schaffte so die Basis für die Untersuchungen, die Trump heute ein Klotz am Bein sind. Würde Rosenstein von Trump gefeuert, „wäre der Weg frei, um Mueller als Sonder-Ermittler abzusetzen“, sagen Justiz-Experten.

    Laut Nunes-Dossier soll Rosenstein vor einem geheim tagenden Sondergericht (Fisa) beantragt haben, dass der wegen verdächtiger Russland-Kontakte ins Fadenkreuz geratene Trump-Berater Carter Page weiter vom Geheimdienst NSA überwacht wird. Aus Sicht der Republikaner ein Skandal. Denn der Auslöser für diese Maßnahme sei ein anderes Dossier gewesen, das seit über einem Jahr Washington elektrisiert.

    Darin hatte der frühere englische MI-6-Spion Christopher Steele im Auftrag der Beratungsfirma Fusion GPS vielfältige dubiose Kontakte zwischen Trumps Leuten und Vertrauten von Kreml-Chef Wladimir Putin zusammengetragen. Etliche Angaben wurden später vom FBI als zutreffend verifiziert, andere nicht.

    Wann das Dossier veröffentlicht wird, ist noch unklar

    Wann das Nunes-Dossier an die Öffentlichkeit gelangt, hat das Weiße Haus noch nicht entschieden. Dort wird noch geprüft. Bekannt ist aber, dass Trump die zügige Freigabe befürwortet. Er verspricht sich davon Aufwind in den Umfragen, wenn sich die Erzählung festsetzt, dass hohe Stellen im FBI mit finsteren Methoden politisch voreingenommen gegen ihn agiert haben.

    Moderate Republikaner warnen dagegen und verweisen auf den ersten Versuch, als sich der Abgeordnete Nunes von Trump für ein Ablenkungsmanöver einspannen ließ. Er behauptete 2017, dass Vorgänger Barack Obama Trump im Wahlkampf abhören ließ. Die schweren Anschuldigungen erwiesen sich nach monatelangen Untersuchungen als aus der Luft gegriffen. Nunes tauchte ab.

    Unterdessen beklagen Analysten und Wissenschaftler die „massiv voranschreitende Politisierung“ von Polizei und Justiz durch Präsident Trump. Jim VandeHei vom Portal Axios fürchtet, dass Trumps Strategie, unliebsame Gegner und Institutionen zu „Staatsfeinden“ zu stempeln, ein drittes Opfer gefunden hat: nach Hillary Clinton und der Fake-News-Presse jetzt die Bundespolizei FBI.