Hanoi/Frankfurt am Main. Trinh Xuan Thanh wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Nun steht der mutmaßlich aus Berlin entführte Geschäftsmann erneut vor Gericht.

Gegen den aus Deutschland entführten Vietnamesen Trinh Xuan Thanh ist in Hanoi ein zweiter Prozess wegen Veruntreuung eröffnet worden. Wie das Nachrichtenportal „VNExpress“ am Mittwoch berichtete, wird dem früheren Chef eines vietnamesischen Ölkonzerns vorgeworfen, bei einem Bauvorhaben umgerechnet 500.000 Euro in die eigene Tasche gesteckt zu haben.

Der Prozess soll zwei Wochen dauern. Bei einem Schuldspruch droht dem 51-Jährigen die Todesstrafe.

Erst am vorigen Montag war Thanh während eines ersten Korruptionsverfahrens zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Seine Berliner Anwältin Petra Schlagenhauf kritisierte das Verfahren als nicht rechtsstaatlich. Eine Verurteilung habe von vornherein festgestanden. Vor Beginn des ersten Prozesses Anfang Januar war der Juristin die Einreise nach Vietnam verweigert worden.

Auswärtiges Amt spricht von „Menschenraub“

Thanh hatte 2016 in Deutschland um Asyl gebeten. Ende Juli 2017 wurde er dann vermutlich von Angehörigen des vietnamesischen Geheimdienstes und der vietnamesischen Botschaft aus Berlin entführt und in seine Heimat verschleppt. Später wurde er im Staatsfernsehen vorgeführt.

Die Regierung in Hanoi erklärte, Thanh sei freiwillig zurückgekehrt. Anwältin Schlagenhauf bezeichnete diese Darstellung als „Lüge“.

Das Auswärtige Amt in Berlin spricht von „Menschenraub“ und „Rechtsbruch“. Vietnam gilt als eines der korruptesten Länder der Welt. Die politische Führung des Ein-Parteien-Staates hat vor einiger Zeit einen Feldzug gegen Bestechung und Vetternwirtschaft begonnen. Kritiker vermuten dahinter jedoch vor allem politische Motive in einem Richtungskampf innerhalb der Kommunistischen Partei. (epd)