Paris. Das Thema Baguette nehmen Franzosen sehr ernst. Wohl auch deshalb fordern sie nun eine ernstzunehmende Auszeichnung der Unesco ein.

Nachdem die neapolitanische Pizza soeben zum Unesco-Kulturerbe erklärt wurde, klagt Frankreich nun auch für sein weltberühmtes Baguette einen solchen Ritterschlag ein. Ursprünglich war es zwar nur die Zunft der französischen Bäcker, die mit dieser Forderung an die Öffentlichkeit ging. Doch sie erhielt postwendend Unterstützung aus dem Elysée-Palast.

Am Wochenende nämlich drückte niemand geringer als Staatspräsident Emmanuel Macron persönlich der Weißbrotstange seine Wertschätzung aus, deren „Exzellenz“ unbedingt bewahrt gehöre.

Zwischen Teigkneten und Backen sollten 24 Stunden liegen

Unsere Nachbarn haben Recht. Wenn die Kunst des Pizzabackens ebenso zum immateriellen Kulturerbe der Welt gehört wie der deutsche Orgelbau, warum dann nicht das Baguette-Backen? Zum einen ist das Stangenbrot in Frankreich mindestens so identitätsstiftend wie die Baskenmütze oder der Eiffelturm. Und zum zweiten braucht es tatsächlich jede Menge Liebe und Geduld, um so ein stangenförmiges Weißbrot mit krosser Kruste so hinzubekommen, wie sich das gehört.

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    So etwa sollten laut überlieferter Tradition zwischen dem Kneten des Teigs und dem Backen mindestens 24 Stunden liegen. Auch die Verwendung des richtigen Mehls ist unabdingbar. Nur das echte Französische vom Typ T65 kann jene Großporigkeit erzeugen, für die das Baguette bekannt ist. Außen superknusprig und innen so beschaffen, dass Butter und Konfitüre durch seine Löcher fallen, lautet die alles andere als einfach zu realisierende Formel für ein echtes Baguette.

    Bester Bäcker beliefert Präsidentenpalast

    Vor den Bäckereien, deren Meister diese Vorgaben besonders gekonnt zu erfüllen wissen, pflegen sich in Paris jeden Tag lange Schlangen zu bilden. Denn für ein wirklich gutes Baguette ist so mancher Franzose bereit, meilenweit zu gehen. Und dass sich selbst der Präsident für die Weißbrotstange in die Bresche wirft, ist keineswegs verwunderlich. Schließlich weiß er sehr genau, wie gut ein ausgezeichnetes Baguette schmeckt.

    Jedes Jahr aufs Neue pflegt eine Jury das beste Baguette von Paris zu küren. Dessen Bäcker fällt neben der enormen Ehre auch die Pflicht zu, dem Elysée-Palast zwölf Monate lang als Hoflieferant zu dienen.

    Beim Thema Baguette werden Franzosen ungemütlich

    Den Damen und Herren bei der UNESCO, deren Sitz in Paris liegt und die seit einigen Wochen zudem eine französische Generalsekretärin haben, dürfte klar sein, dass sie dem Baguette kaum die erwünschte Anerkennung verweigern können. Es stünde ihnen einfach zu viel Ärger ins Haus.

    Wie ungemütlich die Franzosen werden können, wenn es um ihr Baguette geht, weiß man ja spätestens, seit eine durch Missernten bedingte Mehlknappheit und drastisch steigende Brotpreise die Große Revolution lostraten. Ganz zu schweigen von der alten transalpinen Rivalität zwischen Franzosen und Italienern um den ersten Platz auf der Rangliste von Geschmack und Raffinesse. Die Pizza zum Kulturerbe erklären und das Baguette außen vor lassen – nein, das geht gar nicht!