Athen. Griechenland sucht den Ausstieg aus den laufenden Hilfsprogrammen der EU. Der umstrittenste Punkt sind die Änderungen im Streikrecht.

Für Griechenland beginnt das neue Jahr mit einem Endspurt: Innerhalb einer Woche muss die Regierung ein umfangreiches Gesetzespaket mit weiteren Spar- und Reformmaßnahmen durchs Parlament bringen. Die Verabschiedung ist ein wichtiger Schritt zum Ausstieg aus dem laufenden Kreditprogramm von EU, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Am Dienstag soll die Vorlage ins Parlament gehen. Sie enthält mehr als 70 Maßnahmen, die Griechenland im Rahmen der jetzt laufenden dritten Überprüfung des Anpassungsprogramms umsetzen muss.

Die Beratung soll im Eilverfahren erfolgen. Die Abstimmung ist für den Montag kommender Woche geplant, rechtzeitig vor der nächsten Konferenz der Euro-Finanzminister am 22. Januar. Dann könnten die Minister grünes Licht geben für die Auszahlung weiterer Hilfskredite von rund 5,5 Milliarden Euro. Mit dem Eilverfahren will die Regierung die öffentliche Debatte möglichst kurz halten. Denn das Gesetzespaket enthält eine Reihe kontroverser Regelungen. Der umstrittenste Punkt sind die Änderungen im Streikrecht. Arbeitskämpfe sollen künftig nur noch möglich sein, wenn eine absolute Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder in einer Urabstimmung zustimmt.

Ausstieg aus dem Anpassungsprogramm steht bevor

Bisher können die Gewerkschaftsvorstände Streiks praktisch nach Gutdünken ansetzen. Auf Widerstand stoßen auch die Deregulierung des Energiemarktes und die Teilprivatisierung des staatlichen Stromversorgers DEI. Ein besonders umstrittener Punkt: Das neue Gesetz erleichtert Zwangsversteigerungen, wenn Wohnungsbesitzer ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Die Gewerkschaften wollen die Parlamentsdebatte mit Streiks und Protestkundgebungen begleiten. Auch in Tsipras’ Linksbündnis Syriza gibt es großen Unmut. Dennoch gilt es als sicher, dass die Regierungsabgeordneten geschlossen für die Vorlage stimmen werden.

Das sind die umstrittensten EU-Regeln

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    Der Premier verzuckert seinen Abgeordneten die bittere Pille mit der Aussicht, dass in sieben Monaten endlich der Ausstieg aus dem Anpassungsprogramm lockt, dem Tsipras im Sommer 2015 unter dem Druck der Geldgeber zähneknirschend zustimmen musste. Die Verabschiedung des Reformpakets gilt auch als wichtiger Schritt bei der Rückkehr des Landes an die Finanzmärkte. Bis Ende August soll sich Athen vom Tropf der Hilfskredite lösen und wieder eigenständig am Kapitalmarkt refinanzieren.

    Anleger fassen wieder Vertrauen in die Kreditwürdigkeit des Landes

    Nachdem die staatliche Schuldenagentur PDMA bereits im Juli 2017 mit einer fünfjährigen Anleihe drei Milliarden Euro aufnehmen konnte, will Athen die Stimmung am Finanzmarkt voraussichtlich Ende Januar oder Anfang Februar mit einer weiteren Emission testen. Die Voraussetzungen scheinen günstig: Ende vergangener Woche fiel die Rendite des zehnjährigen griechischen Bonds auf 3,77 Prozent, den niedrigsten Stand seit zwölf Jahren. Das zeigt: Allmählich fassen die Anleger wieder Vertrauen in die Kreditwürdigkeit des Landes.

    Griechenland ist aber noch lange nicht am Ziel. Die Ratingagenturen stufen Hellas-Bonds immer noch als Ramsch ein. Die Bewertungen liegen, je nach Agentur, um fünf bis sieben Stufen unter der Marke „investitionswürdig“. Das Land muss sich also erst noch weiteres Vertrauen erarbeiten. Griechenland bleibt überdies unter Beobachtung der Gläubiger, bis die letzten Hilfskredite zurückgezahlt sind. Das wird nach gegenwärtiger Planung bis 2059 dauern.